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Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit

Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit

Titel: Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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verschluckte ihn.
     
    Kher und seine Wissenshüter waren wie erstarrt, aber dann kamen Alsive und Elysa zu sich und wollten ihm nachsetzen. »Nein, hierbleiben! Das ist ein Befehl!«, brüllte Kher. »Es ist zu spät.«
    Sie waren höchst erstaunt, dass er sie zurückhielt, doch wenigstens hatten sie so viel Verstand zu begreifen, dass er Recht hatte. Widerstrebend kehrten sie zu ihm zurück und sahen bei einem Blick über die Schulter, wie Elion im schwarzen Maul des Tunnels verschwand. Elysa wischte sich die Tränen aus den Augen, und Alsive wollte ihrer Entrüstung freien Lauf lassen, doch Kher schnitt ihr das Wort ab. »Ich hatte so etwas befürchtet«, sagte er. » Seit Melnyths Tod ist Elion ziemlich durcheinander. Wir können nichts tun – ich werde nicht zulassen, dass noch jemand stirbt.«
    Er hockte sich neben die Zündschnur. »Ich lasse ihnen noch ein, zwei Augenblicke Zeit – mehr kann ich nicht tun. Dann löse ich die Sprengung aus.« Insgeheim machte er sich Vorwürfe, weil er gefühlsselig war und den Auftrag gefährdete. Er wusste, er sollte die Schnur sofort anzünden. Elion und Vifang waren schon so gut wie tot, wenn sie aber die Ak’Zahar dazu brächten, den Tunnel zu verlassen, dann wäre alles umsonst gewesen. Trotzdem war er entschlossen, seinen Gefährten diese letzte Möglichkeit einzuräumen.
    Still zählte er bis Hundert. Dann zündete er mit zitternden Fingern die Lunte an.
     
    Tormon, vor Entsetzen starr, konnte nur zusehen, wie sich das Schauspiel auf der Hängebrücke abspielte. Alles schien außerordentlich langsam zu geschehen. Amaurn schoss, Presvels Kopf verschwand in einem Flammenstoß, das Messer beschrieb einen glitzernden Silberbogen, die schreiende Annas stürzte dem Boden entgegen. Unten sausten Zavahl und Kalt auf sie zu. Zavahl war als Erster dort – genau unter dem fallenden Kind, gerade rechtzeitig. Er fing sie aus der Luft, taumelte unter dem Aufprall und fiel, mit ihr obenauf. Es folgte ein Augenblick der Stille, dann bewies ein empörtes Jammern, dass Annas noch sehr lebendig war.
    Es war, als wäre ein Bann gebrochen. Mit einem Schrei sauste Tormon auf die nächste Wendeltreppe zu und die Stufen hinab, rannte zu seiner Tochter und riss sie in seine Arme. »Annas!, Ach, Annas!«
    Zavahl rollte sich noch atemlos auf die Knie und betastete seine Rippen. Die anderen drängten heran, doch weder Vater noch Tochter schenkten ihnen irgendwelche Beachtung. »Du bist gerettet«, sagte er immer wieder. »Ich habe dich wieder, ich habe dich wieder, jetzt bist du in Sicherheit.« Er konnte nicht fassen, wie nah sie dem Tod schon gewesen war. Dass er sie fast getötet hätte. Wäre da nicht …
    Tormon schaute zu Zavahl auf, der sein Kind aufgefangen, ihr das Leben gerettet hatte. Hinter ihm sah er Hauptmann Blank, der Annas’ Entführer getötet hatte, als dieser ihr die Kehle durchschneiden wollte. Blank kam soeben am Fuß der Wendeltreppe an und durchquerte die Halle mit wachsamer, unergründlicher Miene. Beim Anblick dieser zwei Männer fühlte der Händler seinen ganzen Hass in sich aufsteigen. Er dachte an Kanella, wie sie hilflos und verängstigt in der finsteren Zitadelle der Gottesschwerter auf Befehl des Hierarchen und von der Hand eines Soldaten Blanks qualvoll sterben musste.
    Dann schaute er seine Tochter an. Sie zitterte, das Gesichtchen schmutzig und tränenverschmiert – aber sie war am Leben, dank derselben beiden Schurken. Der Händler merkte, wie ihm die Hände zu zittern anfingen. Er war so betäubt und zerrissen von diesem Zwiespalt, dass ihm schwindelte und übel wurde.
    Sie hatten seine Lebensgefährtin umgebracht.
    Sie hatten seine Tochter gerettet.
    Er riss die Augen von den dreien los und versuchte sich einen Moment lang aus seiner Verwirrung zu lösen. Da auf dem Boden in seiner Reichweite lag das Messer, das Presvel im Augenblick seines Todes fallen gelassen hatte. Und in Reichweite des Messers, wenn er es sich schnappte und schleuderte, war Kanellas Mörder. Er sah die glänzende Klinge an und stellte sich vor, wie sie Zavahl ins Fleisch drang.
    Wenigstens wäre dann einer weniger, der Unglück in die Welt bringt.
    Wie aus eigenem Willen löste sich eine Hand von Annas und ergriff die Waffe.
    Doch da sauste eine Hand auf seine Schulter nieder. »Sei nicht dumm, Jungchen«, sagte eine ruppige alte Stimme leise. »Zavahls Tod würde dir Kanella nicht zurückbringen. Nichts kann die Vergangenheit ändern. Die Zukunft ist es, woran du jetzt denken

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