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Der schlaue Pate

Der schlaue Pate

Titel: Der schlaue Pate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Schnell
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gelangweilte Kellnerin, vielleicht Ricarda. Das Wetter war immer noch frühlingshaft schön, also setzten sie sich an einen der Tische draußen in der recht belebten Fußgängerzone. Beide bestellten Bier, klappten Laptops vor sich auf und taten so, als würden sie eine Boxmatinee im nahen Bad Wildungen vorbereiten, die dort tatsächlich im Herbst stattfinden würde, worüber sie sich angeregt unterhielten.
    Desirée und Ingrid saßen in Ingrids Ford Mondeo, der zwei Häuser von Achim Wiederechts Haus entfernt auf der anderen Straßenseite stand. Er wohnte ebenfalls etwa zehn Fußminuten von seiner Arbeitsstelle entfernt.
    Prinz und Ollie saßen in Ollies altem Peugeot, der zwischen lauter anderen Wagen geparkt war, und hatten das Gebäude im Blick, in dem auch das Bauamt untergebracht war. Beide hatten ihre .22er dabei. Auf dem Rücksitz saß eine reichlich nervöse Anja, die noch freihatte.
    »Wahrscheinlich passiert gar nichts«, hatte Ollie ihr versichert. »Als Paar sind wir einfach unauffälliger.«
    Wie sich herausstellte, hatten Melsungens Beamte und Angestellte erst um halb fünf Feierabend.
    Sechzehn Leute kamen in kurzen Abständen aus dem Gebäude, gingen in kleinen Grüppchen schwatzend zu den Parkplätzen, stiegen in Wagen und fuhren weg.
    Fünf Minuten später kam noch einer, der als Einziger zu Fuß die lange Straße entlangschlenderte.
    »Das ist er«, sagte Ollie und machte Fotos. Achim Wiederecht war ein eher kleiner Mann mit dürren Beinen und Armen, der allerdings eine enorme Köze vor sich herschob. Graue kurze Locken, Durchschnittsgesicht, Stoffhose und Jackett, aber kein Schlips, offener Kragen.
    »Jetzt wissen wir, warum er keine neue Freundin hat«, kommentierte Prinz.
    »Auf den würde keine Frau einen zweiten Blick werfen«, stimmte Anja zu.
    Als Achim gut hundert Meter entfernt war, stiegen Ollie und Anja aus und schlenderten hinterher. Es gab keine anderen Fußgänger, nur selten fuhr ein Auto vorbei. Achim spazierte an dem Schießstand vorbei, ohne den Kopf in Erichs Richtung zu drehen oder sich umzusehen.
    Kurz nach dem Arbeitsamt bog er plötzlich rechts ab. Damit hatte nach Studium des Stadtplans niemand gerechnet. Da war doch nichts außer Gewerbebetrieben. Er hätte geradeaus gehen sollen bis zur Hauptstraße, dann erst nach rechts und entweder weiter nach Hause oder wieder links ins Zentrum. Ollie und Anja fassten sich an den Händen und sprinteten los. Erich schwang sich auf sein Motorrad.
    Prinz stieg aus, bevor Ollie und Anja aus seinem Blickfeld verschwanden, und rannte hinterher.
    Erich raste aus der Zufahrt zu dem Schießstand und an ihm vorbei.
    »Wir haben ihn«, keuchte Ollie in das Mikro. »Er spaziert über eine Brücke in eine Art Grünanlage.«
    Erich bremste dort, wo Achim abgebogen war. Prinz rannte an ihm vorbei und bedeutete ihm, erst mal zu warten. Vor sich sah er Ollie und Anja, die immer noch Hand in Hand über eine kleine Brücke neben dem schmucklosen Gebäude des örtlichen Fußballvereins liefen. Achim entdeckte er nirgends und lief hinterher.
    Die Fulda bildete hier einen schmalen Seitenarm, wodurch eine lang gezogene Insel entstand, nur Rasen mit einigen Sportstätten. Auf der anderen Seite zog sich das noble Viertel den Hügel hoch, in dem die Familie der Richterin Schäfer wohnte und früher die Kaisers ihr Haus gehabt hatten.
    Achim spazierte gerade über die längere Brücke über den Hauptarm des Flusses. Ollie und Anja hatten gefährlich dicht aufgeschlossen, noch immer gab es keine anderen Fußgänger, doch Achim schien völlig sorglos, drehte sich kein einziges Mal um.
    Gleich nach der Brücke bog er links in eine schmale Straße, die parallel zum Fluss unter der Hauptstraße hindurchführte, an der örtlichen Polizeistation vorbei. Dann war er plötzlich wieder nach rechts verschwunden, Ollie und Anja sowie Prinz hinter ihnen begannen den nächsten Sprint.
    Zum Glück standen gerade keine Polizisten vor der Polizeistation. Diese verfluchten verwinkelten Kleinstädte, dachte Prinz. Auf der Karte hatte alles ganz einfach ausgesehen. Er hätte mehr Leute im Einsatz haben müssen.
    Ollie und Anja erwischten Achim gerade noch, wie er den nächsten Haken nach rechts schlug, um nach wenigen Metern vor dem Schloss, in dem das Amtsgericht war, eine spitze Kehre nach links zu machen. In die Fußgängerzone, die er gemütlich hinunterschritt, ohne sich umzusehen.
    Endlich Menschen. Als Prinz um die Ecke bog, sah er Ollie und Anja nur wenige Meter hinter

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