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Der Schatten von Thot

Der Schatten von Thot

Titel: Der Schatten von Thot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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über das infernalische Rauschen hinweg. »Ich glaube, wir haben eine Schleuse geöffnet…«
    Tatsächlich kam Bewegung in das eben noch stehende Gewässer des Bassins. Eine Strömung bildete sich in der Mitte, gegen die die Krokodile sich anfangs noch erfolgreich zur Wehr setzten. Schon Augenblicke später jedoch verwandelte sich das Wasser im Becken zu einem reißenden Fluss, und eines der gefräßigen Reptilien nach dem anderen wurde davongespült und verschwand in der Dunkelheit. Gleichzeitig senkte sich sprunghaft der Pegelstand des Wassers, was bedeuten musste, dass Sarah mit ihrer Theorie richtig lag.
    Schon Augenblicke später war von den Krokodilen nichts mehr zu sehen. Der Schein der allmählich verlöschenden Flammen beleuchtete den von Schlammpfützen übersäten Grund des Beckens, der nicht etwa glatt, sondern mit eigenartigen Vertiefungen versehen war, die auf den ersten Blick keinem Muster zu folgen schienen.
    »Haben Sie vielen Dank!« Hayden wollte gerade zu einer überschwänglichen Lobrede ansetzen, »ich hätte nicht gedacht, dass…«
    Doch Sarah hörte ihm nicht zu. Sie hatte etwas entdeckt. Kurzerhand sprang sie in das trockengelegte Becken hinab, ungeachtet des erbärmlichen Gestanks, der von den Pfützen aufstieg, und nahm den Boden näher in Augenschein.
    »Was tun Sie da?«, fragte Hayden verblüfft.
    »Erinnern Sie sich, was ich Ihnen vorhin sagte? Dass es in Hermopolis einen Hinweis darauf geben muss, wohin das Buch von Thot gebracht wurde?«
    »Und?«
    »Dies hier«, erwiderte Sarah triumphierend, während sie sich auf die Knie niederließ und mit bloßen Händen den Schlamm beiseitewischte, »ist ein solcher Hinweis, Captain! Erkennen Sie es nicht? Jede dieser Vertiefungen stellt einen Stern dar, und sie sind in Sternbildern angeordnet. Dies beispielsweise ist das ägyptische Sternbild des Hakens, das unserem Großen Bären entspricht. Und dies dort drüben« – sie eilte einige Schritte weiter, um sich dann erneut niederzulassen – »ist der Kleine Bär, dessen äußerstes Gestirn kein anderer als der Polarstern ist. Da er einen Fixpunkt am Himmel darstellt und stets den Weg nach Norden weist, wurden er und die ihn umgebenden Sterne im Altertum als die ›Unveränderlichen‹ bezeichnet… Verstehen Sie denn nicht, Hayden? Dies ist eine Karte, die uns die Richtung zeigt!«
    »Potztausend!«, entfuhr es dem Offizier, als es ihm wie Schuppen von den Augen fiel. »Sie haben Recht…«
    »Von einem Hohepriester des Thot-Kultes mit Namen Nechepso, der um das Jahr 300 vor Christi Geburt gelebt haben soll, wissen wir, dass er der Sternkunde mächtig war. Aber diese Karte muss rund sieben Jahrhunderte früher entstanden sein. In all der Zeit, die vergangen ist, war sie hier verborgen.«
    »Naram { * } «, sagte Kamal, »und die Krokodile haben sie bewacht.«
    »Genauso ist es«, bestätigte Sarah beflissen, von der das Jagdfieber Besitz ergriffen hatte. Vergessen waren die überstandenen Schrecknisse und die Menschenleben, die die Suche bislang gefordert hatte – zumindest für den Augenblick. Die Aussicht, ein Jahrtausende altes Geheimnis zu lüften, hatte Sarah in den Bann geschlagen. Und mit jeder Sekunde entdeckte sie mehr Details: nicht nur stilisierte Sterne, sondern auch Pfeile, die mit dem Polarstern als Fixpunkt eine Route festlegten…
    »Kamal«, diktierte Sarah, »ich brauche Arbeiter, die mir helfen, das ganze Bild freizulegen. Außerdem brauche ich Papier, Bleistift und eine Messlatte. Und wir benötigen hier unten Licht, und das möglichst rasch, ehe das Feuer verlischt.«
    Kamal nickte. Er widersprach nicht, aber die Sorgenfalten auf seiner Stirn waren unübersehbar. Sarah Kincaid war es gelungen, das erste Rätsel zu lösen und den Hinweis zu finden, der Jahrtausende auf dem Grund des Beckens geruht hatte – aber was würde weiter geschehen?
    Würde die englische Lady tatsächlich finden, was so lange Zeit aus gutem Grund verborgen gewesen war?
    Kamal wollte vorbereitet sein…

 
    8
     
     
     
    E XPEDITIONSBERICHT
    27. D EZEMBER N ACHTRAG
     
    Der Richtungsangabe folgend, auf die wir tief unter dem Tempel von Hermopolis gestoßen sind, haben wir uns nach Westen gewandt. Zusammen mit den Angaben des alten Ammon el-Hakim besitzen wir nun eine sehr genaue Vorstellung davon, wo wir nach dem »Schatten des Thot« suchen müssen. Denn der Zahl Fünf zu Ehren, der im Kult des Thot eine besondere Rolle zukam, soll derjenige, der das Buch der Geheimnisse zu finden hofft, fünf

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