Der Schlangenmensch
Malowitz’
Idee.“
„Hast du sonst was gehört?“
wollte Gaby wissen.
„Allerdings. Drei Namen: Walter
Jeske. Ein gewisser Karpf in Birnbach — keine Ahnung, wer das ist. Und dann war
noch von Falkenstein in Neuettering die Rede. Ich meine, da kann sich’s doch
nur um den Schloßherrn handeln. Um den bekannten Grafen Hubert von
Falkenstein.“
„Ich glaube, mich tritt ein
Flußpferd“, sagte Klößchen. „Was haben diese Halunken mit dem Grafen zu tun?“
„Ich zitiere“, sagte Tarzan,
„was Malowitz durch das Geflecht seiner Zähne stieß: Die — Karpf und
Falkenstein — sollen einen schönen Sonntag haben. Wissen sollen sie, daß jetzt
einer da ist, der ihnen die Einbrüche macht. Ende des Zitats. Wie würdet ihr
das auslegen?“
„Ich glaube, jetzt tritt mich
das große Flußpferd“, rief Klößchen. „Vorhin hatte ich an das noch namenlose
kleine gedacht. Also... Ach, bitte, Karl, sag du erst mal, was du denkst.“
„Klarer Fall!“ Karl rückte an
seiner Brille. „Karpf und Falkenstein sind die Auftraggeber für Einbrüche.
Malowitz und Gerlich sind die Einbrecher.“
Gaby nickte. „Logisch.“
„Damit wissen wir bereits eine
Menge“, stellte Tarzan fest. „Was den Karpf in Birnbach betrifft, werden wir
nicht lange im trüben fischen. Birnbach ist ein Nest, und Detlef Becker ist von
dort. Der kennt Karpf bestimmt.“
Detlef Becker war
Klassenkamerad, Birnbach ein nahegelegenes Bauerndorf östlich der Stadt.
Berühmtheit hatte das Dorf durch seine Wallfahrtskirche erlangt. Der Birnbacher
Altar galt als abendländisches Kunstwerk, und die Kirche enthielt eine Sammlung
mittelalterlicher, sehr kostbarer Heiligenfiguren.
„Wir müssen zweigleisig
vorgehen“, sagte Tarzan. „Zum einen überprüfen wir die drei Auftraggeber, damit
wir uns von denen ein genaues Bild machen können. Zum andern bleiben wir den
beiden Halunken auf den Fersen. Und sobald die nächtlich Betriebsamkeit zeigen,
greifen wir zu.“
„Das hört sich sehr einfach
an“, meinte Karl. „Aber wir könnten unser blaues Wunder erleben. Immerhin stehen
zwei ausgebuffte Verbrecher vor uns — und drei Auftraggeber, die sicherlich
nicht von Pappe sind. Wirklich ein Jammer, daß wir Gabys Vater nicht... aber,
nein! Versprochen ist versprochen.“
Klößchen, den die eingebildeten
Flußpferdtritte nicht allzusehr mitgenommen hatten, nickte.
„Zu einer ehrenwörtlichen und
eidesstattlichen Versicherung muß man stehen. Aber wir...“
„Mal Ruhe!“ gebot Tarzan.
Er schob den Kopf um die Ecke.
Ihm war, als hätte im Garten
ein Luchs geschnurrt. Doch was da schnurrte, war ein prächtiges Automobil, das
sänftenweich an den Gärten vorbeiglitt.
Es hielt hinter dem
buntscheckigen Kombi.
„Ein stahlblauer Rolls-Royce“,
sagte Tarzan. „Die Gauner kriegen Besuch. Sieht mir sehr danach aus, als käme
einer der Auftraggeber.“
Alle lugten um die Ecke.
Um das Gruppenbild nicht
verräterisch in die Breite zu ziehen, blieben alle Köpfe dicht an der Ecke der
Laube. Tarzan, der Größte, behielt den Kopf oben. Unter seinem Kinn spähte Karl
durch — jetzt blitzsaubere — Brillengläser. Gaby stand gebückt und stützte sich
auf Klößchens Schultern. Der hatte — auf allen Vieren — eine Haltung angenommen
wie vorhin das kleine Nilpferd, als es an Land stieg.
„Seht euch die Autos an“, sagte
Karl. „So ein Unterschied.“
„Ich wette, der Kombi schämt
sich“, meinte Klößchen. „Er ist nicht mal gewaschen.“
„Das bist du manchmal auch
nicht“, lachte Tarzan. „Aber du hast wenigstens keine blaue Hecktür.“
„Noch eine Beleidigung“,
knurrte Klößchen, „und ich beiße dich in die Wade.“
In unveränderter Formation ( Aufstellung) — was sehr an die Bremer Stadtmusikanten erinnerte — beobachteten sie, wie der
Rolls-Royce-Fahrer ausstieg.
„Uiiih!“ flüsterte Gaby. „Das
ist mein Typ.“
Klößchen bebte vor lautlosem
Lachen. Gaby fühlte sich ihrer Stütze beraubt.
„Wackel nicht so!“ mahnte sie.
Der Rolls-Royce-Fahrer gab der
Autotür einen neckischen Stoß, worauf sie zufiel — lautlos, natürlich. Er
drehte sich einmal um sich selbst — in Zeitlupe — , um die Gegend zu
betrachten. Er zupfte an seinem himmelblauen Jackett, das ihm sicherlich von
einem erstklassigen Herrenausstatter maßgeschneidert war. Doch bei dem Speck,
den der Mensch auf den Rippen trug, konnte der beste Schneider keine schlanke
Linie vortäuschen.
Aus der Brusttasche hing ein
kanariengelbes
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