Der Schockwellenreiter
Geheimdienstmitarbeiter Miskin A. Breadloaf. Er befindet sich in der Intensivstation der Klinik von Abgrundsdorf (Kalifornien) in stationärer Behandlung, da er sich beim Widerstand gegen die Verhaftung durch Sheriff Theodore Horovitz ernste Verletzungen zuzog. Er war im Besitz von sechs Zielsuchkopf-Katapultraketen, US-Armee-Code QB3, die ihm am gestrigen Tag um 10.10 PSZ aus Beständen in der Rüstkammer der Nationalgarde in San Feliciano (Kalifornien) mit dem Auftrag ausgehändigt worden sind, die Vertrauliche Sonderanweisung des Präsidenten Nr. 919.001 HVW auszuführen, deren voller Wortlaut wie folgt heißt: Jetzt hängt mir das Offene Ohr aber endgültig zum Halse heraus. Erledigen Sie die Scheißkerle, die es betreiben, egal wer sonst noch dabei draufgeht.<
2. Aufgrund des Mißerfolgs von Mr. Breadloafs dementsprechendem Versuch ist gegen Abgrundsdorf (Kalifornien) ein Luftangriff befohlen worden, der morgen um 01.30 stattfinden und von Flugzeugen des auf dem Lowndes Field bei San Diego stationierten Geschwaders durchgeführt werden soll. Da der Luftangriff unter Verwendung von Nuklear-Junioren (USAF-Code 19L-12) vorgesehen ist, wird mit dem Überleben von Mr. Breadloaf nicht gerechnet.
(PS: Teil 2 der vorstehenden Auskunft ist eine kybernetische Mitteilung, die in direktem Gegensatz zur Geheimhaltungsvorschrift Nr. 229RR3X3 an die Öffentlichkeit ergeht, da sie von Belang für das physische, psychologische und/oder soziale Wohlergehen der Bevölkerung ist.)
Radikaler Durchschnitt
»Sehen Sie zu, daß das Grinsen von Ihrer Fresse verschwindet! Sie haben gewußt, daß die Firma vorm Bankrott steht, und ich kann's nachweisen!«
»Abgrundsdorf? Wo ist denn das?«
»Meine Schwester ist erblindet, hören Sie mich? Erblindet! Und sie hat nie anderes Make-up benutzt als Ihre Marke!«
»Eine amerikanische Stadt bombardieren? Oh, das wird doch wohl ein Irrtum sein?!«
»Mein Geld war's, ich habe geschuftet, bis ich Blut schwitzte, um's zu verdienen, und Sie haben sich davon einen schönen Tag gemacht!«
»Abgrundsdorf? Mir ist, als hätte ich davon schon was zu Ohren bekommen.« »Herrgott, was haben Sie mit dem armen kleinen Mädchen angestellt! Seit Monaten hat's keine Nacht richtig geschlafen, ständig wacht's auf und schreit und heult, und ich war so blöde, es nochmal zur Behandlung zu bringen. Ich könnte dem Kind nie wieder ins Gesicht sehen, wenn ich Ihnen nicht die Schnauze eindresche.«
»Wie war das mit Abgrundsdorf?«
»Verflixt und zugenäht, freilich habe ich ihn gewählt! Aber hätte ich gewußt, was ich nun weiß, ich hätte ihm nicht meine Stimme gegeben, sondern was aufs Maul!«
»Ein Luftangriff? Mit Nuklearwaffen? Lieber Gott, ich weiß, das Offene Ohr ist oben nicht gerade beliebt, aber das ist doch.«
»Jim, ich glaube, du kennst noch nicht meinen Anwalt, Charles Sweyn. Er hat dir etwas zu überreichen. Charlie? So, schön. Wie du mit Leichtigkeit feststellen kannst, ist in der Vorladung von Schädigungen in Höhe von fünfzig Millionen die Rede.«
»Ich dachte, wir sprächen über einen Ort namens Abgrundsdorf.«
»Ich habe genau gelesen, was auf der Steuermahnung stand, und ich schwöre bei Gott dem Allmächtigen, daß ich Ihnen die Steuer Cent für Cent in Schrotkugeln entrichte, sollten Sie hier Ihre dreckigen Visagen blicken lassen!« »Tatsächlich? Ich habe mich schon immer gefragt, wo's seinen Sitz hat.«
»Abgrundsdorf?«
»Das Offene Ohr?«
»Nuklear-Junioren?«
»Mein Gott! Glaubst du, die wissen dort überhaupt schon davon? Wo ist ein Kommunikator? Schnell !«
Auf des Messers Schneide
Kurz nach ein Uhr morgens im Hauptquartier des Offenen Ohrs. Normalerweise eine ruhige Nachtzeit, weil der Großteil des Kontinents nun in Dunkelheit und Schlaf entschwebt war und nur eine Handvoll der Einsamsten, Zerrüttetsten und Verzweifeltsten jetzt noch darauf Wert legte, zu einem anonymen Zuhörer zu sprechen. In dieser Nacht jedoch war alles anders. Der Raum knisterte geradezu von verhaltener Spannung. Das Ziel, dem sich Abgrundsdorf seit seiner Gründung verschrieben hatte, war nun zum Greifen nahe, und niemand hatte erwartet, daß es dazu so rasch käme. Die Gesichter des Dutzend Anwesender zeigten ernste Mienen. Nur die Hälfte von ihnen hörte gegenwärtig persönlich zu; andere waren damit beschäftigt, weitere Anrufe auf die Anschlüsse von Privathäusern zu legen. Der Rest beobachtete die Weiterentwicklung des Lindbandwurms.
»Eine Neuigkeit von Paul Freeman«,
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