Der Schichtleiter
allerdings nicht. Möglicherweise hätte Mam mit dem Wissen probiert, mich mit Bono Bumsmich zu verkuppeln.
„Finn …“
„Mam?“, unterbreche ich meine Mutter schnell. Ich halte die Augen noch immer geschlossen und versuche, möglichst ruhig zu atmen.
„Was?“, fragt sie und ich höre den alarmierten Ton in ihrer Stimme. „Er hat dich doch wohl nicht …“
„Nein!“, antworte ich ein wenig zu heftig. „Nein! Ich – ich kann schon auf mich aufpassen. Der Kerl war nur aufdringlich und ich will jetzt auch nicht mehr über ihn reden, okay?“
Ich sehe vor meinem geistigen Auge, dass es meiner Mutter schwerfällt, das Thema fallenzulassen.
„Ich möchte gern in den Semesterferien mit dir und Paps was besprechen. Es ist nichts Schlimmes, aber ich denke, wir sollten mal drüber reden.“ Jetzt sehe ich sie wieder an und versuche ein Lächeln, um ihr zu zeigen, dass es wirklich nichts Schlimmes ist.
Sie nickt. „Geht es um Geld?“
„Nein, Mom, ich komme schon auf euch zu, lass gut sein.“
Endlich fahren wir weiter.
7
Der Ernst des …
Das Wochenende hatte ich noch Schonfrist. Ein paar Freunde aus der Schule haben sich bei mir gemeldet, aber irgendwie ist dann doch nichts aus einem Treffen geworden. Also habe ich die Zeit mit meinen Unibüchern im Bett verbracht und mir die tausend löchernden Fragen meiner Eltern angehört. Manchmal kommt es mir so vor, als wäre ich zum ersten Mal von zu Hause weg gewesen. Na ja, Eltern halt. Den Mut, sie über mein Schwulsein aufzuklären, habe ich jedoch noch nicht gefunden. Erst mal kein Stress bitte. Und zu meiner Erleichterung hat sich Bodo Bollerbuchse nicht gemeldet. Das soll der sich auch mal trauen!
„Trödel nicht so rum“, knurrt mich mein Vater an. Wie immer sitzt er bereits vollkommen angezogen am Frühstückstisch, während ich noch in Shorts rumlaufe. „Wenn du um Viertel nach sieben nicht fertig bist, fahre ich ohne dich!“
„Alles klar“, beantworte ich gähnend die übliche Drohung. Verdammt, wie sehr ich mich schon auf die Spät- oder Nachtschicht freue! Früh aufstehen ist nicht mein Ding – erst recht nicht, wenn es keinen Sex gibt. Und heute habe ich mit meinem Vater das absolute Gegenteil von Sex vor mir. Als Jugendlicher hat man ja nicht viele andere Möglichkeiten, als sich zu Hause einen zu schrubben. Aber aus dem Alter bin ich wohl raus. So nah bei meinen Eltern scheinen alle Gedanken an Sex abgetötet zu werden.
„Ich muss nur noch schnell duschen …“ Ich verzichte auf meinen Kaffee und schlurfe wieder zur Treppe zurück. Ich weiß, dass mein Vater es ernst meint. In den letzten Semesterferien ist er tatsächlich mal ohne mich gefahren, weil er dachte, dass er sonst zu spät zur Arbeit kommen würde. Damit ich es dann noch rechtzeitig schaffen konnte, musste ich ein Taxi nehmen.
„Was? Jetzt duschen?“ Er schüttelt den Kopf. „Du wirst eh schmutzig und duschen kannst du in der Firma!“
„Aber meine Haare …“
„Die Jungs sehen alle nicht besser aus. Was glaubst du, wo wir arbeiten? Das ist keine – hier – wie heißt die – die komische Show? – Heidi Klum! – das ist Arbeit!“
Ich nicke nur und flüchte. Ich weiß, dass das fast alle Männer bei dem Chemieriesen so machen: Morgens aufstehen, wie man gerade halt aussieht, Bild -Zeitung und Brötchen kaufen am Kiosk und arbeiten. Am Ende stellen sie sich kurz unter die Dusche und fertig. Entsprechend merkwürdige Typen sieht man da – und die riechen teilweise auch weniger erfreulich. Aber ich will mich nicht beschweren, ich verdiene mit der Schichtarbeit in den Semesterferien mehr als genug. Und eigentlich hat Paps recht, warum sollte ich vorher duschen, wenn es kein anderes Schwein tut? Meinen Kopf halte ich aber trotzdem unters Wasser, weil ich zumindest nicht so zerpflückt aussehen will wie die anderen Heinis. Paps hat ja glücklicherweise fast Vollglatze, da ist das egal.
Zehn Minuten später sitze ich zerknautscht im Wagen und wir fahren schweigend zur Arbeit. Immer wieder fallen mir die Augen zu, weil ich bis in die Nacht ein Buch über Komparatistik gelesen habe.
„Du weißt ja, wo du hin musst“, sagt mein Vater und fährt auf den Parkplatz.
„Weiß ich. Soll ich in der Pause vorbeikommen?“
„Wenn du magst.“
„Gut.“
Er parkt den Wagen und ich mache mich auf den Weg zum Bürogebäude. Paps geht gleich in Richtung Werkstor. Ich muss mich erst noch in der Personalabteilung melden, um meinen Vertrag zu unterschreiben. In den
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