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Der schlaue Pate

Der schlaue Pate

Titel: Der schlaue Pate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Schnell
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Genesungswünsche. Dennoch ist das für die Lebensqualität so wichtige Gefühl, sicher in dieser Stadt zu leben, tief erschüttert. Den Ermittlungsbehörden ist zu raten, so schnell wie möglich und so gnadenlos wie machbar die Straftäter und ihre Komplizen vor Gericht und hinter Gitter zu bringen. ([email protected])
    Bis Silvester hatte sich weiter nichts ereignet, und die Öffentlichkeit hatte sich längst wieder anderen Themen zugewandt. Prinz hatte noch kein Rauchzeichen von Igors Oberboss empfangen, was ihn leicht beunruhigte.
    Die meisten der kleineren Lichter unter den Festgenommenen würden vermutlich bald wieder rauskommen, je nach Geschick ihrer Anwälte. So war das immer. Meist fanden Polizei und Staatsanwaltschaft einfach keine wirklich harten Beweise für schwerere Straftaten, stellten Ermittlungen ein und konzentrierten sich auf die wenigen, gegen die sie wirklich was in der Hand hatten. Aber alle hatten garantiert gelernt, dass man sich mit Prinz besser nicht anlegte.
    Die ganze Truppe feierte ausgelassen im fast leer geräumten Salon, nachdem sie im Esszimmer nebenan ein von Ingrid kreiertes Menü verzehrt hatten, bei dessen Zubereitung sie von einer lernbegierigen Desirée und wie üblich von Anja und Andreas unterstützt worden war. Es gab Joghurtterrine mit Meerrettichschaum, Muschelgratin an Feldsalat, Senf-Kaninchen mit Salbei-Polenta und Spekulatius-Mousse an warmer Preiselbeersoße.
    Nach dem Espresso gab Ollie mit Vergnügen den   DJ . Desirée hopste mit Niki herum, und Prinz, an sich kein Tänzer, ließ sich dankbar von einer in solchen Dingen offenbar erfahrenen Katharina Tews führen – die übrigens zurzeit bei ihm wohnte und mindestens zweimal täglich duschte. Pit hatte für sich selbst sowie für Jörg und Dirk drei der Mädchen kommen lassen, die noch auf der Gehaltsliste standen. Andreas erwies sich wie so manch parkettsicherer Schwuler als ausgezeichneter Tänzer und glitt abwechselnd mit allen Damen, sogar mit Erichs etwas sauertöpfischer Frau, über die Dielen, bewundernd beobachtet von dem ein bisschen dem jungen David Bowie ähnelnden Bengel, den er dabeihatte und der meist schüchtern in einer Ecke stand.
    Dann bekam Andreas einen Anruf, wurde blass und stürzte hinaus, ohne jemandem zu verraten, worum es ging. »Schweigepflicht«, stieß er nur hervor und rannte zu seinem Porsche, obwohl er ganz sicher nicht mehr fahren durfte.
    Ingrids augenblicklicher Verehrer, ein bestimmt zwanzig Jahre jüngerer schmächtiger Algerier namens Samir, der Kurse in französischer Konversation an der Volkshochschule gab – Ingrid besuchte gern Kurse für alles Mögliche und lernte dabei die unterschiedlichsten Männer kennen –, war auch kein Tänzer, aber Erich, der bis dahin nur mit seiner Frau getanzt hatte, wirbelte sie nach ihrer Aufforderung gekonnt durch die Luft, und verblüfft über sich selbst quiekte sie mehrmals wie ein junges Mädchen. Sie hatte diesen Riesen mit dem grauen Zopf für nicht im mindesten attraktiv gehalten, aber mit kurzen Blicken zu ihrem Verehrer, der plötzlich ein leeres Gesicht bekam, und zu Erichs Frau, die immer finsterer guckte, fragte sie sich plötzlich, ob sie heute Nacht nicht mal was ganz Schräges probieren sollte.
    Auf jeden Fall würde in verschiedenen Zimmern des Guts Holdorf in den Morgenstunden eifrig dem Geschlechtstrieb gehuldigt werden. Samir könnte doch mit Erichs Frau … (nein, entschied sie nach einem weiteren verstohlenen Blick) … oder mit Anja, und für Ollie könnte Pit noch ein Mädchen … aber für so etwas waren Ollie und Anja wohl zu konventionell … also das Mädchen für Samir … aber was sollte mit Andreas’ Bowie-Verschnitt passieren, wenn der nicht wiederkam? Erichs Frau jedenfalls war ein ganz unlösbares Problem … Ach nein, alles viel zu kompliziert …
    Um zwölf zündete Ollie draußen das vorbereitete Feuerwerk an; nach einer Viertelstunde ging der Tanz weiter.
    Andreas platzte kurz vor eins wieder herein und wedelte mit beiden Händen hektisch Ollie zu, der die Musik abstellte. Alle umringten ihn.
    »Ich habe einen neuen Mandanten, und ihr habt einen neuen Fall«, verkündete er theatralisch. »Der Leitende Oberstaatsanwalt Ewald Baginski ist wegen Mordes festgenommen worden.«

10.
    An einem der zu milden, aber stürmischen Tage Anfang Januar …
    … versammelte sich der Kern des Teams morgens um zehn zu einer ersten Besprechung in der Anwaltskanzlei Viehmann & Viehmann, die das Erdgeschoss und den ersten

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