Der Schatz von Dongo
im Zuge dieses Projekts wieder nach Dongo gekommen
sind, oder ob eure Anwesenheit tatsächlich etwas mit dem Schatz zu tun
hat, nach dem ihr damals gefahndet habt. Ich halte das für einen
psychologischen Pluspunkt für uns. Es könnte Spannungen hervorrufen, an
einigen Nerven zerren.«
»Ja, möglich wäre es. Aber mir wäre wohler, wenn ich dir das
alles ausreden könnte. Obwohl die Chance, daß sich der Schatz noch
irgendwo dort in der Gegend befindet, zugegebenermaßen beträchtlich
ist.«
»Hast du dir schon die Zeit genommen, ein wenig über die
Spuren nachzudenken, denen du damals nachgegangen bist?«
»Ich habe darüber nachgedacht, aber es ist einfach zu lange
her. Wenn ich mich jedoch recht erinnere, hatte Bis da etwas mit dem
Mera-Fluß. Und außerdem folgte er einem Anhaltspunkt im Hinblick auf
den Aufenthaltsort des Schweizers, dem diese Villa mit dem
Hokus-Pokus-Weinregal gehörte …«
»Luigi Hoffmann.«
»Stimmt. Ich bin überzeugt, daß er dir mehr sagen kann. Aber,
mein Gott, 1945 liegt so weit zurück!«
»Nicht ganz so weit, wie du denkst. Vergiß nicht, wir haben es
mit winzigen Bergdörfern zu tun, wo wenig Kommen und Gehen herrscht.
Aber wie ist es denn nun mir dir: willst du mitmachen – zur
Rettung von Ted Middlekey und der ›PR, Ltd.‹?«
»Na ja … Wenn Bis mitmacht, ja. Aber da ist noch ein
anderer Faktor, den ich bisher nicht erwähnt habe. Unsere eheliche
Situation ist grundverschieden. Bis hat eine Frau, vor der gelegentlich
zu fliehen eine absolute Notwendigkeit ist. Sie ist eine aufgeblasene
Xanthippe, vor der selbst Kommandotruppen den Schwanz einziehen würden.
Wohingegen meine Frau, wie du dir vorstellen kannst, ständig behütet
und beaufsichtigt werden muß. Falls aber Bis zusagt, werde auch ich das
Risiko wagen. Ach, der gute, alte Bis!«
»Falls Bis nun zusagt – wann könntest du aufbrechen?«
»Schon bald, glaube ich. In wie viele Teile soll der Kuchen
denn geteilt werden – vorausgesetzt, daß es überhaupt einen
gibt?«
»Der Geldgeber, du, Bis, Lefèvre, ich und ein paar kleinere
Anteile für zwei meiner Freunde, die wir brauchen.«
»Lefèvre kannst du streichen. Er ist ein außergewöhnlich
sturer Franzose. Aber was ist mit Arnoldos Familie?«
»Daran hatte ich nicht gedacht.«
»Die müßte auch was bekommen.«
»Da hast du recht. Das muß sie wohl.«
9
S tur war eigentlich nicht die richtige
Bezeichnung für ihn. Ungehobelt paßte besser. Louis Lefèvre war
ungehobelt. Die ›Agence Lefèvre Citroën-Peugeot‹ lag am Boulevard
Raspail. Ich hatte vorher weder geschrieben noch angerufen, sondern war
einfach hingegangen. Ein Verkäufer führte mich in Lefèvres Büro. Seiner
Miene war nicht zu entnehmen, ob er sich an mein Gesicht oder an meinen
Namen erinnerte, und ich mußte seinem Gedächtnis viel zu sehr
nachhelfen.
»Ich komme gerade aus London, wo ich mit Middlekey gesprochen
habe, und will jetzt nach Stockholm zu de Jong. Ich organisiere ein
Unternehmen im Zusammenhang mit dem Mussolini-Schatz, über den wir alle
zusammen Nachforschungen angestellt haben – ein Unternehmen
mit dem Ziel, diesen Schatz wiederaufzufinden. Ich würde Ihnen gern
Näheres darüber erzählen und möchte wissen, ob Sie vielleicht mitmachen
wollen.«
»Ich will nichts davon hören.«
»Ted hat zuerst auch gezögert, aber jetzt ist er
doch …«
»Ted Middlekeys Reaktionen haben nicht das geringste mit mir
zu tun. Ich wiederhole, daß ich in keiner Weise an einem Unternehmen im
Zusammenhang mit diesem Schatz interessiert bin und daß ich nichts
davon hören will. Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen
wollen …«
Ungehobelt.
Warum war er so scharf? Als er den Namen Middlekey und
anschließend das Wort ›Schatz‹ hörte, hatten seine Lippen gezuckt, und
sein Rücken schien sich zu versteifen. Ich hatte sofort das Gefühl, daß
es damals, 1945, böses Blut zwischen den beiden gegeben haben müsse und
daß die in der Zwischenzeit vergangenen Jahre nichts dazu beigetragen
hatten, das wieder auszugleichen. Ich nahm mir vor, Ted einmal danach
zu fragen. Vielleicht war es nichts weiter als die Folge eines
Frontalzusammenstoßes zwischen einem hochnäsigen Jaguar und einem
herablassenden Facel Vega gewesen. Aber es konnte auch etwas anderes
gewesen sein, etwas, das wiederum zu etwas anderem führte.
10
B is de Jong lebte seit zehn Jahren in
Stockholm. Vorher hatte seine Firma ihren Sitz in Amsterdam gehabt,
aber er handelte mit Kraftmaschinen –
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