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Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit

Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit

Titel: Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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strahlend weißem Marmor, und ein kleines Stück aus dem schwarzen Gestein herausragte. Sie leuchtete von innen heraus, und zusammen mit dem roten Rand des Auges und den sechs hohen Lichtsäulen, die nach wie vor rings um die silberne Senke in wechselnden Farben glühten, war dies die einzige Beleuchtung.
    Plötzlich wurde er von Toulacs Stimme aufgeschreckt. »Myrial im Hagelsturm! Seht, da oben!«
    Hoch oben befand sich ein metallener Laufsteg, der sich dem Auge gegenüber von Wand zu Wand erstreckte und von unten gefährlich schmal und zerbrechlich aussah. In der Mitte zweigte ein kurzer Steg ab und endete an einer runden Plattform. Vom Boden aus führte an zwei Seiten eine metallene Wendeltreppe zu dem Steg hinauf, der an beiden Enden in einen offenen Bogengang in der Wand mündete. Drei Menschen standen dort oben, und Toulacs Schrei hatte sie auf halbem Weg im Schritt verharren lassen.
    Scall starrte ungläubig zu ihnen hinauf. Auf der Brücke war ein Mann, der ein kleines Mädchen grob am Arm mit sich zog und in der anderen Hand ein Messer hielt – und neben ihm stand schwankend ein schlankes junges Mädchen mit hellblonden Haaren. Der Steg lag halb im Dunkeln, doch Scall erkannte sie sofort. »Myrial errette uns!«, stieß er hervor. »Das sind Presvel und Tormons kleine Tochter. Und da ist auch Rochalla!«
    Dann sah er aus den Augenwinkeln eine Bewegung, und der goldene Schein einer Fackel näherte sich dem Ende des Stegs. In dem Bogengang stand Tormon schreckensstarr. Presvel riss Annas vom Boden hoch in seinen linken Arm und setzte ihr das Messer an die Kehle. »Verschwinde, Tormon«, schrie er. »Keinen Schritt näher, oder sie stirbt!«
     
    Beim Klang dieses Namens durchlief Amaurn ein Frösteln. Seit er das Amt des Archimandriten übernommen hatte, schienen ihn die Fehler der Vergangenheit einzuholen. Im selben Raum mit ihm befand sich das Kind, das er auf Zavahls Befehl zur Waise gemacht hatte, denn er hatte seinen Soldaten befohlen, Tormons Frau zu töten. Und da stand auch der Händler, der nun gezwungen war, allein weiterzuleben.
    Genau wie ich, als ich meine Aveole verloren hatte.
    Mit einem Mal begriff Amaurn, wie viel Leid er über diesen Mann gebracht hatte, und fühlte eine Woge des Abscheus gegen sich selbst.
    Wie konnte ich das nur tun? Was hat mich all die Jahre getrieben, dass aus mir solch ein Ungeheuer werden konnte?
    Plötzlich fiel ihm ein, was Veldan an dem Tag gesagt hatte, als er Cergorn besiegt hatte: Nichts kann die schrecklichen Taten ungeschehen machen, und irgendwann wirst du dafür büßen, auf die eine oder andere Weise. Jedenfalls sollte es so sein. Aber wenn du wirklich etwas wiedergutmachen willst … am Ende sollte jeder die Möglichkeit erhalten, seine Vergangenheit zu sühnen.
    Er schaute Zavahl an, und in dessen Augen spiegelte sich sein Schuldbewusstsein wider. Dann blickte er wieder zu dem Steg hinauf. Der Mann, der Presvel hieß, sah zwischen Amaurns Gruppe und Tormon hin und her, wandte den Kopf von einer Seite zur anderen, aus Angst, eine der beiden Bedrohungen aus dem Blick zu verlieren. An der Kehle des Kindes blitzte das Messer auf, weil die Hand, die es hielt, zitterte. »Haltet euch fern – allesamt!«, schrie er.
    »Kalt?«, sagte Amaurn leise. »Hast du mir nicht erzählt, dass es Presvel war, der Grimm ermordet hat?«
    »In der Tat«, antwortete der, und seine Stimme war heiser vor Zorn. »Seriema und Presvel waren mit Tormon und Scall zusammen, als sie bei den Rotten Zuflucht suchten. Presvel hat Scall mit dem Messer bedroht, und Grimm kam ihm in die Quere.«
    Zwei Fliegen mit einer Klappe. Prachtvoll. Das ist nicht nur die Gelegenheit, an Tormon etwas wiedergutzumachen, sondern ich kann auch meinen alten Freund rächen.
    Mit dem eiskalten Lächeln Hauptmann Blanks auf den Lippen sah er Zavahl an. Sie verstanden einander wortlos. »Du lenkst ihn ab«, befahl er dem ehemaligen Hierarchen. »Ich kümmere mich um das übrige.«
    »Wartet – ich kann ihn gleichfalls ablenken«, sagte Kalt. Aus seinem Bündel holte er die Schädelmaske hervor und setzte sie auf. »Aus der Entfernung wird er nicht erkennen können, ob ich es bin – oder Grimms Geist, der gekommen ist, um ihn zu verfolgen.« Er blickte Amaurn an. »Setze alles daran, um den Schweinehund zu töten. Wirst du das tun?«
    »Mach dir darum keine Sorgen, Kalt, auch ich habe Grimm geliebt.« Damit nahm Amaurn die Waffe von der Schulter und verschwand im Halbdunkel, wo er aus den Augenwinkeln

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