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Der Schatz des Dschingis Khan

Der Schatz des Dschingis Khan

Titel: Der Schatz des Dschingis Khan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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musste doch zurück zum Lager. Selten hatte sie sich beim Reiten so hilflos gefühlt. Durchgeschüttelt und der Willkür ihres zotteligen Reittiers ausgesetzt, erkannte sie, dass sie sich zu viel zugetraut hatte. Diese halbwilden Pferde hatten kaum etwas mit den braven Haustieren daheim gemeinsam. Ebenso wenig wie der Ritt auf ihnen. Aber für eine solche Einsicht war es jetzt zu spät. Muriel konnte nur darauf hoffen, dass der Hengst irgendwann müde und langsamer wurde.
    »Heeej. Hooo!« Wie aus dem Nichts tauchte Baku neben ihr auf, lehnte sich im Galopp weit aus dem Sattel und griff nach dem Halfter ihres Pferdes. Endlose Augenblicke ritten sie so nebeneinander her, dann brachte er beide Pferde gleichzeitig mit einem harten Ruck zum Stehen.
    »Danke.« Muriel sagte das aus tiefstem Herzen und es war ihr nicht einmal peinlich, obwohl ihr Bakus spöttisches Grinsen nicht entging.
    »Du reitest nicht oft.« Das war keine Frage, sondern eine Feststellung.
    »Meine Eltern sind Fischer.« Muriel hoffte, dass es als Antwort genügte.
    Baku ging nicht darauf ein. Nicht die kleinste Regung in seinem Gesicht zeigte, was er dachte. »Wir reiten zurück«, sagte er schließlich und ließ sein Pferd wenden.
    Muriel tat es ihm gleich. Diesmal war es ganz leicht. Als wäre nichts geschehen, folgte der kleine Hengst Baku ins Lager, der ein Lied summend und in gemächlicher Gangart vorausritt. Nur einmal drehte er sich zu Muriel um, zwinkerte ihr zu und sagte: »Ich glaube, ihr beide müsst euch wirklich erst noch aneinander gewöhnen.«
    Und während Muriel noch darüber nachdachte, ob er das wohl spöttisch gemeint hatte, ritten sie schon wieder in das Lager ein.

    Den Nachmittag verbrachte Muriel wieder mit Bakus Schwestern. Baku selbst verschwand nach dem Mittagessen mit einer Gruppe Jungen, die am kommenden Tag alle beim Naadam an dem großen Wettrennen teilnehmen wollten. Muriel erfuhr, dass sie früh am Morgen zu einem etwa zwanzig Kilometer entfernten Startplatz reiten würden. Sieger war, wer den Turnierplatz als Erster erreichte. Dieser hatte am Nachmittag zumindest schon andeutungsweise Ähnlichkeit mit einem Festplatz angenommen. Die Männer hatten eine Arena für die Ringkämpfer abgesteckt und Zielscheiben für die Bogenschützen aufgestellt. Auch der Baldachin für den Großen Khan und die Klanführer war schon errichtet worden. Der Schamane, der Ascalon bei ihrer Ankunft begutachtet hatte, schritt den Platz singend und tanzend ab, um bei den Göttern ein gutes Gelingen der Wettkämpfe zu erbitten.
    Für die Bewohner des Lagers gab es kein anderes Thema mehr, als die bevorstehenden Wettkämpfe. Jeder schien mindestens einen Angehörigen oder Freund zu haben, der an einer der drei Disziplinen teilnahm. Und jeder wirkte davon überzeugt, dass sein Favorit als Sieger aus den Wettkämpfen hervorgehen würde.
    Am Abend waren Kubilays Töchter so aufgeregt, dass sie keinen Schlaf fanden. Unablässig tuschelten sie miteinander, kicherten und verstummten erst, als Sande-An sie fragte, wie Baku das Rennen gewinnen sollte, wenn er unausgeschlafen war. Die Mädchen schwiegen und endlich kehrte auch in Kubilays Ger Ruhe ein.

    Am nächsten Morgen war das ganze Lager schon früh auf den Beinen. Ein dichter Kreis von Reitern belagerte bereits die Arena der Ringer, als Muriel und die Mädchen den Festplatz erreichten. Obwohl die Sonne gerade aufgegangen war, schienen sie spät dran zu sein. Energisch zwängten sie sich zwischen den Pferdeleibern hindurch, um einen Platz mit guter Sicht auf die Ringkämpfer zu ergattern.
    Etwa zehn Meter trennten die Reiter von der Arena, aber auch hier saßen die Frauen und Kinder schon dicht gedrängt. Muriel bezweifelte gerade, dass sie einen freien Platz finden würden, da entdeckte Amra ein paar Freundinnen ganz in der Nähe, die zusammenrückten und den vier einladend zuwinkten.
    Dafür, dass hier ein Wettkampf stattfand, war es erstaunlich still. Alle starrten auf die beiden spärlich in Rot oder Blau gekleideten, ineinander verschlungenen Ringkämpfer in der Mitte der Arena. Die Ringer schienen in der Bewegung erstarrt zu sein. Die Schultern des Gegners fest im Griff, den Oberkörper nach vorn gebeugt und die Beine fest in den Boden gestemmt, standen sie da und taten – nichts.
    Das sollte ein Ringkampf sein? Muriel war enttäuscht. »Warum kämpfen sie nicht?«, flüsterte sie Venja zu, die ihr am nächsten saß.
    »Das tun sie doch«, flüsterte Venja zurück. »Sie warten, dass einer

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