Der Schatten von Thot
dort kam es zu blutigen Scharmützeln, wenn sich die vermummten Angreifer todesmutig aus ihren Sätteln fallen ließen und mit blanken Säbeln angriffen. Eine der Inseln, zu denen sich die Verteidiger zusammengerottet hatten, fiel einem solchen Angriff zum Opfer – die vier Krieger und die beiden Frauen, die sich in den Trümmern des Zeltes verschanzt hatten, wurden von den Vermummten erbarmungslos niedergemacht, was den Überlebenden unstrittig klarmachte, dass es bei diesem Kampf um alles ging…
Farnsworth hatte unterdessen mehr Waffen und Munition eingesammelt, als er tragen konnte. Schwer beladen wollte er sich auf den Rückweg zur Stellung machen, als aus dem Hintergrund zwei feindliche Reiter auftauchten, die genau auf ihn zuhielten.
»Farnsworth!«, schrie Sarah, die die beiden kommen sah, und riss ihren Colt in den Anschlag. Beidhändig umklammerte sie den Griff der Waffe, zielte und schoss – aber der zuschnappende Spannhahn rief nichts als ein hohles metallisches Klicken hervor.
Die Trommel war leergefeuert.
Die Munition war zu Ende.
Farnsworth, der die Gefahr inzwischen erkannt hatte, lief um sein Leben, die erbeuteten Waffengurte um die Brust. Gehetzt blickte er über die Schulter, sah die schwarzen Reiter heranfegen, und rannte, so schnell er konnte.
Hayden feuerte, aber sein Schuss ging fehl – und im nächsten Augenblick hatten die Vermummten Farnsworth erreicht. Ihre rabenschwarzen Pferde stoben auseinander, sodass sie den Offizier in ihre Mitte nahmen, und noch ehe Farnsworth begriff, wie ihm geschah, wurde er gepackt und hinfortgerissen. Aufdonnernden Hufen jagten die Reiter vorbei, den armen Lieutenant im Schlepp. Man hörte Farnsworth erbärmlich schreien, aber niemand wagte zu schießen, aus Furcht, ihn zu treffen. Im nächsten Moment waren sowohl der Offizier als auch seine Entführer in einer dunklen Staubwolke verschwunden.
Einem jähen Drang gehorchend, wollte Sarah hinterher, aber Hayden hielt sie mit eisernem Griff zurück.
»Halt«, sagte er nur.
»Was soll das? Wollen Sie Farnsworth nicht helfen?«
»Da gibt es nichts mehr zu helfen.«
»Verdammt, wie können Sie das sagen? Er ist Ihr Untergebener! Sie sind für ihn verantwortlich!«
»Genau wie für all die anderen Männer hier«, konterte Hayden hart, »und auch für Sie trage ich Verantwortung, Lady Kincaid. Und deshalb befehle ich Ihnen, in Deckung zu bleiben und…«
Er brach mitten im Satz ab, als etwas an seinem rechten Arm riss. Verblüfft blickte er an sich herab und sah, wie sich der Ärmel seiner Uniform dunkel färbte. Erst dann fühlte er den Schmerz.
»Verdammt«, stieß Hayden zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, während ihn schlagartig Übelkeit befiel. Die Knie wurden ihm weich, und er sank zu Boden. »Ich bin getroffen…«
Sarah fing ihn auf und bettete ihn auf den Sand. »Sir Jeffrey, rasch!«, rief sie den königlichen Berater heran. »Kümmern sie sich um ihn…«
Während der Kampf ringsum weitertobte, kroch Jeffrey Hull auf Knien und Ellbogen heran, um sich des verwundeten Offiziers anzunehmen. Sarah hingegen nahm sich kurzerhand Haydens Revolver und griff wieder selbst in das Kampfgeschehen ein. Einen vermummten Reiter, der johlend vorüberfegte und seine Flinte abfeuerte, holte sie aus dem Sattel, zwei weitere Schüsse gingen fehl. Dann ließ auch der Martini-Henry jenes hässliche Klicken vernehmen, das Sarah schon einmal vernommen hatte – und sie war damit nicht allein.
»Ich habe keine Munition mehr!«, meldete ein Corporal von der anderen Seite der Stellung.
»Ich ebenfalls nicht«, bestätigte einer seiner Kameraden, und auch Milton Fox’ betrübter Gesichtsausdruck ließ darauf schließen, dass er die letzte Kugel abgegeben hatte.
»Na schön«, knurrte Sarah bitter, »bereitmachen zum Nahkampf! Pflanzt die Bajonette auf!«
Die wenigen Soldaten, die noch in der Lage waren zu kämpfen, blickten einander fragend an, unschlüssig, ob sie dem Befehl einer Zivilperson Folge leisten sollten. Vor allem, wenn es sich dabei auch noch um eine Frau handelte…
»Na los, worauf warten Sie?«, herrschte der verwundete Hayden seine Leute an. »Lady Kincaid hat das Kommando…«
Die Worte des Offiziers gingen in ein heiseres Stöhnen über. Hayden verdrehte die Augen und gab eine zähneknirschende Verwünschung von sich – dann verlor er das Bewusstsein. Die Soldaten jedoch, sichtlich froh darüber, dass jemand ihnen sagte, was zu tun war, folgten Sarahs Befehl. In aller Hast steckten
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