Der Schatz in der Drachenhöhle
Schweiß. Karl erlahmten die Arme. Tarzan mußte Rücksicht
nehmen. Sie kamen nur langsam voran.
Gaby gefiel sich als Samariterin (freiwillige
Helferin) und fächelte mal diesem, mal jenem ihrer Freunde mit einem großen
Rhabarberblatt Kühlung zu.
Tarzan schrie jedesmal: „Huch! Ist das
kalt!“
Seinen Freunden war nicht nach Späßen
zumute.
Endlich führte der Trampelpfad wieder
zum Fluß hinunter. Er strömte immer noch heftig, bildete aber keine Strudel
mehr, und auf den Schwällen konnte das Kanu gefahrlos dahingleiten.
Sie setzten es ab. Klößchen legte sich
flach auf den Rücken. Karl polierte seine Brillengläser, die vom Schweiß
beschlagen waren. Selbst Tarzan war erhitzt. Nur Gaby wirkte kühl wie eine
Salatgurke.
Sie deutete über den Fluß. „Keine
Höllenengel. Nanu? Die werden uns doch nicht etwa ihres Anblickes berauben?“
„Um Himmels willen!“ meinte Tarzan. „Mir
würde was fehlen. Allmählich gewöhnt man sich an das Gelichter.“
Er trat zum Kanu, nahm sein T-Shirt,
zog es an und wollte zum Brustbeutel greifen.
„Heh“, sagte er. „Wo ist mein
Brustbeutel?“
„Dein... was?“ fragte Klößchen.
„Mein Brustbeutel. Der Beutel, den ich
an einer Strippe vor der Brust trage. Genau wie du. Ich glaube, du kennst ihn
bereits. Er enthält, verdammt noch mal, mein Geld, meinen Ausweis, den
Schatzplan und das Foto von Slanskys Komplizin. Ich habe ihn hier — hier! hier!
— auf die Vorratskiste gelegt. Aber jetzt ist er weg.“
„Ist doch unmöglich!“ sagte Gaby.
Sie, Karl und Tarzan durchsuchten die
Vorratskiste und jeden Winkel im Boot. Der Brustbeutel blieb verschwunden.
„Um Gottes willen!“ Erschrocken hielt
Gaby die Hände an den Mund. „Das ist Zauberei.“
Tarzan beobachtete seinen dicken
Freund, der sich jetzt aufgesetzt hatte. Sein puterroter Kopf war kein Ergebnis
der Anstrengung. Verlegenheit trieb ihm das Blut ins Gesicht.
„Willi“, sagte Tarzan mit dumpfer Stimme,
„was hast du wieder angestellt?“
„Ich weiß ja gar nicht“, stammelte
Klößchen, „ob ich richtig vermute. Aber... jetzt, wo ich zurück denke... Mir
war, als fiele mir was auf den Fuß. Ich war aber abgelenkt. Wegen der
Landstreicher. Deshalb habe ich nicht weiter drauf geachtet und... Außerdem
hatte ich die Tafel in der Hand... Jedenfalls...“
„Du hast“, sagte Tarzan, „mit gierigen
Pfoten in der Vorratskiste gewühlt, nur um an deine verdammte Schokolade zu
kommen. Dabei hast du meinen Brustbeutel über Bord geworfen und es nicht mal
gemerkt, jedenfalls nicht darauf geachtet. Er liegt noch dort, wo wir
losgezogen sind. Und ich kann den ganzen Weg zurücklaufen.“
„Ich begleite dich“, erbot Klößchen
sich kleinlaut.
„Vielen Dank! Ich will zurück sein,
solange es noch hell ist.“
Im selben Moment fielen ihm die beiden
Vagabunden ein! Um Himmels willen! Er schoß los wie von der Sehne geschnellt.
*
„Mir tut der Hintern weh“, klagte Rosa
Wagner, Plotzkas Rockerbraut. „Immer nur auf der Maschine hocken — Tag für Tag!
Das ist auch nichts.“
„Ruhe!“ zischte Plotzka. Er hielt sein
Fernglas an die Augen und starrte zur anderen Seite hinüber.
Eben war dort die TKKG-Bande mit dem
geschulterten Kanu in den Büschen verschwunden.
Die Höllenengel, um ihren Boß
gescharrt, gähnten — wegen der kurzen Nacht — , schlugen nach Mücken oder
polierten die Helme an ihren Lederjacken.
„Was ist denn?“ moserte Rosa. Sie saß
hinter Plotzka, lehnte sich an ihn und zog den Mund breit, daß die Winkel fast
die Ohren berührten. „Da ist doch nichts mehr zu sehen. Da...“ Sie hielt inne,
denn sie sah, wie zwei Gammeltypen — bärtig und sicherlich voller Flöhe, unter
den Büschen hervorkrochen.
Wie Aasgeier stürzten sie sich auf
etwas, das auf dem Boden lag und mit bloßem Auge nicht zu erkennen war.
„Also habe ich doch richtig gesehen“,
heulte Plotzka. „Etwas ist aus dem Boot gefallen, als der kleine Dickwanst
hantiert hat. Es ist ein Brustbeutel! Der Brustbeutel! Tarzans
Brustbeutel. Denn der ist braun. Der Dickwanst hat einen hellen, der Dürre
einen schwarzen. Jetzt haben ihn die Penner! Und wir können nicht rüber. In
diesem Wildwasser würde ‘ne Bisamratte ersaufen. Verflucht!“
Er wollte sich auf den Schenkel
dreschen. Aber Rosa hatte ihr Knie zu weit vorgeschoben. Das wurde getroffen,
und die Bleichblonde fiel fast vom Rücksitz.
„Bist du übergeschnappt?“ kreischte sie
und boxte ihm in die Nieren.
„Ruhe!“
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