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Der Schockwellenreiter

Der Schockwellenreiter

Titel: Der Schockwellenreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brunner
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lagerten und ein Stück von gleicher Größe, aber in anderem Stil/anderer Farbe ausgaben, wobei sie dem Kunden unter Anrechnung des erhaltenen Stoffs die zusätzlichen Fasern sowie die Arbeitszeit in Rechnung stellten. In Gottbewahre gab es nichts dergleichen. Vor ihrem eiligen Aufbruch hatte Kate die üblichen Toilettenartikel zusammengerafft, darunter einen altmodischen Rasierapparat mit austauschbarem Scherkopf, der von einem ihrer Bekannten bei ihr vergessen worden war, aber keiner von beiden war darauf gekommen, Bekleidung zum Wechseln mitzunehmen. Infolgedessen sahen sie inzwischen nicht bloß dreckig aus, sondern fühlten sich auch so. und die fremden Augen, die sie unablässig maßen, machten sie zapplig. Aber es hätte wesentlich schlimmer stehen können. Vielerorts hätten die Leute sich dazu veranlaßt gesehen, feindselige Fragen an Durchreisende zu richten, deren Kleidung den Eindruck erregte, als hätten sie darin geschlafen, und die sonst so gut wie keine Besitztümer mitführten. Das Gepäck mochte heutzutage weniger umfangreich sein als früher; dagegen hatte die Liste der Gegenstände, die die Menschen als jederzeit unentbehrlich erachteten, mittlerweile einen Umfang angenommen, der für beide Geschlechter das Mittragen dicker Taschen selbst für die alltäglichen Gänge erforderlich machte. Doch bis fast ans Ende ihrer Bahnfahrt hatte niemand im Waggon, abgesehen vom mitteilsamen Fahrer, etwas anderes zu ihnen geäußert als Grußworte.
    Inzwischen hatten sie über die Umgebung Ausschau halten können und fühlten sich davon beeindruckt. Man bestellte den fruchtbaren Schwemmlandboden mit ertragsträchtiger Sach-kundigkeit; bewässert durch Berieselungsanlagen, mit windbetriebenen Pumpen geregelt, gediehen Mais- und Weizenfelder sowie je einen halben Hektar große Flächen mit sowohl Wurzel- wie auch Blattgemüsen, leuchteten in der Sonne. Doch das hätte man überall sehen können. Viel bemerkenswerter waren die Gebäude. Sie waren buchstäblich unsichtbar. Wie in aufgeschossenem Gras versteckte Rebhühner entgingen manche von ihnen dem Auge völlig, bis eine Veränderung des Blickwinkels eine Linie enthüllte, die zu gerade verlief, um anders als künstlich geschaffen worden zu sein, oder das Blitzen einer Spiegelung von Sonnenschein auf dem schwarzen Glas eines Sonnenlicht-Kollektors augenfällig machte. Der Gegensatz zu einer typischen modernen Farm, einer fabrikmäßigen Anlage, wo überall standardisierte Schuppen und Silos aus Beton- und Aluminiumfertigteilen die Gegend verschandelten, war erstaunlich.
    »Ich wüßte gerne, wer für diese Farmen die Entwürfe erstellt hat«, sagte er leise zu Kate. »Das ist kein Schrott, den Flüchtlinge in den Nachwirkungen ihrer Panik zusammengeklopft haben. Das ist die Art von Landschaftsarchitektur, die ein misanthropischer Millionär sich erträumen mag, sich aber nicht leisten kann. Hast du schon irgendwo etwas Besseres gesehen?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nicht einmal in Einstweilingen, wie gut es mir auch gefiel. Ich vermute, daß das, was die Flüchtlinge ursprünglich zurechtbastelten, nicht lange gehalten hat. Als es dann umkippte, waren sie wohl so vernünftig, sich beim zweiten Wiederaufbau mehr Zeit zu nehmen und es richtig zu machen.«
    »Aber das ist mehr als nur richtig. Es ist prachtvoll. Unmöglich vorstellbar, daß der Ort selbst den gleichen Standard bieten soll. Ist er eigentlich inzwischen in Sichtweite?«
    Kate reckte den Hals, um am Fahrer vorbeizuspähen. Eine Frau mittleren Alters, gekleidet in Blau, die auf der anderen Seite des Waggons saß, bemerkte es. »Sie waren noch nie in Abgrundsdorf?« erkundigte sie sich.
    »Äh. nein, nie.«
    »Dachte ich mir gleich, weil ich Sie nicht kenne. Wollen Sie bleiben, oder sind Sie nur auf der Durchfahrt?«
    »Darf man denn bleiben? Ich habe gehört, es gäbe eine Einwohnerbeschränkung.«
    »Ja, gewiß, aber wir stehen gegenwärtig um zweihundert unterm Limit. Und allem zum Trotze, das Sie vielleicht sonst noch über uns gehört haben.« - sie lächelte breit - ». sehen wir Besucher ganz gern. Das heißt, verträgliche Besucher. Ich heiße übrigens Polly.«
    »Ich bin Kate, und das.«
    »Ich heiße Alexander«, mischte er sich rasch ein. »Kurz Sandy genannt. Sagen Sie, ich habe mich eben gefragt, wer wohl diese Farmen konstruiert haben mag. Ich habe noch nie Gebäude gesehen, die sich so gut in eine Landschaft einfügten.«
    »Ach, ich wollte Ihnen sowieso gerade empfehlen, mal dem

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