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Der Schichtleiter

Titel: Der Schichtleiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Seinfried
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immer.
    „Lass uns gehen“, murre ich, weil ich so viel mütterliche Umsorgung nicht gut vertrage.
    „Hast du es eilig?“
    „Ja“, antworte ich, als ich den Kerl entdecke, wie er das Abteil sucht, in dem wir gesessen haben. Offenbar will er mir noch mal zum Abschied winken oder was auch immer. Gleich wird er aber sehen, dass ich auch ausgestiegen bin. Dann schaut er sich auf dem Bahnhof um und …
    „Was ist? Kennst du den jungen Mann?“, fragt meine Mutter.
    „Nein. Jetzt lass uns bitte gehen.“
    „Aber es ist noch so voll, du weißt doch, dass ich da schlecht die Treppen …“
    „Da hinten ist ein Aufzug!“ Aber bevor ich losgehen kann, trifft mich auch schon der suchende Blick meines unliebsamen Bekannten. Er sieht verwundert aus und ein wenig vorwurfsvoll, dann legt er wieder sein freches Grinsen auf. Was kann der nerven!
    Ich nehme meine Mutter am Arm und ziehe sie mit mir zu den Aufzügen.
    „Warum hetzt du denn so?“, fragt sie verwirrt.
    „Ja, warum hetzt du so?“, wiederholt eine mir inzwischen verhasste Stimme.
    Meine Mutter bleibt sofort stehen. „Ah, also kennst du diesen jungen Mann doch?“
    „Flüchtig“, gebe ich widerwillig zu. „Was gibt’s?“, frage ich den Kerl abweisend.
    „Ich wollte mich nur verabschieden. Wir haben uns so gut unterhalten auf der Fahrt, da dachte ich, dass es schade wäre, wenn wir einfach so auseinandergehen.“
    Innerlich koche ich. Aber ich weiß ganz genau, dass meine Mutter jeden Moment einspringen wird. Sie ist die Gastfreundschaft in Person. Also muss ich diplomatisch sein.
    „Ja, da hast du recht. Warte, ich gebe dir meine Handynummer, okay?“ Natürlich werde ich ihm eine falsche Nummer aufschreiben. Der Klassiker.
    „Ach, dein Name würde mir schon reichen, dann suche ich dich auf Facebook oder StudiVZ oder wo auch immer.“
    Gut, das war ein geschickter Schachzug, das muss ich anerkennen.
    „Du hast dich nicht vorgestellt?“, fragt meine Mutter irritiert.
    „Oh, das hätte er bestimmt, aber wir haben uns sofort in höchst interessante Gespräche vertieft, da ist das in Vergessenheit geraten.“ Der Kerl lacht und ich bewundere und hasse ihn zugleich für die Dreistigkeit. „Mein Name ist Benny Brulic.“ Er reicht mir die Hand. Die Rolle als Schwiegermutters Liebling hat er echt drauf.
    „Benny Brulic?“, wiederhole ich. „Der Name passt ja, wenn du Modedesigner werden willst. Wie heißt der eine Kerl noch gleich? Bruno Banani?“ Ich lächle übertrieben und wende mich an meine Mutter, um das Spiel ein wenig weiter zu treiben. „Benny macht nämlich auf Modeschöpfer, darum hat er es auch immer wahnsinnig eilig. Übrigens, ich habe heute einen Termin, wir sollten uns ebenfalls beeilen, Mam.“
    Dann wende ich mich wieder meinem persönlichen Banani-Kerl zu: „Gut, wir halten dich nicht länger auf, die Models warten. Ich wünsche dir …“
    „Schon wieder hast du deinen Namen vergessen“, unterbricht er mich mit einem zuckersüßen Lächeln.
    „Finn, was ist denn nur los mit dir?“, tadelt meine Mutter und mischt sich nun doch noch ein. „Mein Name ist Elke Falkner, ich bin Finns Mutter.“ Sie reicht dem Typ die Hand. „Wir fahren übrigens nach Umkirch, wo müssen Sie hin?“
    Ich sehe, wie er sofort schaltet und dann tatsächlich sagt: „Ich muss auch nach Umkirch, meine Tante wohnt da.“
    Mir wird schlecht.
    „Ach, was für ein Zufall!“, ruft meine Mutter überschwänglich. „Werden Sie abgeholt?“
    „Nein, ich fahre mit dem Taxi.“
    „Wenn das so ist, nehmen wir Sie gern mit.“
    Ich könnte auf der Stelle kotzen!
    „Aber nur, wenn es keine Umstände macht.“
    „Nein, gar nicht, wir wohnen ja da.“
    „Nicht mehr lange“, füge ich mürrisch hinzu.
    „Was ist denn mit dir los?“, fragt meine Mutter, weil sie nicht versteht, weshalb ich so unfreundlich bin. Wenn sie wüsste, dass dieser Benny Banani sich lediglich an mich heranmachen will, um sich sexuell abzureagieren …
    Ich antworte nicht und gehe einfach vor. Nur am Rande bekomme ich mit, wie B. B. meine Mutter über das Missverständnis aufklärt. Im Grunde studiert er nämlich BWL, für Mode interessiert er sich nur privat, aber auch nicht so sehr. Ich muss mich stark zusammenreißen. Aufhalten kann ich das Theater leider nicht mehr. Ich kenne meine Mutter. Die würde ein großes Drama veranstalten und ich bin mir ganz sicher, dass Benny Betty Boo sofort darauf einsteigen und alles noch viel schlimmer machen würde. Mann, ein echtes Arschloch,

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