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Der Schneider

Der Schneider

Titel: Der Schneider Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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still. Sie behält ihre Meinung für sich. Wartet auf ihre Stunde. Abraxas ist kein Säufer. Er ist ein bravouröser Held, ein heimlicher Revolutionär für Gott und Vaterland. Domingo ist kein Drogenhändler mit übergroßer Libido, sondern ein selbstloser Kämpfer für die Demokratie. Und was die Studenten betrifft – was gibt es da zu wissen? Sie erinnern sich doch noch, wie wir selber waren. Wirr im Kopf. Unausgeglichen. Heute so, morgen so. Ich fürchte, Sie werden alt, Nigel. Panama macht Sie fertig. Höchste Zeit, daß Sie mit Paddy in die Schweiz gehen. Ach, übrigens …«, bemerkte er, als hätte er noch etwas ausgelassen, »… fast hätt ich’s vergessen. Mr. Luxmore-Mellors bringt Goldbarren mit«, ergänzte er im Ton eines Mannes, der einen letzten administrativen Knoten bindet. »In solchen Fällen kann man Banken und Kurierdiensten nicht trauen, nicht in der finsteren Welt der Intrige, die Sie und ich nun betreten, Nigel. Deshalb gibt er sich als Kurier der Königin aus und bringt das Zeug im Diplomatenkoffer mit.«
    »Das Zeug ?«
    »Goldbarren, Nigel. So was gibt man Stillen Oppositionen heutzutage anscheinend lieber als Dollar, Pfund oder Schweizer Franken. Ich muß schon sagen, das leuchtet mir ein. Oder können Sie sich vorstellen, eine Stille Opposition mit englischen Pfund zu betreiben? Das Pfund würde abgewertet, bevor man auch nur den ersten gescheiterten Putsch inszeniert hätte. Und Stille Oppositionen sind nicht gerade billig, wie ich gehört habe«, setzte er im gleichen wegwerfenden Tonfall hinzu. »Ein paar Millionen, das ist heutzutage gar nichts, nicht wenn man vorhat, eine künftige Regierung zu kaufen. Studenten, nun ja, die lassen sich in gewisser Weise lenken, aber wissen Sie noch, was für Schulden wir immer hatten? Ohne gute Logistik wird an beiden Fronten nichts laufen. Aber ich denke, wir sind dem gewachsen, Nigel. Ich selbst sehe das als Herausforderung an. Von so etwas träumt man in der Mitte seiner Karriere. Ein diplomatisches Eldorado, bloß ohne die schweißtreibende Goldwäscherei im Dschungel.«
     
    Maltby versank in Gedanken. Stormont, wortkarg neben ihm, hatte ihn noch nie so entspannt gesehen. Doch von sich selbst sah er gar nichts mehr. Jedenfalls nichts, das er erklären konnte. Die Sonne schien immer noch. Im Schatten des Pavillons hockend, kam er sich vor wie ein Lebenslänglicher, der nicht glauben kann, daß die Tür seiner Zelle offen steht. Er sollte Farbe bekennen – aber was für eine? Wen, wenn nicht sich selbst, hatte er zum Narren gehalten, als er die Botschaft unter Osnards Pseudoalchimie hatte aufblühen sehen? »Verurteile eine gute Sache nicht«, hatte er Paddy eindringlich ermahnt, als sie anzumerken wagte, BUCHAN sei ihr ein wenig zu großspurig, um wahr zu sein, besonders wenn man Andy etwas besser kennengelernt habe.
    Maltby philosophierte:
    »Eine Botschaft hat nicht das Rüstzeug zum Auswerten , Nigel. Mag sein, daß wir gewisse Meinungen haben, aber das ist etwas anderes. Mag sein, daß wir über Ortskenntnisse verfügen. Das. versteht sich ja von selbst. Und manchmal geraten die in Konflikt mit dem, was unsere Vorgesetzten uns erzählen. Wir haben Sinnesorgane. Wir können sehen und hören und riechen. Aber wir haben weder tonnenweise Aktenmaterial noch haben wir Computer und Analytiker, und Scharen hinreißend junger Debütantinnen stöckeln leider auch nicht durch unsere Flure. Wir haben keinen Überblick. Wir kennen die globalen Zusammenhänge nicht. Am allerwenigsten in einer Botschaft, die so klein und unbedeutend ist wie unsere. Wir sind Deppen. Ich nehme an, Sie stimmen mir zu?«
    »Haben Sie denen das auch gesagt?«
    »Allerdings, und zwar über Osnards Zauberkasten. Wenn man etwas in aller Heimlichkeit sagt, wiegt es gleich viel schwerer, finden Sie nicht auch? Wir kennen unsere Grenzen , habe ich gesagt. Unsere Arbeit ist langweilig . Ab und zu wird uns ein Blick in die größere Welt gewährt. BUCHAN ist so ein Blick. Und wir sind dankbar , wir sind stolz. Es ist, habe ich gesagt, weder richtig noch angemessen, daß eine winzige Botschaft, die den Auftrag hat, die Stimmung im Lande zu sondieren und die Ansichten ihrer Regierung zu verbreiten, darum gebeten wird, ein objektives Urteil über Angelegenheiten abzugeben, die weit über ihren Horizont hinausgehen.«
    »Wieso haben Sie das gesagt?« fragte Stormont. Er hatte lauter sprechen wollen, aber irgend etwas schnürte ihm die Kehle zu.
    »Wegen BUCHAN natürlich. Das

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