DER SCHAWINSKI CODE – Die Biografie von Roger Schawinski (German Edition)
so der Erleuchtete später in der Rajneesh Times – das Zentrum in Oregon gegen sein Wissen in ein «faschistisches Konzentrationslager» verwandelt habe). Der Guru selbst – unterdessen weltweit als Sektenführer in Verruf geraten –, redete kaum noch zu seinen Jüngern; lieber protzte er mit diamantbesetzten Rolex-Uhren und seiner immer umfangreicheren Rolls-Royce-Sammlung. Dadurch habe sich die Stimmung in der Kommune zusehends verschlechtert. «Die Magie war verschwunden», sagt Gabriella Sontheim, «der Bhagwan hatte seine Unschuld verloren.»
Jeglicher Widerstand wurde im Keim erstickt. «Don’t be negativ!» tönte es drohend, wer nicht spure, habe auf dem Ashram nichts mehr zu suchen. Als Ma Anand Gabriella sich weigerte, in San Francisco einen ihr völlig unbekannten Mann zu heiraten, wurde sie ebenfalls ausgestossen. Verzweifelt rief sie ihrer Schwester Carole an. Diese stieg ins nächste Flugzeug und überzeugte Gabriella, es sei das beste, nach Hause zu kommen.
Und wieder diente ihr Beruf als rettender Anker: Nachts um elf hatte sie in Meilen ihr Vorstellungsgespräch, und tags darauf stand sie als neue Lehrerin vor ihren Viertklässlern.
Es war kurze Zeit später, beim Weihnachtsessen der Schulgemeinde, als eine Dunkelhaarige auf sie zukam. «Gell, du bist eine Sannyasin», lächelte sie freundlich. Sie heisse Rachel, unterrichtete in der Nachbargemeinde und habe ebenfalls Workshops in Poona und Oregon besucht. Die Sympathie war gegenseitig, und so liess sie sich gerne ab und zu von der 36jährigen zum Mittagessen einladen.
Besonders ist ihr jener Mittwoch in Erinnerung, an dem Rachel wie ein Teenager herumtigerte und auf den Anruf eines Jugendfreundes wartete. «Niemand darf ans Telefon», habe sie ihre Kinder Sharon und Arik zurechtgewiesen, «jeden Moment ist Roger dran!»
Natürlich hatte Gabriella von diesem Roger Schawinski gehört. Doch die kühnen Taten dieses Tausendsassas berührten die Sinnsucherin Gabriella nicht im geringsten.
Ganz anders reagierte sie auf den amerikanischen Sannyasin Chinmayananda, einen Karatelehrer und ehemaligen Bodyguard des Bhagwan, als dieser völlig überraschend an ihre Tür klopfte. Sie heirateten im Juni 1987, und zusammen liessen sie sich in Santa Fe in New Mexico nieder. Da sich das wirkliche Leben von der heilen Welt im Ashram zu stark unterschied, trennten sie ihre Wege bereits nach acht Monaten. Mit Steve, ihrem neuen Lebenspartner, führte sie die World Arts Gallery, entwarf Kleider im Ethno-Look und Schmuck aus Silber und Muscheln und handelte mit Kunstgegenständen aus Asien.
Gabriella lebte glücklich und zufrieden – nicht ahnend, dass die Weltwirtschaftskrise anfangs der 90er Jahre ihre Liebes- und Lebensgrundlage zerstören sollte. Und erst recht nicht ahnend, welche Rolle sie später im Drama um Rachel und Roger spielen sollte.
Zwei Jahrzehnte liegen zwischen Radio 24 und Tele 24: Ist Roger Schawinski zu weit gegangen?
«So lange es gut lief, haben sich immer alle voll engagiert»
«Wenn du das machst, wird es sicher ganz super!» ermuntert Schawinski am Telefon seinen Gesprächspartner. «Also dann, bis am Mittwoch!»
Zufrieden lehnt er sich in den Bürostuhl zurück. Soeben hat Peter Rothenbühler, Chefredaktor der Schweizer Illustrierten, zugesagt, anlässlich des bevorstehenden hundertsten Sendetages von Tele 24 den Fernsehchef persönlich im Talktäglich in die Zange zu nehmen.
Hinter ihm hängen die gesammelte Zeitungsaushänge an der Wand: «Radio Schawinski kommt» – «Das ist das Ende von Radio 24!» – «Schawinski (mit Bart): Radio 24 kommt bald wieder» – «Radio 24 wieder im Äther» – «Riesen-Sympathie-Welle für Schawinski» – «Gipfel-Stürmer verteidigen Radio 24» – «Roger Schawinski tobt: Schluss mit Radio 24!» – «Radio 24 tot!» – «Radio 24 darf wieder senden!»
Roger Schawinski, welche Erinnerungen haben Sie an die Anfangszeiten von Radio 24?
Das Leben war eine permanente Ausnahmesituation. Vielleicht kann man sagen, es war wie im Krieg. In diesen Tagen war ich immer am Rande des Abgrundes. Dieses Gefühl der Unsicherheit hat mich bis heute geprägt: Dass jederzeit in der nächsten Sekunde alles kaputt gehen kann, dass irgend eine Hiobsbotschaft alles vernichtet.
Stand das Radioteam immer voll hinter ihnen?
So lange es gut lief, haben sich immer alle voll engagiert. Aber in heiklen Phasen habe ich schon gemerkt, dass sie nicht mehr voll an mich glaubten. Sie haben sich distanziert und
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