Der Schatz von Dongo
hübsch, und seine Haut ist dunkel. Schwedische
Mädchen sind ganz verrückt nach dunkler Haut, und so muß mein armer
Freund, der Ingenieur werden möchte und fleißig studieren und bald nach
Neapel zurückgehen will … O nein, nicht, daß er gar keine
Mädchen will, er ist ein ganz normaler Mann. Aber was passiert? Die
Mädchen kommen in sein Zimmer, schöne, junge Studentinnen, sie kommen
einfach herein, nach den Nachmittagsvorlesungen oder abends nach dem
Lernen, und reden ein bißchen, und dann ziehen sie sich aus und wollen
mit dem dunkelhäutigen Italiener ins Bett …«
»Wie kommt Ihr Freund denn mit seinem Studium voran, wenn er
immer gestört wird?«
»Schrecklich, es geht einfach nicht, er ist immer so müde, daß
er einschläft, wenn er lernen muß. Oder er denkt gerade über eine
Arbeit nach, die er schreiben soll, und dann kommt so ein lüsternes
Mädchen herein, das es mit ihm probieren will. O ja, die schwedischen
Mädchen sind ganz schrecklich! Ich werde Ihnen die Zeitungen zeigen. Es
gibt ganze Spalten, wo es heißt: ›Miss Inger Smorga zeigt mit stolzer
Freude die Geburt ihres Sohnes Rolf an‹.«
»Aber warum bringt Miss Inger Smorga ein lediges Kind zur
Welt, wo es doch die Pille gibt?«
»Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht, was da vorgeht. Ich will
nichts zu tun haben mit der Pille. Ich bin komisch, was mein Inneres
angeht. Wenn ich einen Mann will, bereite ich mich auf ihn
vor … Oh, Mrs. de Jong winkt uns. Wie ein Verkehrspolizist.
Wir müssen gehen, sonst wirft sie noch mit harten Brötchen nach uns.«
Als sich ihre Wange von mir löste, streiften ihre Lippen ganz
leicht die meinen.
»Ich sagte gerade zu Bis«, begann Malla schon wieder zu
kreischen, bevor wir den Tisch erreicht hatten, »daß ich es nicht
leiden kann, in Restaurants zu essen, die Tanzmusik haben. Entweder das
eine oder das andere. Wenn man essen will, soll man sich auf den Magen
konzentrieren und nicht auf die Füße. Und dieses Herumgehopse während
des Essens kann doch, weiß Gott, nicht gut für die Verdauung sein. Na,
wenigstens wird hier nicht so verrückt getanzt. Haben Sie die Zeitungen
gelesen? Die jungen Leute werden alle taub von dem gräßlichen Getöse
beim Rock and Roll. Hast du das gelesen, Bis? Die nächste Generation
wird taub.«
»Dann werde ich wohl am besten Hörgerätaktien kaufen.«
Nach der übermäßig mit Kirschen gefüllten Ente zog Keva mich
wieder auf die Tanzfläche. Diesmal schien sie sich noch enger an mich
zu schmiegen. Sie sagte kein Wort, sondern legte nur ihre Wange an die
meine, daß unsere Mundwinkel sich trafen, und bewegte ihren Körper an
meinem auf eine Art, die nichts mit der Musik zu tun hatte. Sie tanzte
nur einmal und führte mich dann abrupt an den Tisch zurück.
Zu meiner unvorstellbaren Freude machte sich Malla de Jong zum
Aufbruch bereit. »Das ist der Nachteil, wenn man in einem Vorort
wohnt«, sagte Bis.
»Der Nachteil eines Vorortes und eines zwölfjährigen Sohnes,
der immer noch einen Babysitter braucht. Ach diese Vororte! Es ist
wegen dem Jungen, sagt Bis, aber was ist mit mir? Es ist natürlich sehr
bequem mich auf dem Land festzunageln, während du in der Stadt ein
herrliches Leben führst.«
»Aber Malla, du weißt genau, ich nehme jeden Tag den 6.10
Uhr …«
»Die Vororte! Sie haben ja gar keine Ahnung, wie grauenhaft
diese Züge sind! Bis hat einen Wagen, aber ich weigere mich, mit ihm zu
fahren. Er lenkt den Wagen, als wäre es ein Molkereigaul, träumt und
hofft, daß er den Weg von selber findet. Ich habe ihm schon gesagt,
wenn er einen Chauffeur nimmt, werde ich wieder mit ihm fahren, sonst
nicht. Aber er besteht darauf, selber zu fahren. Man könnte fast
meinen, er will ohne mich fahren. Na ja, ich muß
mich beeilen. Der Bahnhof ist nur zwei Minuten von hier. Bis wird bis
elf Uhr als Anstandswauwau bei Ihnen bleiben. Es war sehr nett, Sie
kennenzulernen, Mr. Selwyn. Bis hat mir von Ihren Erzfunden in Italien
erzählt. Um welches Erz handelt es sich eigentlich?«
Ich erstarrte. Was für Erzfunde? »Hör mal, Malla, wenn du
jetzt nicht gehst, fährt dir der Zug noch weg«, mahnte Bis und erhob
sich schnell. Eilig stand ich ebenfalls auf und reichte Malla die Hand.
Bis brachte sie noch hinaus, um ihr ein Taxi herbeizuholen.
»Wissen Sie, was für ein Gefühl es ist, wenn den ganzen Tag
auf der Straße vor Ihrem Fenster gearbeitet und gebohrt wird, und dann
auf einmal hört es auf?« fragte Keva, und ich mußte lachen, weil sie
Malla als
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