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Der Schatten von Thot

Der Schatten von Thot

Titel: Der Schatten von Thot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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zivilisierten Ländern zu tun pflegt?«
    »Weil, werter Inspector, es hier keine Straßen gibt, wie Sie vielleicht festgestellt haben werden. Haben Sie schon einmal versucht, auf geradem Weg durch die Wüste zu reiten?«
    »Natürlich nicht«, schnaubte Fox. »Wie Sie wissen, bin ich niemals zuvor hier gewesen.«
    »Glauben Sie mir«, versicherte Sarah, »die Freude daran würde Ihnen rasch vergehen. Sich über eine Sanddüne zu quälen, verlangt Tieren und Reitern enorme Strapazen ab. Schon nach wenigen Stunden wären beide erschöpft, und es wäre nichts gewonnen. Wer sich in der Wüste fortbewegen will, der lernt rasch, sich ihrem Fluss anzupassen und auf den Dünenkämmen zu reisen.«
    »Das also ist der Grund.« Der Inspector zog aus dem Ärmel seiner verschmutzten Jacke ein Schweißtuch hervor, das vor langer Zeit einmal weiß gewesen sein mochte, nahm seinen Tropenhelm ab und tupfte sich die Stirn. »Ich verstehe. Fragt sich nur, weshalb die Muselmanen nicht einfach Straßen bauen…«
    Sarah kam nicht dazu zu antworten, denn in diesem Augenblick kehrten die beiden Späher zurück, die Captain Hayden vorausgeschickt hatte. Sarah setzte die Gerte ein und trieb ihr – Kamel an die Spitze des Zuges, wo Hayden und Kamal ritten.
    »Und?«, erkundigte sie sich. »Was gibt es?«
    »Es ist nicht mehr weit bis Baharia«, gab Hayden bereitwillig Auskunft. »Meine Leute haben jenseits der Felsen dort das erste Dorf der Oase ausgemacht.«
    »Bawiti«, sagte Kamal. »Die Menschen dort sind freundlich und würden uns zweifellos Gastfreundschaft gewähren. Aber es wäre sicherer, wenn wir uns bis ins Innere der Oase zurückziehen. Auch dort wird man uns gerne einen Lagerplatz und Wasser zugestehen. Das Gesetz der Wüste erfordert es.«
    »Sehr schön«, erwiderte Sarah. »Das heißt, dass wir das alte Jahr im Kreis von Freunden beschließen werden – so wie es sein sollte.«
    »Inschallah«, war wieder einmal alles, was Kamal erwiderte. Daraufhin trieb er sein Kamel an und ritt voraus, um ihre Ankunft in Baharia anzumelden. Mit einem Wink bedeutete Hayden seinen Spähern, ihn zu eskortieren.
    »Wissen Sie, Lady Kincaid«, meinte der Captain darauf zögernd, »möglicherweise habe ich mich geirrt.«
    »Inwiefern, Captain?«
    »Nun – möglicherweise ist dieser Kamal nicht der Tunichtgut, für den ich ihn zunächst hielt. Immerhin hat er sich dort unten bei den Krokodilen als überaus tapfer erwiesen. Natürlich nur, soweit sich das von einem Muselmanen behaupten lässt.«
    »Natürlich«, bestätigte Sarah und hatte Mühe, ernst zu bleiben.
    »Allerdings«, fuhr Hayden fort, ihr Grinsen schlicht ignorierend, »gibt es auch einige Dinge an ihm, die mir ganz und gar nicht gefallen wollen.«
    »Und das wäre?«
    »Nun – ich frage mich, weshalb der gute Kamal sich nachts vom Lager entfernt und auch tagsüber immer wieder verschwindet, um dann überraschend wieder aufzutauchen.«
    »Er wird das Gelände sondieren«, vermutete Sarah. »Das gehört zu seinen Aufgaben als unser Führer.«
    »Tatsächlich? Und gehört es auch zu seinen Aufgaben, Sie die ganze Zeit über mit verstohlenen Blicken zu beäugen?«
    »Wie bitte?«
    »Wollen Sie mir weismachen, Sie hätten noch nicht bemerkt, dass Kamal Sie fortwährend beobachtet? Manchmal gar wie ein Raubtier, das seine Beute belauert?«
    »Ihre Vergleiche hinken, Captain«, erklärte Sarah säuerlich.
    »Vielleicht. Aber Kamal führt etwas im Schilde, das kann ich fühlen. Und glauben Sie mir, Lady Kincaid, ich habe eine gute Nase, wenn es darum geht, einen Hinterhalt zu wittern. Andernfalls hätte ich vergangenes Jahr in Tel el-Kebir nicht überlebt.«
    Sarah holte Luft und wollte Hayden schon sagen, dass Veteranengeschichten von blutigen Feldzügen auf sie keinen Eindruck machten, als sie sich an Maurice du Gards Worte erinnerte.
    Du Gard hatte ihr eingeschärft, es sich mit Hayden nicht zu verscherzen, weil er in dem Offizier ihren loyalsten Verbündeten gesehen hatte – von Kamal hingegen hatte er nichts gesagt…
    »Und was, denken Sie, führt Kamal im Schilde?«, erkundigte sie sich deshalb vorsichtig und beinahe ohne Spott in der Stimme.
    »Ich weiß es noch nicht, aber wir müssen auf der Hut sein«, antwortete Hayden. »In der Oase scheint man Kamal zu kennen, was bedeutet, dass er dort Verbündete hat. Ich habe kein Verlangen danach, mit durchschnittener Kehle zu enden.«
    »Ich ebenfalls nicht«, stellte Sarah klar. »Aber warum sollte Kamal uns gerade jetzt verraten? Er

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