Der schlaue Pate
der Spedition. Die Fahrer verbrachten immer einige Zeit in dem Bürogebäude, stiegen dann in einen privaten Pkw und fuhren weg.
Als es gegen zweiundzwanzig Uhr langsam ruhiger wurde, kamen sie, beide hintereinander, beide mit einem schwarzen SUV im Schlepptau, in dem ein paar von Igors bewaffneten Aufpassern saßen. Desirée und Niki zappelten vor Aufregung. Prinz kommentierte mit seinem üblichen unaufgeregten »Na bitte«.
Die Aufpasser eskortierten sie bis zum Tor, fuhren dann weg, mutmaßlich zum Kalinka. Eine Viertelstunde später ging im Bürogebäude das Licht aus, und Ruhe kehrte ein.
Desirée und Niki ruhten die Augen aus.
Es begann um Viertel vor eins am Sonntagmorgen und ging dann ganz schnell. Drei zivile und zwei Polizeiwagen sowie ein Mannschaftswagen fuhren vor, den Wachleuten wurde der Durchsuchungsbeschluss unter die Nase gehalten. Beide Lkws wurden beschlagnahmt und von Polizisten weggefahren. Das endlose Heraustragen von Aktenbergen und Computern aus dem Bürogebäude taten Desirée und Niki sich nur eine Viertelstunde an.
Prinz und Ollie standen auf der Wiese hinter dem Landesstudio des Hessischen Rundfunks unter ein paar Bäumen im Dauerregen direkt an einer Ecke des Zauns, ein paar Meter westlich des Sendemasts. Einlass hatte ein ihnen seit jenem Fall vor anderthalb Jahren bekannter Redakteur gewährt. Sie trugen dicke dunkle Winterjacken aus einem wasserabweisenden Material mit Kapuzen, dicke Sporthandschuhe und Stiefel. Abwechselnd setzten sie Nachtsichtgeräte an die Augen. Hinter dem Zaun war linker Hand eine Wiese, auf der ein paar Pferde im Stehen schliefen, direkt vor ihnen war ein schmales Waldstück mit dürren Bäumen, durch das sich ein paar Trampelpfade zogen. Durch die kahlen Äste hatten sie einen passablen Blick auf den Garten und den Hintereingang des schönen, den übrigen Häusern etwas vorgelagerten Fachwerkhauses, in dem das Restaurant Kalinka war.
Kassel-Bad Wilhelmshöhe, kurz vor Beginn der Parkanlagen. Hinter der Orthopädischen Klinik, dem Landesstudio, der Kurhessen Therme, mit mehreren tausend Besuchern täglich und entsprechendem Parkplatzangebot, und der Habichtswald-Klinik, wo Ayurveda und solches Zeug praktiziert wurde, alle umgeben von viel Grün – jetzt natürlich grau und braun –, lag ein stilles Viertel mit weiteren medizinischen Einrichtungen und herrschaftlichen Häusern. Wenn man nicht die vier großen Anlagen umfahren wollte, war es nur über eine schmale Brücke erreichbar. Von der Straße gingen schmale Stichstraßen ab, einige nicht mal mit Namen, an denen noch ein paar Häuser lagen. Das Restaurant Kalinka lag am letzten dieser namenlosen Sträßchen, am Rand des Waldstücks. Der Vordereingang war wegen hoher Tannen nur aus den höchsten Fenstern des benachbarten Hauses einsehbar. Es gab ausreichend Parkplätze, aber dort säße man in der Falle.
Nachdem Prinz und Ollie noch bei Tageslicht in Ollies unauffälligem Peugeot einige Runden gedreht hatten, wusste Prinz, wie er es deichseln würde, eine ganze Truppe Männer ins Kalinka zu schaffen, ohne dass die Wagen auffielen und sie gesehen werden konnten. Und wie der Fluchtweg aussehen würde.
Über den Polizeifunk bekamen sie mit, was die Staatsgewalt unternahm. Prinz registrierte anerkennend, dass man für den Fall, dass Igor irgendwo jemanden sitzen hatte, der den Polizeifunk abhörte, eine andere Frequenz und als Code eine Taxizentrale gewählt hatte.
Die Kurhessen Therme schloss samstags erst um Mitternacht. Erichs Motorrad stand unter mehreren Rollern vorm Haupteingang, er selbst lümmelte drinnen in einem Sessel hinter einer Glaswand im Dunkeln. Jörg und Dirk saßen in Ingrids privatem Ford Mondeo unter anderen geparkten Wagen, die Brücke im Blick.
Die Beobachter der Polizei mussten in den Gärten der Nachbargrundstücke stecken, oben am Fenster des benachbarten Hauses, in dem Gebäude gegenüber dem Abzweig der Stichstraße, auf dem Gelände der Kurhessen Therme.
Am frühen Abend meldete der Polizeifunk, dass fünf Kleinbusse vorfuhren, denen die Nutten entstiegen, die Boris Tews fröhlich, aber schnell hereinwinkte, worauf die Kleinbusse wieder verschwanden. Sonst parkten keine Wagen vor dem Haus.
Erich meldete kurz nach acht, dass ein unauffälliger Wagen mitten unter viele andere Autos auf den Parkplatz der Kurhessen Therme gestellt wurde, ohne dass jemand ausstieg. Sekunden später kam die gleiche Nachricht über Polizeifunk. Nach etwa dreißig Sekunden stieg ein
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