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Der Schatz von Blackhope Hall

Der Schatz von Blackhope Hall

Titel: Der Schatz von Blackhope Hall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Candace Camp
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nach dem Dinner in einen kleinen Speiseraum und setzten sich an den Tisch. Am Kopfende stand ein leerer Stuhl für Madame Valenskaya, die sich entschuldigt hatte, um für ein paar Minuten ihr Zimmer aufzusuchen und "ihre Seele den Geistern zu öffnen". Irina – bisher so schweigsam, dass man ihre Anwesenheit kaum bemerkt hatte – arrangierte die übrige Sitzordnung. An einer Seite ihrer Mutter würde sie selbst Platz nehmen, an der anderen Mr. Babington, neben ihm Stephens Mutter, dann Pamela und Belinda. Ihr gegenüber würde Olivia sitzen, der Earl am anderen Ende des Tisches. Wie sie vermutete, sollte er sich möglichst weit von dem Medium entfernt aufhalten.
    Madame Valenskaya rauschte ins Zimmer und setzte sich. Die Hände gefaltet, richtete sie ihren Blick nach unten, als wäre sie tief in Gedanken versunken. Von einer knappen Geste Lady Eleanors aufgefordert, verließ der Lakai, der die Stühle zurechtgerückt hatte, den Raum und schloss die Tür hinter sich.
    In der Mitte des Tisches verbreitete eine Kerosinlampe schwaches Licht. Verstohlen sah sich Olivia um. Stephens Züge wirkten wie aus Stein gemeißelt, die grauen Augen kühl und wachsam, Lady St. Legers und Belindas Mienen waren erwartungsvoll, während sich Pamela zu langweilen schien.
    Den Gesichtsausdruck Irinas, die im Schatten saß, konnte Olivia nicht deuten. Mr. Babington betrachtete das Medium an seiner Seite voller Bewunderung, fast anbetend.
    "Nun halten wir uns alle an den Händen, um den Kreis der Energie zu bilden", erklärte Irina. "Wir öffnen unsere Herzen den Besuchern aus der anderen Welt. Dann werde ich das Licht löschen."
    "In der Dunkelheit sind die Geister eher bereit zu erscheinen", flüsterte Lady St. Leger in Olivias Ohr.
    Jeder umfasste die Hände seiner Sitznachbarn. Als Stephen nach Olivias Fingern griff, musste sie einen plötzlichen Schauer bekämpfen. Irina löschte die Öllampe, samtiges Dunkel verhüllte alle Gestalten.
    Außer leisen Atemzügen war nichts zu hören. Olivia spürte Stephens warme, etwas schwielige Handfläche an ihrer. Mühsam rang sie nach Luft. Ihre eigene Haut fühlte sich heiß und prickelnd an, und die unerklärliche Hitze durchströmte ihren Arm, den ganzen Körper. Auf diese Empfindungen konzentriert, beachtete sie Madame Valenskaya nicht, bis die Frau zu stöhnen begann.
    Erschrocken errötete Olivia und war froh, dass die Finsternis ihre Verwirrung und ihre bisherige mangelnde Aufmerksamkeit verbarg. Die Augen zusammengekniffen, spähte sie zum Kopfende des Tisches. Im selben Moment erschien eine schimmernde Hand über dem Scheitel des Mediums und bewegte sich, die Finger gekrümmt, glitt hinab und verschwand.
    Neben Madame Valenskaya erklang Mr. Babingtons Stimme. "Bist du hier, teurer Geist?"
    Olivia überlegte, warum das Medium nicht selbst mit den Geistern sprach. Dann murmelte die Russin: "Ja."
    "Willkommen, Geister", grüßte Mr. Babington enthusiastisch, aber immer noch in gedämpftem Ton. Die meisten anderen wiederholten seine Worte.
    "Bist du Laufender Hirsch?" fragte Lady Eleanor an Olivias Seite.
    Nach einer kurzen Pause antwortete das Medium heiser: "Nein."
    Olivia spürte, wie sich Lady St. Legers Finger in ihrer Hand versteiften.
    "Bitte, verrate uns, wer du bist", flehte Irina.
    Wieder erklang die kehlige Stimme, sanft und zögernd. "Rod-dy … Ich bin Roddy."

4. Kapitel
     
    Krampfhaft umspannte Stephen Olivias Hand. Fast unhörbar fluchte er.
    An ihrer anderen Seite stockte Lady Eleanor der Atem. Hastig entzog sie Olivia ihre Hand und presste sie sich auf den Mund. "Bist du es wirklich, Roddy?" fragte sie mit bebender Stimme.
    "Ja, Mutter, ich bin hier. Pamela, meine Liebste … Heute Abend siehst du sehr schön aus."
    "Wo steckst du, Roddy?" rief Pamela. "Lass dich sehen!"
    "Unmöglich – ich weile noch nicht lange genug bei euch."
    "Bist du glücklich, Roddy?" flüsterte Lady St. Leger, den Tränen nahe.
    "Ich schwebe – zwischen den Schatten", erwiderte die heisere, zaudernde Stimme. "Aber ich finde keine Ruhe … Keinem von uns wird innerer Frieden vergönnt."
    "Warum nicht, Darling?" Lady Eleanor schluchzte beinahe.
    "Hier gibt es so viele verlorene Seelen. In diesem Haus können sie nicht rasten." Die Stimme begann zu wispern: "Weil ihnen etwas genommen wurde …"
    "Oh Roddy!" klagte Lady St. Leger. "Nein, bitte …"
    "Verdammt!" Stephen entriss Olivia seine Hand und schlug mit der Faust auf den Tisch. "Welch ein Unsinn!"
    "Um Himmels willen, Stephen!" mahnte Lady

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