Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit
Schwierigkeiten.
Nachdem sie gegessen hatten, blies sie die Kerze aus, um das Wachs für den weiteren Weg zu sparen, und sie wurden von völliger Dunkelheit verschluckt. Leider kam es, dass sie, sobald das Licht aus war, die Augen nicht mehr offen halten konnte. »Glaubst du, wir dürfen schlafen, ohne dass einer von uns Wache hält?«, flüsterte sie.
Packrat brummte. »Das ist mir völlig wurscht.«
Das war das Letzte, was sie vor dem Einschlafen hörte.
Aliana wurde mit einem Schlag wach, und sofort packte sie die Furcht. Wie lange hatte sie geschlafen? Wie weit hatte Galveron sie schon eingeholt? Bisher hatte es keine nennenswerte Abzweigung in dem Gang gegeben, dem sie gefolgt waren. Nur ein paar gelegentliche Öffnungen hoch oben in den Seitenwänden hatten sie gesehen, zu denen kurze Leitern hinaufführten und die gerade so groß waren, dass sich ein Mensch hindurchquetschen konnte. Die Öffnungen waren vergittert und schienen so eine Art Luftlöcher zu sein. Vielleicht waren sie dazu da, alles sauber zu halten. Es lag kein Staub auf dem Boden, wo sie welchen erwartet hätte, stattdessen hatte sich eine Menge Schmutz in den rostenden Gittern gesammelt. Mehr als einmal hatte sie überlegt, in diese Schächte hineinzuklettern und da drinnen nach einem Versteck für den Ring zu suchen. Aber die Gitter sahen aus, als säßen sie unverrückbar an ihrem Platz, und sie hatte keine Zeit mit dem Versuch vergeuden wollen, sie herauszulösen.
Sie waren eigenartig, diese Gänge. Wände, Boden und Decke waren scheinbar aus demselben dunklen, blau schimmernden Metall gemacht, es spiegelte nicht, aber es war glatt poliert und hatte einen weichen Glanz. Seltsamerweise fühlte es sich warm an. Auch die Luft war warm und strich einem sacht übers Gesicht. Der schwache Zug trug einen leicht scharfen Geschmack mit sich, den sie nicht recht zuordnen konnte. Soweit das Kerzenlicht gereicht hatte, war bisher nichts Besonderes zu sehen gewesen, aber andererseits waren sie auch von keiner Gefahr bedroht worden, weshalb Aliana alles in allem mit ihrer Umgebung nicht unglücklich war. Nur eines machte sie ratlos: wie sollte sie hier ein Versteck für den Ring finden, wenn diese unterirdischen Gänge weiterhin so glatt und leer blieben?
Sei nicht albern. Sie müssen irgendwohin führen. Wir sind nur noch nicht weit genug gelaufen.
Sie zündete die Kerze wieder an, und dann, weil es sehr unklug war, einen Grauen Geist plötzlich zu wecken, begab sie sich außer Reichweite von Packrats Messer, ehe sie ihn wachrief. Wie erwartet, war er auf den Beinen und hielt das Messer in der Hand, noch bevor er die Augen aufmachte. »Los«, sagte sie. »Zeit, dass wir weiterziehen.«
Packrat sah sie unwirsch an und murmelte einen Fluch. Aliana wollte ihn schon daran erinnern, dass ihn niemand gezwungen habe mitzukommen, aber als sie sein saures Gesicht sah, ließ sie es bleiben. Sie konnten den Tag – falls es Tag war – auch einmal ohne Streit anfangen.
Nach einem sparsamen Schluck Wasser setzten sie, von Alianas Bewegungsdrang angetrieben, ihren Weg fort. »Galveron ist nicht dumm«, meinte sie zu ihrem maulenden Gefährten. »Wenn sie uns erst einmal vermissen, ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis sie heraus haben, wohin wir gegangen sind. Sie werden überall nachschauen, und dann werden sie merken, dass wir nur hier unten sein können.«
»Mitten in ihrem kostbaren Allerheiligsten, wohin kein anderer als der Hierarch seinen Fuß setzen darf«, sagte Packrat nachdenklich. »Das bringt sie ganz schön in die Klemme, wie? Wird sie ihr eigenes Gesetz brechen und uns Galveron hinterherschicken, was meinst du?«
»Also, einen anderen kann sie nicht schicken, das steht fest. Galveron weiß als Einziger über den Ring Bescheid. Sie wird ihr Geheimnis nicht weiter gefährden wollen.«
»Was ist mit Alestan und den anderen? Sie wissen auch Bescheid. Vielleicht bringt sie sie dazu, ihr zu helfen. Dein Bruder da dürfte ganz wild darauf sein, dich zu finden, besonders da er weiß, dass du Ärger am Hals hast.«
»Mein Bruder da ist in einer Gefängniszelle eingesperrt – falls Gilarra ihn nicht schon mitsamt den anderen aus dem Tempel geworfen hat.«
»Nein. Jedenfalls jetzt noch nicht. Deine Freunde sind das einzige Faustpfand, das sie hat.« Packrats Stimme nahm einen vorwurfsvollen Ton an. »Weißt du, jeder andere würde deswegen von den Grauen Geistern ausgeschlossen werden. Du weißt verdammt gut, was Galveron übers Stehlen gesagt
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