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Der Schneider

Der Schneider

Titel: Der Schneider Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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Botschafter habe ich mich nicht dafür starkgemacht, ihn dabei einzusetzen. Der Bursche hat auch so schon so genug am Hals. Er ist jung. Er ist Anfänger. Diese Oppositionellen fühlen sich wohler, wenn sie mit erfahrenen Kräften zusammenarbeiten können. Manche von denen sind Leute wie wir, aber es gibt auch andere, ergraute Proletarier, Schauerleute, Fischer, Bauern und dergleichen. Wesentlich besser, wenn wir selbst die Last auf uns nehmen. Zumal wir auch eine nebulöse Gruppe bombenbastelnder Studenten betreuen sollen, immer eine heikle Sache. Die Studenten übernehmen wir also auch. Mit denen werden Sie bestimmt gut zurechtkommen. Sie sehen so besorgt aus, Nigel. Habe ich sie erschreckt?«
    »Warum schickt man uns nicht mehr Agenten rüber?«
    »Ach, das wird wohl nicht nötig sein. Vielleicht schaut mal irgendein hohes Tier vorbei, Leute wie dieser Luxmore-Mellors, aber niemand, der auf Dauer bleibt. Wir dürfen die Zahl der Botschaftsangehörigen nicht unnatürlich aufblähen, das würde nur zu Gerede führen. Ich selbst habe darauf hingewiesen.«
    »Sie selbst?« sagte Stormont ungläubig.
    »Ja sicher. Bei zwei so erfahrenen Köpfen wie Ihnen und mir, habe ich gesagt, sei zusätzliches Personal vollkommen überflüssig. Ich bin festgeblieben. Das würde bei uns alles durcheinander bringen, habe ich gesagt. Unannehmbar. Ich habe mein ganzes Gewicht in die Waagschale geworfen. Wir seien erfahrene Leute, habe ich gesagt. Sie wären stolz auf mich gewesen.«
    Stormont glaubte in den Augen seines Botschafters ein ungewohntes Funkeln zu sehen, das sich am ehesten mit dem Erwachen von Begierde vergleichen ließ.
    »Wir werden eine Unmenge Material brauchen«, fuhr Maltby mit der Begeisterung eines Schuljungen fort, der sich auf eine neue Eisenbahn freut. »Funkgeräte, Autos, sichere Häuser, Kuriere, ganz zu schweigen von Kriegsmaterial – Maschinengewehre, Minen, Raketenwerfer, tonnenweise Sprengstoff, Zündkapseln, alles wovon Sie schon immer geträumt haben. Keine Stille Opposition unserer Zeit kann ohne dieses Zeug auskommen, hat man mir versichert. Und Ersatzteile sind ungeheuer wichtig, heißt es. Nun, Sie wissen ja, wie unbekümmert Studenten sind. Gibt man ihnen morgens ein Funkgerät, haben sie’s mittags mit Graffiti beschmiert. Und Stille Oppositionen sind bestimmt nicht besser. Die Waffen stammen ausschließlich aus Großbritannien, wie Sie erleichtert vernehmen werden. Ein bewährtes britisches Unternehmen steht schon bereit, sie zu liefern. Ist das nicht schön? Minister Kirby hält viel von dieser Firma. Hat sich ihre Sporen im Iran verdient, oder war’s im Irak? Wahrscheinlich in beiden Ländern. Gully hält zu meiner Freude ebenfalls viel davon, und das Ministerium hat meinen Vorschlag akzeptiert, ihn mit unmittelbarer Wirkung in den Rang eines Buchanianers zu erheben. Osnard vereidigt ihn just in diesem Augenblick.«
    »Ihr Vorschlag«, wiederholte Stormont betäubt.
    »Ja, Nigel, ich habe beschlossen, daß Sie und ich für ein Intrigenspiel wie geschaffen sind. Ich habe Ihnen schon oft gesagt, wie sehr ich mich danach sehne, einmal an einem britischen Komplott teilzunehmen. Und jetzt ist es so weit. Das geheime Signal wurde gegeben. Ich hoffe, keiner von uns wird es an Eifer fehlen lassen – und ich wünschte mir sehr, Sie würden ein wenig glücklicher dreinschauen, Nigel. Die Tragweite dessen, was ich Ihnen sage, scheint Ihnen nicht klar zu sein. Unsere Botschaft wird einen erstaunlichen Schritt nach vorne tun. Wir werden aus der tiefsten diplomatischen Provinz zum tollsten Standort der Welt aufsteigen. Beförderung, Orden, Anerkennung der schmeichelhaftesten Art – das alles werden wir über Nacht erlangen. Erzählen Sie mir nicht, Sie zweifelten etwa an der Weisheit unserer Vorgesetzten. Das käme zu einem sehr schlechten Zeitpunkt.«
    »Mir kommt’s halt nur so vor, als ob da eine ganze Menge Zwischenschritte fehlen würden«, sagte Stormont schwach; der Botschafter wirkte wie ausgewechselt, und das machte ihm zu schaffen.
    »Unsinn. Was meinen Sie überhaupt?«
    »Ich sehe da keine Logik.«
    »Ach wirklich?« – kühl. »Wo genau sehen Sie einen Mangel an Logik?«
    »Nun, na ja, nehmen wir die Stille Opposition. Außer uns hat niemals ein Mensch etwas davon gehört. Warum hat sie nie was unternommen – irgendwas an die Presse durchsickern lassen – sich zu Wort gemeldet?«
    Maltby schnaubte spöttisch. »Aber mein lieber Freund! So heißt sie doch! Das ist ihr Programm! Sie ist

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