Der Schönheitschirurg
eines Tages auch im Stab von Blackfriars sein. Ich bin allein, verlassen von meinen Freunden, meinen Geliebten, meiner Familie, meinen Patienten und meinem Beruf. Niemand will mich, Mr. Fordyce. Weil ich wirklich ein Scharlatan bin, ein Quacksalber, ein Geldmacher, ein Verschönerer menschlicher Objekte, die es nicht verdienen, auch nur einen Deut weniger scheußlich auszusehen, als sie es sind. Wirkliche Schönheit liegt im Herzen, Mr. Fordyce. Hier.» Er schlug sich an die Brust. «Psychiater und Priester können sie vielleicht hersteilen. Ich kann es nicht. Nicht, daß ich noch das geringste Interesse daran hätte, irgendeine Vettel aufzumöbeln, die genug dafür zahlen will. Ich war an dieser alten Säuferin unter dem Leintuch hier weit mehr interessiert als an allen anderen.»
«Ja, Sir», sagte der Turnusarzt. Die Leute von der Plastikabteilung waren wirklich verrückt, entschied er. Ärger als die Psychiater.
«Und alles, was von Lilly übrig ist, ist eine große Menge wunderschön verheilter Narben. Kaum eine Spur von den meisten. Was, zum Teufel, hilft eine solche Fähigkeit in Kriegszeiten? Scheißegal! Sie werden die Gesichter der Soldaten zusammenflicken und ihnen eine Pension geben, wie im letzten Krieg. Keiner ist daran interessiert, die Gesichter junger Männer wiederherzustellen, die eben noch vor Sex-Appeal strotzten und im nächsten Augenblick verbrannte Schreckensgestalten sind. Ich könnte es tun, aber niemand hat mich aufgefordert. Niemand wird nach mir fragen. Dieser Krieg wird mich zu einem Niemand machen. Ich bin zu gut in meiner Arbeit, um für mein Land von irgendeinem Nutzen zu sein, das ist alles.»
Er hatte noch nie so unrecht gehabt in seinem Leben, selbst damals nicht, als er Edith bat, seine Frau zu werden.
Eine Krankenschwester tauchte hinter der Schulter des Turnusarztes auf. «Mr. Trevose», sagte sie atemlos, «ein dringendes Telefongespräch für Sie. Vom Gesundheitsministerium.»
«Sagen Sie, ich bin heimgegangen», befahl er. Er konnte jetzt nicht mit Idioten in Ministerien sprechen. Lillys Tod hatte ihn wirklich erschüttert. Er hatte seit Jahren übersehen, daß an seinen schönen Kunstwerken Menschen hingen. Es war beklemmend, diese Entdeckung gerade jetzt zu machen. Graham Trevose wollte endlich der Menschheit helfen, und niemand gab ihm die Möglichkeit dazu.
Später an diesem Vormittag führte er dann ein Telefongespräch: mit Marias Pflegeheim in Sussex. Alles sei vollkommen in Ordnung, sagte man ihm. Trotz des Krieges werde ihr Obstkorb wie üblich jeden Samstag geliefert.
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