Der schlaue Pate
Positionsmelder von den Wagen, fuhren nach Melsungen, brachen in die Häuser der Kaisers und Achims ein, Ollie baute die Wanzen wieder aus. Sie beeilten sich, denn Prinz und Ollie mussten so schnell wie möglich ins Gericht, wo sie als Zeugen benannt waren.
Als Desirée neben Ingrid Platz nahm, saß die Nebenklage bereits an der Anklagebank. Die Anwältin flüsterte auf Jürgen Kaiser ein.
Die beiden Staatsanwälte aus Frankfurt betraten den Saal. Die Frau, Melanie Goldmann, ging vor Jürgen und Sophie Kaiser in die Hocke und flüsterte ebenfalls auf sie ein. Der Mann, Reinhard Krieg, legte seine Robe an, setzte sich und blickte ins Leere. Er hatte einen stoischen Gesichtsausdruck aufgesetzt, wie jemand, der sich ins Unvermeidliche schickt.
Melanie Goldmann erhob sich, legte ebenfalls ihre Robe an, setzte sich.
Sie stapelten keine Akten vor sich auf dem Tisch.
Der blinde Protokollführer nahm Platz.
Die Pressebank vor der ersten Reihe war wieder voll besetzt. Die Reporter wisperten miteinander. Desirée beugte sich vor, konnte aber nichts verstehen.
Andreas betrat den Saal, gefolgt von Björn Spohr mit dem Rollkoffer. Er wollte zum Händeschütteln rüber zur Anklagebank, bemerkte die Gesichter der Staatsanwälte, die fehlenden Akten, stoppte mitten im Schritt, nickte ihnen nur kurz zu. Beide erwiderten das Nicken ausdruckslos. Andreas wandte sich um, um ein breites Grinsen zu verbergen. Spohr tat mit gesenktem Kopf so, als wühlte er in dem Rollkoffer. Als er sein Gesicht wieder unter Kontrolle hatte, sah er Andreas fragend an. Andreas nickte. Spohr holte die Akten heraus.
Die drei Gutachter kamen. Diesmal keine angeregte Unterhaltung. Professor Rind wirkte recht gut gelaunt, der Psychiater ließ ein wenig den Kopf hängen, der Rechtsmediziner zeigte eine höflich-unergründliche Bestattermiene.
Baginski wurde in den Saal geführt, schüttelte Hände mit Andreas und Spohr. Andreas sagte etwas zu ihm. Baginski drehte dem Publikum den Rücken zu und senkte den Kopf. Als er sich setzte, war in seinem Gesicht nichts mehr zu lesen. Sophie lächelte ihm zu. Er erwiderte das Lächeln nicht.
Nach dem Gong um Punkt neun kam das Gericht herein, Aufstehen, Hinsetzen, die Vorsitzende erklärte mit diversen Paragrafen, dass nach Aussetzung fortgesetzt werde, und fragte die Anklage, was ihre Erkundigung ergeben habe.
Reinhard Krieg erhob sich. »Die Unterschrift des Angeklagten auf dem Vertrag ist echt und wurde nicht hineinkopiert. Die Zeugin Agnes Behrens sagte in der Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft aus, dass sie am Freitag, dem 16. Dezember letzten Jahres, von dem Zeugen Marcus Aurelius von Loquai Hinweise auf ein geplantes Verbrechen erhalten habe, die zur Festnahme und Verhaftung von vierunddreißig Personen, Anklageerhebung gegen fünfzehn dieser Personen führten. Die Zeugin Behrens habe bei verschiedenen Anträgen zu richterlichen Genehmigungen die Unterschrift des Angeklagten abgepaust. Ein Schriftsachverständigengutachten bestätigt diese Aussage. Der Zeuge Marcus Aurelius von Loquai bestätigte alles in seiner Aussage ebenfalls. Er sagte weiter aus, er habe den in U-Haft befindlichen Igor Kapp, der bei jener Gelegenheit verhaftet wurde, in der Justizvollzugsanstalt besucht, ihm mitgeteilt, dass die Unterschrift des Angeklagten abgepaust sei, und ihn gebeten, diese Mitteilung einer in einer kriminellen Vereinigung über Igor Kapp stehenden Person zukommen zu lassen, deren Identität nicht zu ermitteln ist. Igor Kapp verweigert die Aussage. Der im Vertrag genannte Schweizer Rechtsanwalt Beat Rominger erklärte sich bereit, sich am Donnerstag, dem 26. April, in Zürich mit der Staatsanwaltschaft zu treffen. Es war keine formale Vernehmung, er erklärte, gegen einen Vorführungsbefehl vor diesem Gericht Beschwerde einlegen und deutschen Boden nicht betreten zu wollen. Herr Rominger erklärte, nur einen einzigen Mandanten zu haben, bei dem es sich wiederum um eine Moskauer Anwaltskanzlei handeln soll. Er war nicht bereit, Name und Adresse dieser Kanzlei mitzuteilen. Herr Rominger bestätigt voll und ganz die Aussage des Angeklagten. Weiter berichtete er, er habe aus Moskau Anweisung erhalten, den anonymen Brief an den Zeugen Volker Schnell zu schicken. Es ist daher davon auszugehen, dass die Mutmaßungen der Verteidigung erheblichen Wahrheitsgehalt besitzen. Des Weiteren sprechen das Gutachten des Sachverständigen Professor Dr. Erwin C. Rind sowie die Aussagen der Zeugen Sophie Kaiser und
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