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Der Schatten von Thot

Der Schatten von Thot

Titel: Der Schatten von Thot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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gewahrte sie unmittelbar vor sich einen dunklen Schatten. Abrupt blieb sie stehen und blickte auf – um an einem riesigen, sich aufbäumenden Hengst emporzublicken, der sie mit ihren Hufen zu erschlagen drohte.
    Sarah duckte sich und entging den Tritten des Tieres nur um Haaresbreite. Dafür stach die Pranke des Reiters wie das Maul eines gefräßigen Krokodils herab und packte sie an den Haaren. Einen Augenblick lang spürte Sarah nichts als stechenden Schmerz, während sie zurückgerissen und von dem Reiter mitgeschleift wurde. Dunkel erinnerte sie sich an den Revolver in ihrer Hand – aber noch ehe sie abdrücken konnte, ließ die Pranke ihr Haar plötzlich los. Sarah fiel in den Sand und auf die Knie, dicht gefolgt vom leblosen Körper ihres Peinigers, den der gezielte Schuss eines britischen Armeerevolvers aus dem Sattel geholt hatte.
    »Kommen Sie!«, rief Hayden und zog Sarah auf die Beine, schleppte sie die letzten Yards zur Zeltruine, während Lieutenant Farnsworth und seine übrigen Männer ihm Feuerschutz gaben. Auch Sir Jeffrey und Milton Fox entdeckte Sarah unter den Verteidigern. Sie war erleichtert, beide wohlbehalten und am Leben zu finden – auch wenn äußerst fraglich war, wie lange dieser Zustand noch anhalten würde…
    »Guten Abend, Lady Kincaid«, grüßte Sir Jeffrey mit vor Sarkasmus triefender Stimme. »Wer hätte gedacht, dass wir uns unter solch dramatischen Umständen wieder begegnen würden?«
    »In der Tat, Sir Jeffrey«, bestätigte Sarah grimmig, während sie einen vorbeigaloppierenden Vermummten anvisierte.
    »Schockierend, nicht? Wer hätte gedacht, dass unser guter Kamal in Wirklichkeit Häuptling eines Tuareg-Stammes ist?«
    »Schockierend, in der Tat.« Sarah drückte ab. Der Revolver zuckte in ihrer Hand, der Reiter griff sich getroffen an die Schulter und fiel hintenüber aus dem Sattel.
    Auch Hayden und seine Leute feuerten unablässig, verteidigten sich nach allen Seiten, aber die wilden Angriffe der schwarz gekleideten Krieger forderten hohen Blutzoll. Unter Todesverachtung sprengte einer von ihnen auf seinem Hengst heran, fanatischen Glanz in den Augen und seine Lanze eingelegt wie ein mittelalterlicher Recke beim Turnier. Der Soldat, der neben Sarah kauerte, gab Feuer, aber der Schuss war zu hastig abgegeben und zu ungenau gezielt, als dass er getroffen hätte. Einen Herzschlag später war der Reiter heran – und die Spitze seiner Lanze durchbohrte den Soldaten. Mit triumphierendem Gebrüll quittierte der Vermummte sein Mordwerk, ehe Sarahs Kugel ihn aus dem Sattel holte – für den Soldaten allerdings kam jede Hilfe zu spät.
    Es blieb keine Zeit für Mitleid oder Trauer. Der Angriff und das sinnlose Morden dauerten an, und alles, was Sarah und ihren Gefährten blieb, war, ihre Haut so teuer wie möglich zu verkaufen. Unablässig krachten die Gewehre; Blei sengte durch die Luft, und Querschläger pfiffen. Beißender Pulverdampf lag über dem Dorf, und dann platzte Lieutenant Farnsworth mit einer wenig erbaulichen Nachricht in den Schusslärm und die Schreie der Kämpfenden:
    »Sir, unsere Munition geht zur Neige. Nicht mehr lange, und unsere Bajonette werden alles sein, was zwischen uns und diesen Wilden steht.«
    »Dann müssen wir uns Munition und Waffen von unseren Feinden beschaffen«, entschied Hayden. »Ich brauche einen Freiwilligen.«
    »Ich werde selbst gehen, Sir«, entschied Farnsworth kurzerhand – und schon huschte der ehrgeizige junge Offizier, der darauf erpicht schien, sich im Kampf zu bewähren, aus der Deckung.
    »Feuerschutz!«, wies Hayden seine Leute an, und sowohl die Husaren als auch Sarah und Fox bemühten sich, Farnsworth mit ihren Kugeln Deckung zu geben. In gebückter Haltung eilte der Lieutenant zu einem leblos im Sand liegenden Vermummten und nahm ihm Revolver und Patronengurt ab. Er brauchte nicht lange zu suchen, um den nächsten Leichnam zu finden, der in grotesker Verrenkung im Sand lag, und erneut raffte der Offizier Waffen und Munition an sich.
    Unterdessen ging der Kampf um das Dorf der Tuareg weiter. Immer wieder stürmten die Horden der Angreifer zwischen den Zelten hindurch und schossen dabei um sich, während die zahlenmäßig unterlegenen Verteidiger nach Kräften dagegenhielten. Kamal und seine Krieger kämpften mit verzweifeltem Mut, denn für viele von ihnen ging es nicht nur um das eigene Überleben, sondern auch um das ihrer Familien.
    Pfeile flogen lautlos durch die Luft und streckten Rosse und Reiter nieder. Hier und

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