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Der Schatz von Blackhope Hall

Der Schatz von Blackhope Hall

Titel: Der Schatz von Blackhope Hall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Candace Camp
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aufziehen.
    Zuerst steckte er nur seinen Kopf hinaus und sah sich um. Dann trat er ins Freie. Wortlos winkte er Alys und den Jungen zu sich. Guys Hand fest umklammert, stieg sie durch die Öffnung.
    Zu ihrer Überraschung war es immer noch taghell. Sie hatte den Eindruck gewonnen, mittlerweile wäre so viel Zeit verstrichen, dass die Nacht hereinbrechen müsste. Aber die Sonne des späten Nachmittags warf immer noch goldenes Licht in den Burghof, wo ein heilloses Chaos herrschte. Scheunen und Heuballen brannten lichterloh, von flammenden Pfeilen entzündet – versehentlich oder mit bösartiger Absicht, dass wusste Alys nicht. Aus aufgebrochenen Lagerhallen rollten Weinfässer. Offenbar hatten sich die Soldaten bereits betrunken, denn sie taumelten schreiend und lachend umher, während sie andere Vorräte in den Hof schleppten. Aus dem Schloss drangen keine angstvollen Stimmen mehr. Allem Anschein nach war die Schlacht beendet.
    Niemand versperrte John den Weg. Eine Hand um Alys Arm geklammert, zerrte er sie zielstrebig mit sich, als wäre sie eine Gefangene. Der Junge hielt sich an ihren Röcken fest und trottete hinterher. Den Kopf gesenkt, spähte sie weder nach links noch nach rechts.
    Im Schutz eines Schuppens an der Außenmauer hielten sie inne und blickten sich um. Offensichtlich hatten sie keine Aufmerksamkeit erregt, und wenn doch, wurden sie nicht weiter beachtet. Da John ein Kettenhemd mit Lord Surtons Emblem trug, kam niemand auf den Gedanken, ihm Fragen zu stellen.
    "Wir schleichen an der Mauer entlang zum hinteren Tor", flüsterte er Alys ins Ohr. "Falls uns jemand Schwierigkeiten macht, steche ich ihn nieder. Bist du bereit?"
    Schweigend nickte sie und schaute zum Turm hinauf. Aus dem kleinen Fenster quoll Rauch – eine so dichte Wolke, dass sie unmöglich von der brennenden Tür stammen konnte. Da erriet Alys, was Elwena tat. Die Frau hatte angekündigt, sie würde sich um das Gesicht des toten Soldaten kümmern. Jetzt entstellte sie es mit einem Feuer bis zur Unkenntlichkeit. Wahrscheinlich hatte sie Binsen unter der Tür hindurchgeschoben und in Brand gesteckt. Jetzt würde die Leiche des Kriegers, die Matte, der Tisch und der Stuhl in Flammen aufgehen – alles bis auf die steinernen Mauern.
    Bis jetzt hatte Alys nicht daran gedacht, aber nun erkannte sie, dass Elwenas schwarzes Haar sie verraten hätte. Bei diesem Anblick würde man sie nicht für die blonde Schlossherrin halten. Um die Identität des toten Soldaten und ihre eigene zu verbergen, hatte sie das Turmzimmer angezündet. Schaudernd hoffte Alys, Elwena würde am Rauch ersticken oder sich den Dolch ins Herz stoßen, bevor ihr Körper Feuer fing.
    Ungeduldig berührte John ihren Ellbogen, und sie nickte. Durch abendliche Schatten eilten sie an der Mauer entlang. Niemand hielt sie auf oder schien sie auch nur zu beobachten. Nach wenigen Minuten erreichten sie das Hintertor, das weit offen stand, von keinem einzigen Krieger bewacht. Unbemerkt rannten sie hinaus. John hob den Jungen hoch.
    Mit schnellen Schritten überquerten sie ein Feld, an das ein Wald grenzte. Zwischen dunklen Bäumen begann ein neues Leben.

17. Kapitel
     
    Langsam lösten sich die Visionen auf, als würden sie im Nebel verschwinden. Olivia und Stephen standen wieder neben dem Bett, den goldenen Rosenkranz zwischen ihren Händen. Halb benommen schaute sie zu ihm auf, und er starrte sie an – offensichtlich ebenso verwundert wie sie.
    "Hast du …?"
    "War das …?"
    Gleichzeitig begannen sie zu sprechen, gleichzeitig verstummten sie. Olivia lachte leise. Dann sank sie in einen Sessel, denn sie fühlte sich ziemlich geschwächt.
    "Geht es dir gut?" Stephen beugte sich besorgt zu ihr hinab.
    "Da … da bin ich mir nicht sicher", stammelte sie. "Haben wir wirklich beobachtet, was wir zu sehen glaubten?"
    "Nun, das lässt sich wohl kaum leugnen. Die Schlacht – die Flucht … Oh mein Gott!" Er richtete sich auf. Mit jener mittlerweile vertrauten Geste strich er durch sein Haar. "Sie sind nicht gestorben."
    "Nein. Meinst du, Sir Raymond hat es nie erfahren? Hielt er die beiden für tot? Hat sich ihre Hoffnung erfüllt? Ist er ihnen nicht gefolgt? Danach hat er noch zwei Mal geheiratet, falls die historischen Berichte der Wahrheit entsprechen. Daraus könnte man schließen, dass er ahnungslos war. Doch selbst wenn er es gewusst hätte, ich bezweifle, dass ihn die Sünde der Bigamie an einer neuen Eheschließung gehindert hätte."
    "Gewiss nicht. Doch welch ein seltsames

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