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Der Schlangenmensch

Der Schlangenmensch

Titel: Der Schlangenmensch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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an. Wir vereinbaren den nächstmöglichen Termin.
Gestern wäre am besten, aber sofort gerade noch.“
    „Typisch!“ Gaby lachte und
strich ihre goldblonde Mähne hinter die Ohren zurück. „Dann also los, ihr
Reporter vom SCHLÜSSELLOCH!“

12. Vielleicht schon heute nacht.
     
    Allerdings — was das
SCHLÜSSELLOCH betraf, kamen ihnen berechtigterweise Bedenken.
    Sie einigten sich auf die
unverfängliche Bezeichnung ,Schülerzeitung’.
    Während der Freistunde
stiefelten sie zur sogenannten Besenkammer, wie die Telefonzelle im Flur des Haupthauses
genannt wurde. Es war früher tatsächlich eine Besenkammer gewesen.
    Zu viert quetschten sie sich
hinein.
    Karl blätterte im Telefonbuch,
fand Jeskes Rufnummer und las sie vor, während Tarzan wählte.

    Es läutete einige Male. Dann
wurde abgehoben.
    „Waaalter Jessske“, meldete er
sich.
    Seine Stimme klang so geziert
wie gestern, als er die kleinen ägyptischen Götter vergessen hatte.
    „Guten Tag, Herr Jeske“, sagte
Tarzan. „Hier ist die Chefredaktion der Internats-Schülerzeitung. Einen
Augenblick bitte! Ich übergebe an unsere Mitarbeiterin.“
    Grinsend reichte er Gaby den
Hörer.
    „Gaby Glöckner“, sagte sie, und
das klang wie Geläut. „Ich wende mich mit einer Bitte an Sie, Herr Jeske. Wie
ich hörte, zählt man Sie zu den bedeutendsten Sammlern und Kennern ägyptischer
Kunstwerke. Und gerade darüber wollen wir in einer unserer nächsten Ausgaben
eine umfangreiche Reportage veröffentlichen. Wären Sie zu einem Interview
bereit?“
    „Aber immer, mein Fräulein“,
säuselte er. „Altägyptische Kunst! Meine Leidenschaft! Eine Welt, die es leider
nicht mehr gibt. Wie entzückend, daß junge Menschen sich damit beschäftigen.
Werde ich namentlich erwähnt?“
    „Aber selbstverständlich. Wann
darf ich kommen?“
    „Verfügen Sie über meine Zeit!“
    „Heute nachmittag um 15 Uhr.“
    „Gern, Fräulein Glöckner. Ich
werde meine Kennerschaft vor Ihnen ausbreiten.“
    Gaby bedankte sich und hängte
auf.
    „Das ging ja wie geschmiert,
Fräulein Glöckner!“ Klößchen grinste. „Der Trick mit der Chefredaktion klappt.“
Auf dieselbe Weise wählten sie den streitbaren Otto’ an. „Karpf!“ hatte er in
den Hörer gebellt, bevor Tarzan seinen Spruch losließ und — an ,unseren
Mitarbeiter’ übergab.
    „Karl Vierstein“, meldete sich
Karl. „Guten Tag, Herr Karpf. Deglupta maena, plenior ceti ulpicique es quam
Romani remiges.“
    Für einen Moment war Stille in
der Leitung.
    Doch dann ratterte ein
Gelächter durch die Leitung, daß das Trommelfell Falten schlug.
    „Du abgehäutete Sardine“,
röhrte Karpfs Stimme, „stinkst stärker nach Knoblauch und Zwiebeln als die
römischen Matrosen. Hähähäh! Ein Kollege, na endlich mal! Auch Sie ein
Aggressionsforscher, wie? Und auch Sammler von Schmähungen?“
    „Das nicht gerade. Aber mich
fasziniert (fesselt ) dieses Gebiet. Deshalb möchte ich darüber
schreiben. Aber der Fachmann sind Sie. Darf ich Sie interviewen?“
    „Wann?“
    „Am liebsten noch heute.“
    „Geht klar.“
    „Um 15 Uhr?“
    „Da bin ich zu Hause.“
    „Wir kommen zu zweit“, sagte
Karl noch.
    Aber der ,streitbare Otto’
hatte schon aufgelegt.
    „Ja, um Himmels willen!“ rief Klößchen.
„Ich bin zwar der lateinischen Sprache unkundig. Aber ich gehe wohl richtig in
der Annahme, daß dein Zitat von der zerlumpten Mähne...“
    „Deglupta maena“, verbesserte
Karl.
    „Auch gut. …daß das also
lateinisch war?“
    „Das war’s“, erklärte Karl.
„Und es handelt sich um ein bekanntes Schimpfzitat aus der römischen
Kaiserzeit.“
    „War Klasse, wie du das
angebracht hast“, sagte Tarzan. „Das schlug gleich eine Brücke. Wer weiß, wie
Karpf sonst reagiert hätte. Scheint ein grober Hund zu sein.“
    „Grrrrhhh!“ machte Klößchen.
„Der soll sich nicht einbilden, daß er seine Schimpfworte bei uns mißbräuchlich
anwenden kann.“
    Sie riefen in Neuettering an,
nachdem sie den Anschluß des Grafen Falkenstein herausgesucht hatten.
    Neuettering war ein etwas
größeres Dorf. Es lag ungefähr eine halbe Fahrradstunde — nach Tarzans Tempo
berechnet — von der Schule entfernt in südlicher Richtung.
    Jetzt spielte Karl den
Chefredakteur.
    „Schloßverwaltung Falkenstein“,
näselte eine vornehme Stimme.
    „Chefredaktion der
Internats-Schülerzeitung“, behauptete Karl. „Könnte ich, bitte, Graf
Falkenstein sprechen?“
    „Bin selbst am Apparat“,
näselte er

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