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Der Schmetterlingsbaum

Der Schmetterlingsbaum

Titel: Der Schmetterlingsbaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Urquhart
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Sie«, sagten Sie. »Gab nie auf. Wenn sie sich mal in was verbissen hatte, ließ sie nicht mehr los.« Sie schwiegen einen Moment. »Auch mich«, sagten Sie, »auch mich gab sie nicht mehr auf.«
    Wir wurden beide sehr still; Sie hatten das Gesicht abgewandt.
    »Sie war diejenige, die eine glänzende Zukunft vor sich hatte«, sagte ich nach einer Weile. »Wir waren alle überzeugt, dass ihr mit ihrer verlässlichen Intelligenz, ihrem rückhaltlosen Engagement nichts je in die Quere käme.« Nichts außer der Liebe, fügte ich in Gedanken hinzu, der Liebe, die sie aus heiterem Himmel traf und ihr den Atem nahm, mitten im Kampfeinsatz. »Sogar das Gefecht selbst hat sie fasziniert, die Strategie, der Teamgeist. Darüber hat sie oft gesprochen.«
    Sie nickten. »Aber dort drüben kann keine Rede sein von klar definierten Gefechten. Nichts ist so, wie man es sich vorstellt. Teams gibt es nicht. Nur Menschen, und alle werden auf die eine oder andere Weise verletzt. Körperlich, seelisch.«
    »Ja, auch darüber hat sie viel gesprochen.«
    Sie zogen Ihre Brieftasche hervor und zeigten mir ein Foto von einer freundlich wirkenden Frau und zwei Jungen, die mit fröhlichen Gesichtern in die Kamera blickten, sichtlich bemüht, dem unsichtbaren Fotografen zu gefallen. Ich fragte gar nicht, wo das Foto entstanden war, wo Sie lebten, ich war mir sicher, dass das der Ort war, an dem Sie lebten, wo immer das war. Die Frau trug einen Hidschab, und ihre Arme, lang wie die Ihren, lagen um die beiden Kinder.
    »Sie sind also doch verheiratet.«
    Sie lachten überrascht und sagten, das Bild habe Ihr Vater gemacht und die Kinder seien Sie und Ihr Bruder. Sie steckten das Bild ein und wurden wieder ernst. »Nein, nicht verheiratet.« Sie zögerten kurz. »Muslim.«
    »Davon hat Mandy nie was gesagt.«
    »Nein«, sagten Sie. »Es war zu kompliziert. Sogar wir konnten ja kaum darüber reden. Sie hat es versucht, aber es war immer dieser Konflikt in mir, ständig, und meine Familie … Ich habe sie gebeten, nichts zu sagen. Ich war natürlich nicht der einzige kanadische Muslim in Afghanistan. Auch nicht der einzige Muslim in Petawawa. Einer meiner Vettern« – Sie sahen mich an und lächelten – »ist auch dabei, und noch ein paar andere, eigentlich nur Bekannte von der Moschee in Ottawa. Aber wenn sie es erfahren hätten … Es ist eine kleine Gemeinde.«
    Man wollte kanadische Muslime in der Armee haben, erklärten Sie, vor allem solche, die Arabisch konnten, was bei Ihnen der Fall war, der Fall ist, ein bisschen wenigstens. Nach diesen Erklärungen schwiegen Sie wieder, fuhren mit der Hand über die Platte des alten Tisches zwischen den beiden Stühlen auf der Veranda und griffen nach einem weißen Stein aus der Sammlung, die ich dort angelegt habe. »Ich bin zur Armee gegangen, weil ich der Friedenstruppe beitreten wollte. Vorher war ich Mathelehrer an der Highschool.« Sie lächelten, und ich dachte: Das also ist Mister Military – ein Muslim, ein Lehrer. »Und sechs Monate später waren wir im Krieg.« In Kandahar, sagten Sie, hätten Sie auf dem Stützpunkt einen informellen Gebetsraum für Muslime eingerichtet. Das machte mich neugierig.
    Sie erklärten, Sie seien damals noch kein Imam gewesen. »Ich hätte nie gedacht, dass ich das Zeug dazu habe«, sagten Sie. »Bis dahin war ich nicht mal besonders religiös.« Sie blickten auf den See hinaus. »Aber dieser Einsatz dort hat manches verändert.« Sie fuhren mit der Hand auf der Armlehne hin und her. »Ich wusste bald, was ich wollte, was ich werden musste.«
    »Und Mandy wusste es auch … dass Sie auf eine Entscheidung zugingen.«
    »Ja.«
    »Sie ist zur Militärhochschule gegangen, um ebenfalls Mitglied einer Friedenstruppe zu werden«, sagte ich. Immer wieder Suchen und Retten, dachte ich.
    »Ich weiß«, sagten Sie. »Das habe ich an ihr geliebt. Das und ihre Gedichte.«

    Ich zeigte Ihnen die krummen Obstbäume, den zum Anwesen gehörenden Wald und das Land, das für eine Neubausiedlung an einen Bauunternehmer verkauft worden war. Sie fragten nach den Monarchfaltern, und ich erzählte auch davon. Von dem Schmetterlingsbaum wüssten Sie schon, sagten Sie, und zum ersten Mal stellte ich mir vor, wie Mandy in Ihren Armen lag und Ihnen diese Farm schilderte, von den Sommern unserer Kindheit erzählte, und fragte mich, wie sie das alles wohl beschrieben hatte. War ihre Farbpalette hell oder dunkel oder eine Kombination von beidem, dieses Licht-und-Schatten-Spiel, über das sie

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