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Der Schatz im Silbersee

Der Schatz im Silbersee

Titel: Der Schatz im Silbersee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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kam und bei ihnen halten blieb. Er bestand aus der Maschine und sechs großen Personenwagen. Old Firehand stieg ein und durchwanderte dieselben. Sie waren leer. In dem vordersten stand ein mit Steinen gefüllter, verschlossener Koffer. Ein Kondukteur war nicht vorhanden; es gab nur zwei Personen, den Maschinisten und den Heizer. Als Old Firehand die Wagen verlassen hatte, trat er zu diesen beiden und gab ihnen ihre Instruktion. Er hatte noch nicht ausgesprochen, so sagte der Heizer: »Sir, wartet einen Augenblick! Ich glaube nicht, daß es notwendig ist, Eure Befehle vollends auszusprechen. Ich habe keine Lust, dieselben zu befolgen.«
    »So? Warum?«
    »Ich bin Heizer und habe den Kessel zu feuern; dafür werde ich bezahlt; aber mich erschießen zu lassen, dazu bin ich nicht angestellt.«
    »Wer spricht denn von Erschießen?«
    »Ihr freilich nicht, desto mehr aber ich.«
    »Kein Mensch wird schießen.«
    »Gut, dann stechen oder schlagen sie, und das ist ganz dasselbe. Es bleibt sich gleich, ob ich erschossen, erstochen, erschlagen oder erwürgt werde. Ich will auf keinem einzigen dieser Wege meinen Posten verlassen.«
    »Aber haben Eure Vorgesetzten Euch denn nicht befohlen, zu thun, was wir Euch hier vorschreiben?«
    »Nein; Das können sie nicht. Ich bin Familienvater und thue meine Pflicht. Mich mit Tramps herumzuschlagen, das gehört aber keineswegs in den Kreis meiner Verpflichtungen. Man hat mir gesagt, daß ich mit hieherfahren und dann hören solle, was von mir verlangt wird. Ob ich es auch thue, das soll ganz von meinem Ermessen abhängen, und ich thue es eben nicht.«
    »Das ist Euer fester Entschluß?«
    »Ja.«
    »Und Ihr, Sir?« fragte Old Firehand den Maschinisten, welcher bisher ruhig zugehört hatte.
    »Ich verlasse meine Maschine nicht,« antwortete der brave, furchtlose Mann.
    »Aber ich halte es für meine Pflicht, Euch zu sagen, daß Euch doch durch irgend einen unvorhergesehenen Umstand ein Schaden oder gar ein Unglück zugefügt werden kann.«
    »Euch nicht auch, Sir?«
    »Allerdings.«
    »Nun also! Was Ihr, der Fremde, wagt, das werde ich, der ich Beamter bin, wohl auch wagen dürfen.«
    »Recht so! Ihr seid ein wackerer Mann. Der Feuermann mag ruhig nach Sheridan gehen und dort unsre Rückkehr erwarten; ich werde seine Stelle vertreten.«
    »Well, ich gehe und wünsche gute Verrichtung!« brummte der Genannte, indem er sich entfernte.
    Old Firehand stieg mit den beiden Arbeitern auf und vervollständigte die Unterweisung des Maschinisten; dann schwärzte er sich das Gesicht mit Ruß. Er sah nun in seinem Leinenanzuge ganz wie ein Feuermann aus. Der Zug setzte sich in Bewegung.
    Die Wagen waren nach amerikanischer Konstruktion gebaut.
    Man mußte hinten beim letzten einsteigen. um in die vorderen zu gelangen; sie waren natürlich erleuchtet. Die Lokomotive war eine sogenannte Tendermaschine und mit hohen, festen Schutz- und Wetterwänden aus starkem Eisenblech umgeben.
    Das war ein sehr glücklicher Umstand, denn diese Wände verbargen die auf der Maschine Stehenden fast ganz und besaßen genug Festigkeit, eine Pistolen- oder Flintenkugel abzuhalten.
    Der Zug erreichte nach kurzer Zeit Sheridan und hielt dort an.
    Es befand sich nur der Ingenieur am Platze; er wechselte mit dem Maschinisten die herkömmlichen Redensarten und ließ dann den Train weitergehen.
    Indessen waren die beiden Späher, welche Old Firehand auf der Böschung belauscht hatte, an der Stelle, wo der Cornel mit den Tramps sich gelagert hatte, angekommen. Sie berichteten ihm, daß in Sheridan niemand eine Ahnung des
    Bevorstehenden habe, und richteten damit große Freude an.
    Dann aber nahmen sie den Cornel beiseite und teilten ihm die Befürchtungen mit, welche sie gegeneinander ausgesprochen hatten. Er hörte sie ruhig an und sagte dann: »Was ihr mir sagt, das weiß ich schon. Es fällt mir gar nicht ein, alle diese Kerle, von denen die meisten unnütze Halunken sind, bei mir zu behalten, und ebensowenig kann es mir beikommen, denen, die ich nicht brauche, einen einzigen Dollar von dieser halben Million zu geben; sie bekommen nichts.«
    »So werden sie es sich nehmen.«
    »Wartet es ab! Ich habe meinen Plan.«
    »Aber sie werden den Zug besteigen!«
    »Immerhin! Ich weiß, daß sich alle hineindrängen werden; ich bleibe außen stehen und warte, bis die Kasse herausgebracht wird. Ist dann der Zug fort, so wird sich finden, was geschieht.«
    »Wie steht es denn mit uns beiden?«
    »Ihr bleibt bei mir. Dadurch, daß ich

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