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Der Schatz im Silbersee

Der Schatz im Silbersee

Titel: Der Schatz im Silbersee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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erreichte, dessen Bewohner ihn gastlich aufnahmen. Er war so schwach, daß er ihnen nicht erzählen konnte, was er erlebt hatte; er brach bewußtlos zusammen. Als er erwachte, lag er in einem alten Bette und wußte nicht, wie er hineingekommen sei. Dann erfuhr er, daß er fast zwei Wochen lang im Fieber gelegen und nur von Mord, Blut, Flucht und Wasser phantasiert habe. Nun erst erzählte er sein Abenteuer und erfuhr, daß der Cow-boy einen rothaarigen Mann getroffen habe, welcher sich erkundigt hatte, ob vielleicht ein Fremder auf dem Kamp eingekehrt sei. Der Boy hatte diesen Mann einmal in Colorado Springs gesehen und wußte, daß er Brinkley heiße; er hielt ihn nicht für einen vertrauenswürdigen Menschen und verneinte die Frage. So erfuhr Engel den Namen des Mörders; denn er nahm an, daß derselbe sich ihm gegenüber eines falschen bedient habe. Die Wunde kam ins Heilen, und dann wurde er bei einer Gelegenheit mit nach Las Animas genommen.«
    »Also nicht nach Puebla,« meinte der Schichtmeister, »sonst hätte ich, als ich später dorthin kam, seine Spur vielleicht gefunden. Was that er dann?«
    »Er schloß sich als Fuhrmann einem Handelszug an, welcher nach alter Weise auf dem Arkansaswege nach Kansas City ging. Als er dort seinen Lohn empfing, hatte er die Mittel, seinen Bruder aufzusuchen. In Russelville angekommen, hörte er, daß dieser fortgegangen sei, doch erhielt er von dem Nachbar einen für ihn zurückgelassenen Brief, in welchem stand, daß er ihn in Benton, Arkansas, finden werde.«
    »Ah, dort! Und gerade Benton ist einer der wenigen Orte, wohin ich nicht gekommen bin!« sagte Watson. »Wie aber stand es mit der Zeichnung, welche er bei sich trug?«
    »Die hatte im Wasser des Orforkes gelitten, und Engel mußte sie kopieren. Natürlich erzählte er seinem Bruder alles, und dieser war gern bereit, den Ritt mit ihm zu unternehmen. Leider aber stellte es sich bald heraus, daß jenes Erlebnis nicht so folgenlos sei, wie man angenommen hatte. Engel begann zu husten und zehrte rasch ab. Der Arzt erklärte, daß er an der galoppierenden Schwindsucht leide, und acht Wochen nach seinem Eintreffen beim Bruder war er eine Leiche. Das lange Stehen im kalten Frühjahrswasser hatte ihn zum
    Todeskandidaten gemacht.«
    »Also hat dieser Cornel doch sein Leben auf dem Gewissen.«
    »Wenn er weiter nichts zu tragen hätte! Hier unter uns gibt es mehrere, welche mit diesem vielfachen Mörder abzurechnen haben. Aber hört, was weiter geschehen ist! Engel, der Bruder nämlich, war ein wohlhabender Mann, der sein Feld baute und nebenbei einen einträglichen Handel trieb. Er hatte zwei Kinder, einen Knaben und ein Mädchen. Die Familie bestand aus den Eltern, diesen beiden Kindern und einem Burschen für alles, welcher, wenn es not that, auch die Arbeit einer Magd verrichtete. Eines Tages nun ist ein Fremder zu Engel gekommen und hat demselben einen so lukrativen
    Handelsantrag gemacht, daß dieser ganz entzückt davon gewesen ist. Der Fremde hat sich für einen
    Kanalbootunternehmer ausgegeben und gesagt, daß er als Goldsucher sein Glück gemacht habe. Bei dieser Gelegenheit ist zur Sprache gekommen, daß er damals einen Jäger kennen gelernt habe, Namens Engel, der auch ein Deutscher gewesen sei. Damit war natürlich der Bruder gemeint, und es ist soviel zu erzählen gewesen, daß der Nachmittag und der Abend vergangen sind, ohne daß der Fremde an den Aufbruch gedacht hat. Natürlich wurde er gebeten, über Nacht zu bleiben, was er nach einigem Zureden auch annahm. Engel hat schließlich den Tod seines Bruders und die Ursache desselben erzählt und die Zeichnung aus dem kleinen Wandschränkchen geholt. Später ging man zur Ruhe. Die Familie schlief eine Treppe hoch in einer nach hinten gelegenen Stube und der Bursche ebendaselbst, aber auf der andern Seite, in einer kleinen Kammer. Dem Gaste hatte man das gute Zimmer, welches nach vorn lag, angewiesen. Unten war alles verschlossen worden, und Engel hatte, wie es stets zu geschehen pflegte, die Schlüssel mit hinaufgenommen. Nun war kurz vorher der Geburtstag des Knaben Fred gewesen, an welchem er ein zweijähriges Fohlen als Geschenk erhalten hatte. Noch mochte er nicht lange geschlafen haben, als er wieder erwachte. Es fiel ihm ein, daß er heute abend infolge der vielen und interessanten Abenteuer, welche erzählt worden waren, vergessen hatte, das Pferd zu füttern. Er stand also wieder auf und verließ ganz leise, um niemand zu wecken, das Schlafzimmer.

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