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Der Schatten von Thot

Der Schatten von Thot

Titel: Der Schatten von Thot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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finden.«
    »Was bringt Sie darauf?«
    »Kamal sagte mir gestern, dass es unter den Einheimischen Gerüchte über einen Fluch gäbe, der auf dieser Expedition lastet. Dass die alten Götter Ägyptens unsere Suche zum Scheitern verurteilt hätten und dass jeder sterben würde, der sich daran beteiligt. Die Söhne der Wüste sind abergläubisch, Sir Jeffrey. Gerüchte wie diese pflegen sich in Windeseile zu verbreiten.«
    »Potztausend!«, wetterte Fox. »Diesen Unsinn hat dieser Kamal doch selbst verbreitet, um uns daran zu hindern, ihm zu folgen.«
    »Wahrscheinlich«, stimmte Sarah zu, »aber wenn er denkt, dass ich deshalb aufgeben werde, so hat er sich geschnitten. Unsere Proviantvorräte werden hier in Baharia ergänzt, so gut es geht. Wenn ich es recht sehe, hat man uns die Reittiere gelassen. Richtig, Captain?«
    »Das stimmt«, bestätigte Hayden grimmig. »Unsere Kamele waren wohl zu gut bewacht für diese Strauchdiebe!«
    »Gut. Dann werden wir umgehend unsere Vorräte auffüllen und das letzte Licht der Sterne dazu nutzen, unsere Marschroute neu zu bestimmen. Bei Sonnenaufgang brechen wir auf.«
    »Erstaunlich«, kommentierte Sir Jeffrey. »Woher nimmt eine junge Frau wie Sie nur diese Entschlossenheit?«
    »Sehr einfach, Sir Jeffrey – ich will nicht, dass die Morde von London ungesühnt bleiben. Ich will meinen Onkel lebend Wiedersehen. Und ich will vor allem nicht, dass meine Freunde, die ihr Leben bei dieser Suche gelassen haben, vergeblich gestorben sind. Können Sie das verstehen?«
    »Ich denke schon.«
    »Wie steht es nun also, Gentlemen? Werden Sie Captain Hayden und mich auf der weiteren Suche begleiten? Oder ziehen Sie es vor, hier zu bleiben und auf unsere Rückkehr zu warten?«
    Der königliche Berater und der Inspector von Scotland Yard tauschten einen ebenso langen wie intensiven Blick.
    »Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, Sir«, meinte Fox schließlich, »aber nachdem wir schon so weit gekommen sind, wüsste ich auch gerne, wie das Abenteuer ausgeht.«
    »Sie sprechen mir aus dem Herzen, werter Inspector«, stimmte Sir Jeffrey zu und zauberte damit ein mattes Lächeln auf Sarahs angespannte Züge. »Sie sprechen mir aus dem Herzen…«

 

     
     
     
    III. B UCH
     
    THOTS SCHATTEN

 
    1
     
     
     
    P ERSÖNLICHES T AGEBUCH
    N ACHTRAG
     
    Vor drei Tagen haben wir Baharia verlassen. Da wir einen Umweg in Kauf genommen hatten, um zur Oase zu gelangen, sind wir von unserem ursprünglichen Weg abgekommen und mussten zunächst einen Tag lang Richtung Süden reiten, um wieder auf die alte Route zu stoßen, die uns zu Thots Schatten führen soll.
    Die Stimmung ist gedrückt.
    Keiner meiner Begleiter spricht es aus, aber alle denken, dass ich Schuld an unserem Unglück trage. Hayden, der Kamal von Anfang an misstraut hat, sieht sich in seinen Vorurteilen bestätigt, und auch Sir Jeffrey und Milton Fox sind wohl der Ansicht, dass ich Kamals wahre Pläne hätte durchschauen müssen.
    Und sie haben Recht damit.
    Was bin ich für eine Närrin gewesen!
    Ich habe mich von schönen Augen und sanften Worten verwirren lassen, während Kamal nur mein Vertrauen erschleichen und uns ausrauben wollte. Ich kann kaum glauben, dass ich ihm mein größtes Geheimnis anvertraut habe, und ich hoffe und bete, dass unsere Wege sich niemals wieder kreuzen.
    Ist Kamal der Verräter, vor dem der alte Ammon mich warnte? Oder ist er nichts weiter als ein gewöhnlicher Räuber, von denen es in der Weite der Wüste so viele gibt?
    Mein Verstand weiß, was geschehen ist, aber mein Herz will weder das eine noch das andere glauben. Nach der Silvesternacht hatte ich das Gefühl, mit Kamal auf gewisse Art verbunden zu sein. Mehr noch, er war mir auf eine Weise vertraut, wie es sonst nur bei Menschen der Fall ist, die man lange, sehr lange Zeit kennt. Ist all das eine Illusion gewesen? Das Blendwerk eines Betrügers, der es darauf angelegt hat, sich an meiner Naivität zu bereichern?
    Während ich noch nach Antworten suche, wird mir klar, dass meine Aufmerksamkeit allein unserer Mission und ihrem Ziel zu gelten hat. Mit oder ohne Kamals Hilfe…
     
     
    L IBYSCHE W ÜSTE
    4. J ANUAR 1884
     
    Es war am späten Nachmittag, als die Späher zurückkehrten, die Hayden vorausgeschickt hatte. Seit den Mittagsstunden durchquerte die Expedition, die jetzt nur noch aus zwölf Reitern und vier Packtieren bestand, eine weite sandbedeckte Senke. Sengend heiß stach die Sonne herab, das Bild der fernen Berge, auf denen sich die

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