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Der Schock: Psychothriller (German Edition)

Der Schock: Psychothriller (German Edition)

Titel: Der Schock: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Raabe
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räumen. Er würde sorgfältig überlegen und dann planen müssen. Und das konnte er am besten in der Abgeschiedenheit und im Kreis seiner engsten Familie.
    Er beeilte sich. Als er die Tür öffnete, herrschte in seinem Herzen Ruhe und Frieden. Jedenfalls beinahe. Beim Betreten der Galerie war ihm, als ginge ein Flüstern durch die Reihen. Ehrfürchtig. Ängstlich. Er machte Licht, und sie alle traten förmlich aus den Wänden hervor. Weiß und hellblond. Demütig und folgsam.
    Überall um ihn herum schwebten die Seinen.

Kapitel 30
    Berlin, 21. Oktober, 09:47 Uhr
    Der Morgen war freundlich, mit blauem Himmel und tiefstehender Sonne, als hätte der Nebel über Nacht alles Übel mitgenommen. Selbst die eisige Villa lag da wie ein strahlendes Schlösschen. Das Gegenlicht fiel durchs Gittertor und warf scharf konturierte Schatten auf die Straße.
    Jan öffnete die Beifahrertür, stieg aus dem Cherokee und nickte Katy zu, die am Steuer saß. Greg hatte ihnen den Wagen überlassen.
    »Hast du das Handy laut gestellt?«, fragte Katy.
    Jan nickte. »Denk dran, es ist Lauras Handy.«
    »Und du bist immer noch sicher, dass du das riskieren willst?«
    »Katy, das hatten wir doch schon. Solange nicht öffentlich nach mir gefahndet wird, kann sie auch nicht wissen, dass ich gesucht werde. Warum sollte sie also bei der Polizei anrufen?«
    Katy zuckte mit den Schultern. »Ich bin nur vorsichtig.«
    »Alles gut, große Schwester.« Jan lächelte, obwohl ihm nicht so recht danach war. »Ruf einfach an, wenn dir irgendetwas komisch vorkommt.«
    »Stehen sonst nicht immer die Kleinen für die Großen Schmiere?«
    »Ich bin groß«, erwiderte Jan. Er schlug die Beifahrertür zu, etwas heftiger als nötig, und sah zur Villa. Ava Bjely und ihre Herzenskälte waren ihm zuwider. Aber es war einen Versuch wert.
    Er trat ans Gitter und klingelte.
    Nach einer Weile knackte es. »Ja, bitte?« Es war nicht Ava Bjelys Stimme. Vermutlich die Haushaltshilfe, dachte Jan.
    »Guten Morgen. Jan Floss. Ich möchte zu Ava Bjely. Ich war neulich schon mal hier. Es geht um ihre Tochter Laura.«
    »Einen Moment.«
    Knacken. Stille. Ein leichter Wind fuhr zwischen den Gitterstäben hindurch und trieb ein paar welke Blätter vor sich her.
    »Frau Bjely ist nicht zu sprechen«, meldete sich die Stimme zurück.
    »Sagen Sie ihr, es gibt noch mehr Tote.«
    »Wie bitte?«
    »Der Tote damals im Internat, sagen Sie ihr, ich weiß davon. Und jetzt gibt es noch mehr.«
    Schweigen.
    Dann knackte es wieder.
    Laura war froh, dass die Nacht zu Ende war. Sie lag auf der Matratze in der Mitte des Kellerraums. Diffuses Morgenlicht drang durch die Glasbausteine. Sie wäre gerne etwas auf und ab gelaufen, doch Buck hatte dem Seil gerade so viel Spiel gegeben, dass sie sich hinlegen konnte. Um bis zur Wand oder zur Tür zu kommen, war das Seil zu kurz. Ihr Bewegungsspielraum blieb auf einen Kreis in der Mitte des Raums beschränkt.
    Die ganze Nacht über hatte sie kein Auge zugetan. Ihre Gedanken kreisten darum, wie sie sich befreien und Jan warnen konnte. Dazu kam das Bedürfnis nach einem Drink, das immer wieder aufflackerte.
    Zwischendurch war sie fast erleichtert, dass sie hier festsaß. Wer weiß, was sie sonst getan hätte.
    Kurz nach Sonnenaufgang hatte sie quälender Hunger überkommen. Sie hatte probiert, an die Kekse und das Wasser heranzukommen, doch auch dafür war das Seil zu kurz. Erst als sie es mit den Füßen versuchte, gelang es ihr. Nur den Eimer für die Notdurft bekam sie nicht zu fassen. Sie selbst hatte ihn zuletzt neben dem Rohr abgestellt, und Buck hatte ihn genau dort stehengelassen.
    Aus diesem Grund trank sie nun so wenig wie möglich, obwohl sie brennenden Durst hatte. Sehnsüchtig blickte sie hinüber zum Eimer, als sie plötzlich, ganz leise, Stimmen hörte.
    »Nein. Er soll sich wegscheren. Ich will ihn nicht sehen.« Das war ihre Mutter. Unverkennbar. Sie musste gerufen haben, sonst wäre ihre Stimme nicht bis zu Laura durchgedrungen. Nur zu gerne hätte sie den Deckel vom Stutzen des Fallrohrs abgeschraubt, um besser hören zu können, doch das Seil machte es unmöglich. Also hielt sie den Atem an und lauschte.
    Eine Weile war es still.
    Dann hörte sie eine zweite Stimme, weiter weg, ein unverständliches Murmeln.
    »Was hat er gesagt?«, rief ihre Mutter.
    Wieder die andere Stimme. Laura fragte sich, woher sie kam. Vielleicht von der Haustür?
    »Na schön«, antwortete ihre Mutter. »Mach auf und sag diesem Floss, er soll …« Der Rest

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