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Der Schattengaenger

Der Schattengaenger

Titel: Der Schattengaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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Immer wieder waren seine Gedanken zu Imke abgeschweift.
    Sie hatte versucht, ihn anzurufen, jedoch keine Nachricht auf seiner Mailbox hinterlassen. Das war ganz und gar untypisch für sie. Was Tilo jedoch richtig beunruhigte, war die Tatsache, dass er sie nicht erreichen konnte, weder auf dem Festnetzanschluss noch auf ihrem Handy. Er hatte ihr bereits mehrere Nachrichten hinterlassen, doch sie reagierte nicht.
    Als er in sein Hotelzimmer zurückkam, überlegte er nicht lange, sondern warf in Windeseile seine Sachen in die Reisetasche. Ursprünglich hatte er vorgehabt, nach dem Frühstück am nächsten Morgen in aller Gemütsruhe auszuchecken und vor der Abreise noch eine oder zwei Galerien aufzusuchen,  denn Imke hatte bald Geburtstag und er wollte ihr ein Bild schenken oder eine Skulptur.
    Doch es zog ihn mit aller Macht nach Hause. Es sah Imke nicht ähnlich, das Läuten des Telefons zu ignorieren oder ohne ihr Handy wegzufahren. Sie hätte das niemals getan, nicht nachdem sie letzte Woche diesen merkwürdigen Brief erhalten hatte. Als Psychologe kannte Tilo sich mit Gefühlen aus, und er war alarmiert, als er eine Regung in sich aufkeimen spürte, die sich am ehesten mit dem Wort Angst beschreiben ließ.
    Eine Viertelstunde später beglich er die Rechnung an der Rezeption, ließ sich noch einen starken Espresso servieren, um wach zu bleiben, und holte seinen Wagen aus der grottenähnlichen, schwach beleuchteten Tiefgarage. Er hatte eine lange Fahrt vor sich und war hundemüde. Das war keine gute Kombination.
     
    Manuel war außer sich. Wie konnte sie es wagen, das Gespräch abzubrechen? Und danach nicht mehr ans Telefon zu gehen? Ihn hier blöd rumstehen zu lassen?
    Anfangs hatte es ihn erregt, ihre Angst zu spüren. Es hatte ihm ein Gefühl von Macht verliehen, das er sich in seinen kühnsten Träumen nicht erhofft hatte. Doch die Erregung war verflogen. Er brauchte mehr.
    Manuel wollte sie. Nicht nur eine ihrer Empfindungen.
    Warum sollte er sich mit ihren Büchern zufriedengeben? Tag für Tag bloß in ihren Worten wühlen? Gedanken auf Papier - das war nicht genug!
    Fürs Erste würde es ihm ja genügen, sich mit ihr zu unterhalten. Ihr dabei in die Augen zu schauen, ihr Lächeln zu beobachten und ihre Lippen, wie sie sich zu dem, was sie sagte, bewegten.
    Sie war um einiges älter als er, doch das störte ihn nicht. Die  Jahre spielten keine Rolle bei dem, was ihn mit dieser Frau verband. Seine Liebe war mit den gängigen Maßstäben nicht zu messen. Sie existierte außerhalb von Zeit und Raum.
    Seine Liebe war absolut.
    Und nun das. Wie ein Depp kam er sich vor. Lief vor ihrem Haus auf und ab wie vor einer Festung. Das Licht hatte sie gelöscht. Vielleicht schlief sie längst?
    Diese Vorstellung machte ihn rasend. Sie fürchtete sich so wenig vor ihm, dass sie schlafen konnte? Er trat gegen einen Stein, der über das Gras sprang und mit einem hellen Klacken gegen die Hausmauer prallte.
    Nein, besänftigte er sich selbst. Sie schlief ganz sicher nicht. Er hatte nonstop bei ihr angerufen. Kein Mensch konnte bei einem solchen Dauerlärm schlafen.
    Später würde er das Handy von Fingerabdrücken säubern und es dann entsorgen. Er lächelte in die Dunkelheit. Fahrlässigkeit gehörte nicht zu seinen Lastern. Für diesen Abend hatte er sich eigens ein Handy besorgt. Wie gut, dass es so viele arglose Mitbürger gab, die ihre Habseligkeiten achtlos auf den Stühlen der Cafés herumliegen ließen, während sie eifrig in Gespräche vertieft waren.
    Manuel ging zur Haustür. Drückte auf den Klingelknopf. Lauschte dem melodischen Klang.
    Und was, wenn sie aufmachte? Wenn sie plötzlich vor ihm auf der Türschwelle stünde?
    Die Erregung breitete sich wie ein feiner Schmerz in seinem Körper aus.
    »Du«, flüsterte er.
    Ein Nachtvogel schrie. Dann war es wieder still.
     
    Tilo fand die Mühle dunkel vor. Keines der Fenster war erleuchtet, doch das hatte er auch nicht erwartet. Es war tiefste  Nacht und Imke rechnete frühestens am kommenden Spätnachmittag mit ihm. Aus diesem Grund war auch die Außenbeleuchtung nicht eingeschaltet und Tilo stolperte mit seinem Gepäck fluchend über den Kies.
    Das Geräusch seiner Schritte wurde von der schwarzen Stille verschluckt. Nicht ein einziger Stern war am Himmel zu sehen. Inzwischen war Tilo davon überzeugt, völlig hysterisch reagiert zu haben. Er gab normalerweise nichts auf Vorahnungen und war selbst nicht anfällig dafür. Mit seiner überstürzten Heimkehr würde

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