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Der Schatten von Thot

Der Schatten von Thot

Titel: Der Schatten von Thot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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hatte schon unzählige Gelegenheiten, uns zu töten, wenn es ihm darum gegangen wäre.«
    »Möglich, aber bislang war er stets in der Minderheit. In der Oase hingegen wimmelt es von Einheimischen. Fulani, Hausa, Tuareg – sie alle treiben sich dort herum und werden englische Besucher nicht gerade gerne sehen. Wenn Kamal es darauf anlegen sollte, uns zu überwältigen und auszurauben, so wird er keine bessere Chance dazu bekommen.«
    »Was wollen Sie tun, Captain? Die Oase meiden?«
    »Wenn es sicherer ist, warum nicht?«
    »Weil wir dringend Wasser benötigen und unsere Träger und Arbeiter Erholung brauchen. Wir werden die Zeit dort nutzen, um uns auf unser Missionsziel vorzubereiten. Denn von der Oase aus werden es nur noch fünf oder sechs Tagesritte sein, bis wir Thots Schatten erreichen.«
    »Sie glauben also wirklich daran, nicht wahr?«, fragte Hayden. »Sie glauben tatsächlich, dass es dort draußen etwas zu finden gibt. Etwas, nach dem seit Tausenden von Jahren vergeblich gesucht wird…«
    »… und das die Welt, wie wir sie kennen, auf den Kopf stellen könnte«, brachte Sarah den Satz zu Ende. »Es gibt keine andere Möglichkeit, Captain. Wir brauchen diese Oase und wir brauchen das Wasser. Falls es Sie beruhigt: Auch ich habe den Verdacht, dass wir belauert werden und jemand nur darauf wartet, uns den Todesstoß zu versetzen. Aber solange sich dieser Jemand nicht zu erkennen gibt, können wir nichts weiter tun, als abwarten und vorsichtig sein. Und lassen Sie mich Ihnen versichern, Captain«, fügte sie ein wenig leiser hinzu, »dass ich froh bin, dass Sie und Ihre Männer diese Expedition begleiten.«
    »Tatsächlich?«, fragte Hayden verblüfft. Er sandte Sarah einen prüfenden Blick zu, um zu sehen, ob sie es wirklich ernst meinte. Aber zum einen war infolge des Tuchs, das sie trug, von ihrem Gesicht nicht viel zu sehen, zum anderen hatte ihre Stimme keineswegs spöttisch geklungen.
    »Tatsächlich«, bestätigte sie ohne Zögern. »Sie haben Recht, wenn Sie vermuten, dass wir von Feinden umgeben sind, und wir können es uns nicht leisten, uns weiter anzufeinden. In den nächsten Tagen müssen wir zusammenstehen, Captain, oder wir werden im Kampf gegen die andere Seite nicht den Hauch einer Chance haben.«
    »Das sehe ich genauso.«
    »Dann bitte ich Sie und Ihre Männer, die Augen offenzuhalten, Captain«, sagte Sarah. »Und ich versichere Ihnen, dass ich es ebenfalls so halten werde.«
    »Ist das ein Friedensangebot?«, fragte der Offizier.
    »Nennen Sie es einen Waffenstillstand…«
     
     
    Sarah Kincaid war sich sicher, dass der Augenblick, in dem die Karawane Baharia erreichte, ihr lange in Erinnerung bleiben würde.
    Nach all dem Staub, den sie geschluckt, und der sandigen Ödnis, die sie durchquert hatten, kam ihnen allen die bloße Existenz der Oase wie ein Wunder vor. Grünende Flächen bildeten ihren Kern, um den sich im weiten Umkreis Palmenhaine und Gärten gruppierten. Dazwischen erstreckten sich verstreute, aus Hütten und Zelten bestehende Siedlungen sowie die Pferche der Kamele.
    Baharia war nicht nur eine der größten Oasen der Gegend, sondern auch eine der am meisten frequentierten, weil sich hier wichtige Handelswege kreuzten. Aus dem Westen trafen wöchentlich Karawanen von der Oase Siwa ein; aus dem Süden, wo die Oasen von Kufra lagen, kamen Händler, die Waren aus dem schwärzesten Afrika brachten oder jenes Gebiet durchquert hatten, das die Tuareg schlicht als ténéré bezeichneten – als »Nichts«. Und irgendwo am Rand dieses riesigen Nichts verbarg sich ein Geheimnis, das Sarah entschlossen war zu ergründen.
    Obgleich ihr Jagdfieber wieder erwacht war und sie dazu drängte, möglichst rasch weiterzuziehen, wusste Sarah, dass sowohl sie selbst als auch ihre Leute Ruhe brauchten. In Baharia fand die Expedition Unterschlupf. Gleichzeitig erschöpft und froh darüber, die erste Etappe auf ihrem Marsch durch die Wüste hinter sich zu haben, entluden die Treiber die Kamele und versorgten zuerst die Tiere mit Wasser und Futter, ehe sie sich selbst Ruhe gönnten.
    Captain Hayden teilte seine Leute in zwei Wachschichten ein; da sein Trupp zwei Mann Verlust zu beklagen hatte, beschloss er, auch Lieutenant Farnsworth und sich selbst zum gemeinen Wachdienst heranzuziehen. Sir Jeffrey und Milton Fox bezogen einmal mehr unter ihrem Sonnensegel Posten, und irgendwie gelang es dem Inspector, eine Flasche Wein aufzutreiben. Obwohl er inzwischen wusste, wie es infolge der großen

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