Der Schluessel zum Glueck
nicht. Es war schön hier oben, im Kerzenschein. Und der Sturm schien sich ein wenig gelegt zu haben. Der Wind heulte nicht mehr und rüttelte auch nicht an der Fensterscheibe. Aber noch schneite es.
„Hören Sie das?“ flüsterte Jilly. „Kein Wind, nur das leise Rieseln des Schnees.
Oh, ich liebe das Geräusch.“
Er gab einen zustimmenden Laut von sich.
„Es ist so friedlich…“
„Ja.“
Eine Weile lagen sie einfach da, jeder in seine Decke gehüllt, zwischen sich die leere KäsestangenTüte.
Will sah, wie Jillys dunkle, dichte Wimpern sich senkten. Er betrachtete ihr Gesicht: vorstehende Wangenknochen, energisches Kinn, volle, sinnliche Lippen.
Und eine violette Beule an der Stirn.
Er war versucht, ihr das Haar nach hinten zu streichen und sie zu fragen, ob sie noch Schmerzen hatte. Aber das wäre das zweite Mal, dass er das tat. Sie würde annehmen, dass er es nur als Vorwand nutzte, sie zu berühren.
Gern hätte er seine Finger auf weit mehr als nur die Beule gelegt. Und jetzt, da er sich eingestanden hatte, wie attraktiv er Jilly fand, musste er aufpassen.
Sonst würde er sie noch spüren lassen, was er empfand.
Ja, er begehrte sie, und das war so weit ja auch noch in Ordnung. Aber eine feste, dauerhafte Beziehung? Nein, die wollte er nicht. Und sich mit einer Frau, die mit seinen Schwägerinnen befreundet war, auf eine heiße, zeitlich begrenzte Affäre einzulassen, wäre keine gute Idee. Außerdem konnte er gar nicht wissen, ob Jilly überhaupt daran interessiert wäre.
Am besten, er ging jetzt nach unten.
Da bemerkte Will, dass sie eingeschlafen war. Wenn er jetzt aufstand, würde er sie vermutlich wecken. Und es war so gemütlich, neben ihr zu liegen und ihren gleichmäßigen Atem zu hören…
Will schloss die Augen.
Jilly erwachte jäh, als ein eisiger Windstoß durch den Raum fegte. Sie riss die Augen auf und zuckte zusammen, als die heruntergebrannten Kerzen flackernd erloschen. Dann regte sich kein Lüftchen mehr. Verwirrt blickte Jilly zum Fenster herüber. Es war geschlossen. Seltsam…
Mit klopfendem Herzen, die Wolldecke bis ans Kinn gezogen, lag sie da und wagte es nicht, sich zu bewegen, während sie auf Will starrte, der neben ihr fest schlief. Es schneite noch immer. Als ihre Augen sich an das Halbdunkel gewöhnt hatten, sah sie Wills Gesicht deutlicher. Es sah so friedlich und entspannt aus.
Jilly stützte sich auf einen Arm. Sie weckte ihn nur ungern, aber der Windstoß war doch ein wenig zu unheimlich gewesen.
„He, Will“, flüsterte sie.
Er regte sich nicht, seufzte nicht einmal.
„Will. Juhu. Wachen Sie auf.“ Keine Reaktion. Sie streckte einen Arm aus, um Will zu schütteln. Doch als sie seine Schulter packen wollte, glitt ihre Hand durch ihn hindurch.
„Oh, nein“, entfuhr es ihr. Sie zog sich die Wolldecke über den Kopf, und der Geruch von Mottenkugeln stieg ihr in die Nase. Aber es war ihr egal, wie die Decke roch, sie würde sie auf keinen Fall anheben, um nachzusehen, ob jemand am Fußende des Bettes stand… oder schwebte. Sie würde wieder einschlafen, und wenn sie aufwachte, würde es hell sein.
Jilly schloss die Augen. „Ich schlafe jetzt ein, ich bin nämlich sehr, sehr müde…“
Ja, klar.
Sie riss die Augen wieder auf.
„Ein kurzer Blick. Mehr nicht. Nur um sicher zu sein, dass sie nicht da ist. Danach werde ich schlafen können.“ Jill ließ den Rand der Decke über ihr Gesicht nach unten gleiten, bevor sie den Kopf weit genug hob, um über die leere KäsestangenTüte hinwegschauen zu können.
Und da war tatsächlich Mavis, sie schwebte am Fuß des Bettes. Ihre blauen Augen blickten traurig und wissend, ein dünner Arm war ausgestreckt.
9. KAPITEL
Jilly setzte sich auf. „Hören Sie zu, Mavis. Was immer Sie mir zeigen wollen, ich will es nicht sehen, okay?“
Mavis lächelte, und die Falten in ihrem Gesicht vertieften sich, bis es einem runzligen Apfel glich.
„Ja?“ fragte Jilly. „Heißt das, Sie sind einverstanden?“
Mavis schüttelte den Kopf.
„Ich weiß, Will ist Ihr Lieblingsenkel, Mavis. Aber falls Sie vorhaben, mich wieder davon träumen zu lassen, wie ich… mit ihm schlafe, vergessen Sie es bitte. Es ist keine gute Idee.“ Klang sie eisern genug? Jilly konnte es nur hoffen, denn das Gefühl, das sich in ihr ausbreitete, hatte nichts mit eiserner Standhaftigkeit zu tun. Jilly reckte das Kinn und versuchte, ein unnachgiebiges Gesicht zu machen.
„Verstanden?“
Mavis antwortete nicht, sondern schwebte auf
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