DER SCHAWINSKI CODE – Die Biografie von Roger Schawinski (German Edition)
sowieso nicht ins Team gepasst – das Durchschnittsalter der VJs beträgt kaum die Hälfte.
Dafür lief Schawinski Sturm, nachdem in der Sonntagszeitung vom 25. September der Artikel «Der doppelte Schawinski: mal knallhart, mal harmoniebedürftig» erschienen war. So beleidigt war er darüber, dass er beinahe den 7-Millionen-Deal zwischen Tele Züri und dem Tages-Anzeiger-Verlag hätte platzen lassen. Grund genug also, die Zeilen mit dem Titel noch einmal durchzulesen.
Und wirklich: Hier wird Schawinski als zwielichtige Figur beschrieben. Einerseits sei er «einer der unnachgiebigsten Verhandler und forderndsten Chefs im Land», andererseits gebe er sich «soft bis alternativ» und befinde sich «auf steter Suche nach Harmonie.» Als Multimillionär kämpfe er für Randgruppen und gegen das Establishment, und während er als Journalist gnadenlos Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens demontiere, goutiere er als Befragter «ausser Schmeicheleinheiten wenig».
Zu Wort kommen «ehemalige und aktuelle Mitarbeiter», die angeblich Schawinskis lockeren Umgang als «Scheindemokratie» bezeichneten. «Schon zu Tat-Zeiten, ebenso bei Radio 24, Bonus und seit kurzem auch bei Tele Züri konnte er seine Leute wie Zitronen auspressen und erwartete dafür auch noch geliebt zu werden», heisst es, «manche Beteiligten wundern sich mittlerweile selber, wie sie für solchen Einsatz zeigten.»
In einer erzwungenen Gegendarstellung verurteilte Schawinski die «Charakter-Diffamierung», die «ausschliesslich aus anonymen Unterstellungen» bestehe. Zudem erhielt er vom Ringier-Verlag Gelegenheit, seine verletzten Gefühle im Blick auszudrücken: «Ich bin schockiert. Erstens sind die wenigen Beispiele falsch. Zweitens verwirren mich der Zeitpunkt und die Motive dieser Demontage. Nur Tage zuvor hatte ich zugestimmt, den Tages Anzeiger aus seiner TV-Agonie zu befreien und nach Ringier als dritten Partner bei Tele Züri aufzunehmen. War dies nun das Eintrittsgeschenk von Sonntagszeitungs-Chef Kurt W. Zimmermann, dem ich ironischerweise vor Jahren genau diesen Job verschafft hatte?»
Als dritten und letzten Akt der Wiedergutmachung musste sich Tages-Anzeiger-Verleger Hans Heinrich Coninx an der Tele-Züri-Party vor versammelter Gesellschaft ausdrücklich für den Fauxpas entschuldigen – übrigens in Abwesenheit des ehemaligen Tat-Journalisten Kurt W. Zimmermann, den Schawinski «wütend von der Gästeliste gestrichen» hatte.
Bei aller Häme und Empörung hielt wenigstens sein bester Freund zu ihm: Hanspeter Bürgin. Zuletzt Wirtschaftschef bei der Sonntagszeitung, willigte er bei einem Essen im griechischen Restaurant Sirtaki ein, sein Glück als Programmleiter bei Tele Züri zu versuchen. Was sich im Himalaja bewährt, kann im Alltag nicht schiefgehen, dachten sie sich. Gemeinsam wollten sie – der euphorische Gipfelstürmer und der bedächtige Berggänger – journalistisches Neuland erkunden.
Von Anfang an war Bürgin vom Ehrgeiz beseelt, den neuen Sender mit seriöser Berichterstattung zu etablieren. Auch Themen, die vordergründig unspektakulär erscheinen, wollte er Platz einräumen. Doch in Anbetracht der knappen Mittel fühlte er sich in Interviews immer wieder bemüssigt, allzuhohe Erwartungen zu dämpfen: «Einen Rolls-Royce werden wir nicht produzieren», sagte er einmal und warnte davor, Tele Züri mit dem Schweizer Fernsehen «in irgend einer Form zu messen.»
In der kurzen Vorbereitungszeit blieb kaum Zeit zum Luftschnappen, geschweige denn zum Nachdenken. Um so stärker entluden sich die Emotionen unmittelbar nach dem Sendestart am 3. Oktober 1994. Doch als alle feierten, schlich Bürgin mit nachdenklicher Miene durch die langen Gänge.
«Jetzt ist es nicht mehr aufzuhalten», überlegte er, «und jeden Tag fängt alles von vorne an!» Irgendwie wurde er sein Gefühl nicht los, er sei hier im falschen Film.
Sein Unbehagen wuchs, als die Einschaltquoten weit hinter den Erwartungen zurückblieben. Immer hemmungsloser habe Schawinski auf heisse Storys gesetzt, erzählt Bürgin. Sex, Unfälle und Verbrechen seien in der Nachrichtensendungen immer weiter nach vorne gerutscht – und dann habe er «dieses unsägliche Züri Date» hereingedrückt, die Partnershow von Patricia Boser. «So etwas als Programmleiter verantworten zu müssen, machte mich halb krank!» Trotz allem habe er es sechs Wochen lang nie fertiggebracht, mit Roger offen über seine Gewissenskonflikte zu reden.
Dann kam dieser
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