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Der Schockwellenreiter

Der Schockwellenreiter

Titel: Der Schockwellenreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brunner
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befürchtest hast, schließlich könntest du derjenige sein, der Hilfe leistet. Du willst immer derjenige sein, der bestimmt, nicht wahr? Vor allem über dich selbst.«
    Er atmete tief ein und entließ den Atem sehr langsam, ließ mit ihm den keimhaften Ärger entweichen. »Ich wußte, daß das, was man mir im Tarnover unter der Tarnbezeichnung >Weisheit< andrehen wollte, nicht die richtige Sache war«, erklärte er nach einem Weilchen. »Es war so völlig falsch, daß ich bis jetzt gebraucht habe, um zu merken, daß ich endlich darauf gestoßen bin. Kate, du bist ein weiser Mensch. Der erste, dem ich begegnen durfte.«
    »Rede mir bloß nicht so einen Stuß ein. Sollte es jemals tatsächlich mit mir soweit kommen, daß ich's dir glaube, soll mich der Schlag treffen.«
Dublette
    Ungefähr um diese Zeit war der dürre Schwarze vom Tarno-ver mit Ina Grierson fertig und ließ sie nach Hause gehen; sie wankte vor Ermattung. Doch bevor sie sich ausschlief, mußte sie noch eines herausfinden, das ihr zu verraten Freeman sich geweigert hatte: Was zum Teufel war an Sandy Locke so weltbewegend?
    Sie war nicht eben die gerissenste Daten-Maus; aber ihr Posten als Leiterin der Abteilung Orbitalschichten-Organi-sation ermöglichte ihr die Einsichtnahme in die Datenpakete von IIA-Mitarbeitern. Zittrig wählte sie den Code, der mit 4GH anfing.
    Der Bildschirm blieb leer.
    Sie versuchte es mit jedem Trick, der ihr einfiel, um an die Daten zu gelangen, einschließlich einiger von eher illegaler Art. allerdings verstießen sie nicht gegen die Vorschriften des Bundesamtes für Datenverarbeitung, sie beugten sie bloß, und im allgemeinen drückte die Behörde ein Auge zu. Das Ergebnis war jedesmal unabänderlich der leere Bildschirm.
    Zuerst kaute sie nur auf den Nägeln; später begann sie daran zu nagen; schließlich mußte sie sich die Finger in den Mund pressen, um nicht infolge einer Mischung aus Erschöpfung und Entsetzen laut zu wimmern. Als alle ihre Bemühungen fruchtlos geblieben waren, ließ sich daraus nur eine Schlußfolgerung ziehen. Sandy Locke war, soweit es das Datennetz anging, aus den Reihen der Menschheit verschwunden.
    Zum ersten Mal, seit sie sich mit siebzehn Jahren das Herz brach, weinte Ina Grierson sich in den Schlaf.

Eine Schulter zum Weinen für die Welt
    Also begaben sie sich nach Abgrundsdorf, aber dort war gar kein Abgrund. Der Ort war auf dem ebensten Stück Erde im Umkreis von vielen Kilometern errichtet worden, einem Gebiet aus weichen, aber stabilen Sedimenten, hauptsächlich Sand, das seine Entstehung einem längst verschwundenen Fluß verdankte, von dem noch einige Bäche übriggeblieben waren, die es durchgluckerten. In drei Himmelsrichtungen des Umlands gab es Hügel, aber ihre Hänge waren flach, und ein Erdbeben, das sie aus ihrem äonenlangen Schlummer wecken wollte, hätte schon stark genug sein müssen, um das ganze wacklige Kalifornien zu zersprengen.
    Sie fuhren mit der Elektro-Bahn, die nach dem unregelmäßigem Fahrplan verkehrte; in Flüchtigrast stiegen sie ein. Kein Wunder, daß die Bahn sich an keinen festen Zeitplan hielt. Wie ihnen der Fahrer erzählte - ein stämmiger, gutgelaunter Mann, der Shorts, Sandalen und eine Sonnenbrille trug -, verpflichtete eine lokale Vorschrift sie dazu, an Kreuzungen allen anderen den Vortritt zu lassen, mochten es Fußgänger, Radfahrer, Reiter oder auch Rindviecher und landwirtschaftliche Fahrzeuge sein. Außerdem stiegen im Verlauf der letzten Schleife rund um Abgrundsdorf etliche Fahrgäste schon an diesen oder jenen Stellen aus. Die Einheimischen machten von dieser ebenfalls festgeschriebenen Möglichkeit in vollem Umfang Gebrauch; alle paar hundert Meter bestiegen oder verließen Leute den Waggon. Alle betrachteten die beiden Fremden mit unverhohlener Neugier. Diesen Umstand empfanden sie nach und nach als unangenehm. Sie hatten beide ein Problem übersehen, das mit dem Reisen durch Pauschalzonen zusammenhing, weil sie so an die Mittel und Wege des Umstöpsel-Lebensstils gewöhnt waren, der theoretisch jede Notwendigkeit für Gepäck aufhob. In allen modernen Hotels gab es ultrasonische Kleiderreiniger, die selbst das unhandlichste Kleidungsstück binnen fünf Minuten von allem angesammelten Staub und Schmutz zu befreien vermochten, und wenn das Gewebe nach wiederholter Anwendung dieser Gewaltmethode sich zersetzte, standen andere Apparate bereit, welche den Stoff taxierten, die Kleidungsstücke zerfaserten, die Fasern zur Wiederverwertung

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