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DER SCHAWINSKI CODE – Die Biografie von Roger Schawinski (German Edition)

DER SCHAWINSKI CODE – Die Biografie von Roger Schawinski (German Edition)

Titel: DER SCHAWINSKI CODE – Die Biografie von Roger Schawinski (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roy Spring
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sein eigenes Badezimmer hatte und Gabriella nicht wie ihre drei älteren Geschwister ins Internat nach Zuoz oder Fetan geschickt wurde, vermisste sie irgend etwas in ihrem Leben.

Im Chaos von Bombay gingen ihr die Augen auf. «Dieser Lärm, dieser Gestank! Und so viele Menschen auf einem Haufen!» Sofort erkannte sie: «Nicht alle sind so privilegiert wie ich!»
Mit offenen Armen wurde das Wohlstandskind im Ashram von Poona empfangen. «Alle waren so happy, und das Leben war unbeschwert!» erzählt Gabriella. Aus der ganzen Welt seien die Menschen zusammengeströmt, von allen Kulturen und Hautfarben. Und in den langen roten Gewändern habe es plötzlich keine Rolle mehr gespielt, was andere über einen denken. Niemand stellte hier Forderungen, jeder konnte sich selber sein und befreit von gesellschaftlichem Zwang in der Gemeinschaft aufgehen. «Für mich war der Bhagwan eine Chance, mich von meinem übermächtigen Vater zu lösen», sagt sie, «ich wechselte quasi von einem Patriarchen zum anderen.»
Weil die verwöhnte Neue vom Zürichberg den Leiterinnen des Ashrams noch etwas zu widerborstig vorkam, wurde sie erst einmal in die WC-Putzequipe gesteckt. In Gummistiefeln sei sie mit dem Schlauch durch knöcheltiefen Dreck gewatet, beschreibt Gabriella, das sei «ein total gutes und unheimlich befreiendes Erlebnis» gewesen. Jeden Morgen schrie sie sich schon um sechs Uhr beim «dynamischen Meditieren» das aufgestaute Elend von der Seele, und in gruppentherapeutischen Workshops tanzte sie bis zur Ekstase. So fand sie, wie vom Guru beabsichtigt, endlich zu innerem Frieden. «Ich lernte mich gehen zu lassen und Hemmungen zu verlieren», sagt sie.
Eingentlich wollte sie nur sechs Wochen in Poona bleiben. «Doch dann hat es mir den Ärmel hineingezogen, und ich bin einfach nicht mehr nach Hause gegangen.» Bei der Initiation drückte ihr der Erleuchtete seinen Daumen auf die Stirn und taufte sie auf den indischen Namen Ma Anand Gabriella: «Botschafterin der Glückseligkeit». In einem langen Gespräch habe er ausgeführt, woher sie komme und welches ihre göttliche Bestimmung sei auf dieser Welt. Sein Befund: Ma Anand Gabrialla besitzt die besondere Gabe, auf ihre Mitmenschen zuzugehen, damit diese auf ihrem Weg weiterkommen und Seelenfrieden erfahren.
Als Quittung erhielt sie die mala, eine Holzperlenkette mit 108 Kugeln und einem Porträt des graubärtigen Inders mit dem Wollmützchen. «Als Sannyasin bin ich richtig glücklich gewesen», gesteht Gabriella.
Trotzdem machten sich die Eltern grosse Sorgen. «Wir haben Dich lieb», schrieben sie nach Poona, «komm bitte bald heim!»

Bereits am Flughafen wäre sie am liebsten umgekehrt. Überall glänzten ihr die Schaufenster mit Uhren und Diamanten entgegen, riesige Plakate versuchten von den inneren Werten abzulenken. Dazu kam, dass ihr die Leute feindselige Blicke entgegenschleuderten, nur weil ihnen die roten Kleider und die Holzkette der Sannyasin nicht in den Kram passten.
Zürich hatte sich verändert in ihrer anderthalbjährigen Abwesenheit. Frustrierte Jugendliche stiegen auf die Barrikaden und beklagten den Zwang zur Norm und ein Gefühl von Enge, Kälte, Unwohnlichkeit. Ihre Demonstrationen gegen die erstarrte Bürgerlichkeit arteten in wilde Strassenschlachten aus. Sie schleuderten Pflastersteine, und die Polizei konterte mit Wasserwerfern und Tränengaskanonen. Für Gabriellas Argumente – dass sich Gewalt letztlich immer gegen einen selbst richte und Liebe nur aus Liebe entstehen könne – hatten ihre früheren Freunde nur Kopfschütteln übrig. Als kurz darauf eine junge Frau durch ein Gummigeschoss ein Auge verlor, verstand Ma Anand Gabriella diese Welt nicht mehr.
Die Erlösung war eine Einladung nach Oregon, wo der Bhagwan – nach seiner dramatischen Steuerflucht aus Indien – sein neues Weltzentrum Rajneeshpuram aufbaute. Ohne zu zögern kündigte sie ihr Pensum als Lehrerin und folgte dem Ruf des Gurus nach Übersee. Als einzige Frau liess sie sich in die Baukolonne einteilen, und obwohl sie täglich zehn Stunden und sieben Tage in der Woche an der Staumauer für das Trinkwasserreservoir auf dem 280 Quadratkilometer grossen Territorium arbeitete, genoss sie den challenge. Durch Überanstrengung und mangelnde Erfahrung seien schreckliche Arbeitsunfälle vorgekommen, und selbst im Winter hätten die Sannyasins in Zelten übernachtet.
Der Ashram stand jetzt unter dem Diktat der herrschsüchtigen Bhagwan-Vertrauten Ma Anand Sheela (die –

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