DER SCHAWINSKI CODE – Die Biografie von Roger Schawinski (German Edition)
Ferne blickend; Schawinski mit einer Herde Yaks im Hintergrund; Schawinski in Siegerpose, mit braungebranntem Oberkörper und behaarter Brust…
Tatsächlich: Zurück in Zürich konnte ihn ein halbes Jahr später nichts und niemand mehr zurückhalten. Im Medienmagazin Persönlich beschrieb er sein Dilemma: «Ich bin verdammt dazu, ein Gründer zu sein. Instinktiv wusste ich es zwar schon immer, unzweifelhaft bestätigt wurde es mir an einem der vielen Workshops, die ich in Kalifornien besuchte, und der mich mit dem spannenden Titel Achieving High Performance angetörnt hatte: Höchstleistungen bringe ich nur, wenn ich vom ersten Gekritzel auf einem Fetzen Papier über das erste Mitarbeitergespräch und das erste, natürlich viel zu tiefe Budget etwas völlig Neues auf die Beine stelle.»
So durchzuckte es ihn an einem späten Novembermorgen: «Die Zeit ist reif für privates Fernsehen!» Alles sei innert Sekundenbruchteilen evident gewesen, plötzlich hätten sich in seinem Unterbewusstsein die Puzzleteile zu einem Ganzen gefügt:
• Mit der fünftägigen Zürivision – dem ersten privaten TV-Versuch im September 1984 – bewies Schawinski mit Hilfe des Verlegers Michael Ringier, dass werbefinanziertes Fernsehen ausserhalb der SRG denkbar ist;
• 1992 wurde TV-Werbung legalisiert, und Fachleute stellten einen riesigen Zuwachs bei den elektronischen Medien in Aussicht;
• Das Projekt Forum TV (Eden TV, Gummilinse, RTV, Sputnik und Taxi TV) zeigte auf dem Kabelkanal der Rediffusion, dass alternatives Fernsehen dank technischen Innovationen aus Japan immer billiger zu realisieren ist und beim Publikum erst noch auf Interesse stösst.
Kurz: Eine solche Chance konnte er sich nicht entgehen lassen! Gleich am Vormittag eilte er zu Hans Jürg «Fibo» Deutsch ins Pressehaus des Ringier-Verlags im Zürcher Seefeld, und nach fünf Minuten stiess zufällig Oberhaupt Michael Ringier dazu. «Hey Michael, ich mache privates Regionalfernsehen!» rief Schawinski.
«Prima!» entgegnete dieser spontan, «was soll’s denn kosten?»
«Weiss nicht, sieben Millionen oder so.»
«Okay, schick mir das Konzept!»
Hals über Kopf jettete Schawinski nach New York. Denn er hatte im Time Magazine einen Artikel über junge Videojournalisten bei der lokalen Fernsehstation NY 1 gelesen, die mit handlichen Kameras ausschwärmen und im Alleingang ganze Filmbeiträge realisierten. Kaum im Sherry Netherland eingecheckt, fiel ihm sein früherer Bonus-Mitarbeiter Domenico Blass ein, der in Manhattan eine Filmschule besuchte.
«Ich verrate dir etwas, was bis jetzt ausser mir genau drei Menschen auf dieser Welt wissen», sagte er zu ihm beim Nachtessen, «ich mache Fernsehen für Zürich!» Ein stündlich wiederholtes Programm mit News und eigener Talk-show – «so ähnlich wie bei Larry King auf CNN « – schwebe ihm vor.
«Nenn es doch gleich King Roger live!» schlug Blass vor.
Am nächsten Tag besichtigten sie NY 1, das Original. «Wir staunten wie zwei Buben im Spielzeugladen», schildert Blass. Schier umgehauen habe ihn Schawinskis Begeisterungsfähigkeit. «Der Typ ist um die fünfzig – und flippt aus wie ein kleines Kind!»
Mit einem Buddha im Gepäck – bei Sotheby’s ersteigert – landete Schawinski in Zürich-Kloten, und weise lächelnd präsentierte er kurz vor Weihnachten an der ersten Pressekonferenz von Tele Züri sein «TV-Baby», das genau neun Monate nach der geistigen Zeugung ins Scheinwerferlicht blinzeln sollte. «Schawinski spielt wieder Pionier», vermeldeten am 23. Dezember die Luzerner Neusten Nachrichten.
Innert vier Monaten stampfte Schawinski in der ehemaligen Steinfels-Seifenfabrik für 5 Millionen Franken eine TV-Factory aus dem Boden – und wieder einmal machte er sich auf die Suche nach jungen Hasardeuren, «die alles geben, um in der heissesten Pionierphase voll dabei zu sein».
Damit Tele Züri «nicht wie Onkel Karls Ferienvideo» daherkomme, liess er für 80’000 Dollar den amerikanischen «Video-Guru» Michael Rosenblum einfliegen, der 15 Greenhorns (sieben Frauen und acht Männer) in einer zweimonatigen Schnellbleiche zu sogenannten VJs ausbildete.
«Ich möchte kein Wiidschei sein», mokierte sich der SRG-Dokumentarfilmer Felix Karrer im Medienmagazin Klartext, «jeden Tag von allen Hunden gehetzt herumrennen, drei Berufe gleichzeitig ausüben und keinen davon richtig». Doch als 52jähriger hätte Karrer
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