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Der Schatten von Thot

Der Schatten von Thot

Titel: Der Schatten von Thot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Bresche kam, diesmal zu Fuß.
    Aus nächster Nähe feuerte Sarah die Waffe ab. Der Angreifer, der sich mit blutiger Klinge auf sie hatte stürzen wollen, brach zusammen. Auch Kamal sah sich mit einem neuen Gegner konfrontiert, einem wahren Hünen, über dessen breiter Brust der schwarze Kaftan spannte.
    Unter wüsten Verwünschungen hieb der Mann mit einer wuchtigen Türkenklinge auf Kamal ein, der reaktionsschnell auswich, dabei jedoch das Gleichgewicht verlor. Er wankte und stürzte, fiel rücklings zu Boden. Sofort war der Hüne über ihm und holte aus, um ihm den Rest zu geben. Die Türkenklinge fiel herab wie das Beil des Henkers – erst im letzten Augenblick riss Kamal seine eigene Waffe empor, um den mörderischen Hieb zu parieren. Funken stoben, als das gekrümmte Metall aufeinandertraf, und mit einem hellen Klirren zerbrach Kamals Klinge. Ein grausames Lachen drang unter dem Gesichtstuch des Vermummten hervor; mit beiden Händen hob er sein Schwert, um seinen Gegner zu enthaupten.
    Sarah versuchte gar nicht erst zu schießen. Die Gefahr, Kamal zu treffen, war zu groß. Stattdessen griff sie nach der im Dan steckenden Lanze, die einem der Reiter gehört hatte, und stürmte damit auf den Hünen zu. Mit weit aufgerissenen Augen sah der Vermummte sie heranstürmen und war gezwungen, die Richtung seines Schwerthiebs zu ändern, um Sarahs Angriff abzuwehren.
    Mühelos wischte die Klinge durch die Luft und durchtrennte den hölzernen Schaft der Lanze. Der nächste Hieb hätte Sarah gelten sollen, aber es kam nicht dazu. Denn beherzt rammte der noch immer am Boden kauernde Kamal die geborstene Klinge seines Schwertes in den Leib seines Gegners. Der Hüne ließ ein heiseres Ächzen vernehmen, seine Augen schienen aus ihren Höhlen zu treten. Ungläubig starrte er an sich herab, während er auf die Knie niedersank – und leblos vornüberfiel.
    »Danke«, erwiderte Sarah atemlos, den geborstenen Schaft noch in der Hand. »Das war knapp.«
    »Gleichfalls«, erwiderte Kamal, sich rasch auf die Beine raffend. Gemeinsam stürmten sie hinaus, wo Schüsse, Schreie und donnernder Hufschlag von einem erbitterten Gefecht kündeten.
    Das Lager war kaum wiederzuerkennen. Von den meisten Zelten standen nur noch einzelne Holzpfeiler, die sich wie bleiche Totengerippe aus dem Sand reckten, zwei weitere Behausungen standen in Flammen. Da die Dämmerung eingesetzt hatte, beleuchtete das Feuer die von Staub und Pulverdampf vernebelte Szenerie mit flackerndem Schein. Zwischen den Ruinen der Zelte tobte ein heftiger Kampf. Die schwarz vermummten Angreifer – Sarah zählte wenigstens drei Dutzend von ihnen – jagten auf ebenso schwarzen Pferden durch das Lager, dabei wild um sich schießend, während sich die Tuareg, unter ihnen auch Frauen und Kinder, in den Überresten ihrer Unterkünfte verschanzten und sich nach allen Seiten zur Wehr zu setzen versuchten. Ihre Bewaffnung bestand dabei aus altertümlichen Vorderlader-Gewehren mit rostigen Bajonetten sowie aus Pfeil und Bogen, mit dem die Wüstenkrieger allerdings hervorragend umzugehen verstanden. Sarah sah, wie ein vorbeistürmender Angreifer in vollem Galopp vom gefiederten Tod ereilt und aus dem Sattel gerissen wurde.
    Dennoch waren die Vermummten mit ihren Flinten, Lanzen und Revolvern ungleich besser bewaffnet, und ihre Attacken forderten unter den Verteidigern blutigen Tribut. Die wilden Kriegsschreie der Angreifer erfüllten die Luft, durchbrochen vom Krachen der Schüsse und den Schreien der Getroffenen – und es zeichnete sich ab, dass die Tuareg in diesem Kampf unterliegen würden…
    »Sarah! Hierher!«
    Inmitten des Getümmels und der schrecklichen Geräusche hörte Sarah, wie ihr Name gerufen wurde. Sie blickte sich um und sah zu ihrer Erleichterung, dass Kamals Tuareg diesen Kampf nicht alleine ausfochten. In einer der Zeltruinen entdeckte Sarah ein halbes Dutzend roter Uniformen: Stuart Hayden und seine königlichen Husaren, die dem Diktat des Überlebens gehorcht und sich kurzerhand auf die Seite der Wüstenkrieger geschlagen hatten. Aus ihren Martini-Henry-Gewehren schickten sie den Angreifern Tod und Verderben entgegen, aber auch ihre Reihen dünnten sich zusehends unter den wilden Angriffen der Vermummten aus.
    Während Kamal zu seinen eigenen Leuten lief, um ihnen im Kampf beizustehen, eilte Sarah zu den Soldaten. Dabei zog sie den Kopf tief zwischen die Schultern und rannte so schnell sie nur konnte, in der Hoffnung, dass sie keine Kugel ereilte. Plötzlich

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