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Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit

Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit

Titel: Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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um die Ak’Zahar nicht zu einem plötzlichen Angriff zu reizen, tastete sie sich voran, bis zu dem erspähten Felsvorsprung. Die Bestien hingen genau über ihr, beobachteten sie und warteten. Weiter zu gehen wagte sie nicht. Verstohlen streckte sie den Arm zu der Stelle aus – aber er reichte nicht hin. Da gab es nur eins. Sie nahm eine winzige Abänderung an der Ak’Zahargestalt vor, gerade so viel, dass der Arm lang genug wurde, um bis an den Sims zu reichen.
    Schrilles Wutgeschrei brach los und ledrige Schwingen wurden entfaltet. Vifang legte das Päckchen mit der heraushängenden Zündschnur sorgfältig auf den Sims und wandte sich zum Kampf oder zur Flucht – aber zu spät. Ihr blieb keine Zeit, um sich zu verwandeln. Sie waren schon über ihr. Als die Klauen und Zähne in ihr Fleisch drangen, schickte sie eine letzte, verzweifelte Nachricht. »Sie haben mich. Steckt die Zündschnur an. Elion, lebe wohl!«
     
    Unter Amaurns Gruppe von Abenteurern hatte Aethon seine eigenen Sorgen. Während alle Scall durch die große Höhle folgten, war er der Einzige, der die Umgebung nicht vollkommen rätselhaft fand. Weil sich die Drachen durch eine Sprache aus Musik und Licht verständigten, konnte er aus den bunten Strahlen ringsum einiges herauslesen. Eine schwache Erinnerung sagte ihm, dass die Lichter Botschaften in beträchtlichem Umfang und in einer sehr alten Sprache übertrugen, von der er höchstens das eine oder andere Wort verstand. Es war auch hinderlich, dass Zavahls Menschenaugen nur beschränkt sehen konnten. Sonst hätte er vermutlich viel mehr erkennen können.
    Der Drache tat sein Bestes, um so viel wie möglich aufzuschnappen, doch es fiel ihm schwer, bei der Sache zu bleiben. Schon während der vergangenen Tage, seit sie von den Dierkanen entführt und dann gerettet worden und nach Gendival zurückgekehrt waren, hatte er sich recht still verhalten, war die meiste Zeit im Hintergrund geblieben und hatte nicht mit seinem Wirt gesprochen. Denn er sah sich in einer lähmenden Zwickmühle. Wenn er zu seinem Volk zurückkehrte und seine Erinnerungen an den Nachfolger weitergäbe, dann würde er oder zumindest das Bewusstsein und seine Wesenszüge, was von Aethon dem Drachenseher noch allein übrig war, im selben Augenblick aufhören zu sein. Und er wollte nicht sterben. Sogar als Gast im Körper eines anderen zu leben war dem Tod vorzuziehen – und er musste zugeben, dass er inzwischen, da er und Zavahl sich mit dieser eigentümlichen Einrichtung abgefunden hatten, seine neue Art Leben doch recht genoss.
    Auf der anderen Seite würde er, sollte er bleiben, wo er war, auf jeden Fall sterben, sobald sein menschlicher Wirt starb. Alle Erinnerungen würden mit ihm verschwinden, das Wertvollste, was das Drachenvolk besaß, wäre für immer verloren. Wie könnte er seinem Volk das antun? Als Seher hatte er die Pflicht, das Gedächtnis ohne Rücksicht auf sich selbst weiterzugeben.
    In diesem Augenblick führte Scall die kleine Gruppe in die Mitte der Halle, und alle Gedanken an die Zukunft brachen ab. Aethons staunende Ehrfurcht übertraf noch die der anderen. Alle standen da und blickten auf die runde Absenkung im Boden, die wie das Innere einer großen silbernen Schale aussah. Ringsherum ragten in gleichen Abständen sechs Lichtsäulen von der Dicke eines menschlichen Körpers auf, neigten sich sacht nach innen und verschwanden in dunkler Höhe, wo sie sich vermutlich an einem fernen Punkte trafen. Jeder Strahl war von reiner klarer Farbe: rot, gelb, grün, blau, violett oder blendend weiß, und die Farben wechselten reihum von einer Säule zur nächsten, bewegten sich endlos im Kreis, sodass es aussah, als würde sich die Lichtspitze über der Silberschale drehen. In der Mitte der runden Vertiefung befand sich eine große schillernde Kugel, und wie bei einer Seifenblase bewegten sich bunte Schlieren über die durchsichtige Oberfläche. Scall zeigte darauf. »Das ist sie«, sagte er. »Da drinnen habe ich die merkwürdigen Sachen gefunden.«
    »Du bist dort eingedrungen?«, fragte der Archimandrit.
    »Ich bin einfach hineingegangen. Die Blase schien zu verschwinden, und ich dachte, sie wäre geplatzt, aber als ich die Senke verlassen hatte und zurückschaute, war sie noch da.« Scall runzelte die Stirn. »Ich glaube, man kann sie nur von außen sehen, falls so etwas möglich ist. Von drinnen ist sie unsichtbar.«
    Amaurns Augen strahlten vor Neugier. Ganz offensichtlich brannte er darauf, die Sache näher zu

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