Der Schoenste Fehler Meines Lebens
sie weitaus anziehender machte als die Frauen, die dem gängigen Schönheitsideal entsprachen. Megs Fähigkeiten lagen in so vielen Bereichen, dass sie zu dem Schluss gekommen war, überhaupt keine zu haben. Sie hatte sich resigniert damit abgefunden, unzulänglich zu sein, und keiner — nicht ihre Eltern, nicht Lucy – vermochte diese Überzeugung zu erschüttern.
Lucy drehte ihr Gesicht ins Kissen und versuchte die Erinnerung an jenen schrecklichen Moment heute Abend auszublenden, als Meg sie bei ihrer Rückkehr ins Hotel in die Arme geschlossen hatte. »Er ist wundervoll, Luce«, hatte sie ihr ins Ohr geflüstert. »Genau, wie du gesagt hast. Und du kannst ihn unmöglich heiraten.«
Megs Warnung war nicht annähernd so beängstigend gewesen wie Lucys eigene Antwort darauf. »Ich weiß«, hatte sie sich selbst zurückflüstern hören. »Aber ich werde es trotzdem tun. Es ist zu spät, um noch einen Rückzieher zu machen.«
Meg hatte sie kräftig geschüttelt. »Es ist nicht zu spät. Ich werde dir helfen. Ich werde tun, was in meiner Macht steht.«
Lucy hatte sich losgerissen und war in ihr Zimmer geeilt. Meg verstand das nicht. Sie war ein Kind Hollywoods, wo das Unerhörte zum Alltag gehörte, Lucy dagegen war ein Kind Washingtons und kannte deshalb das konservative Herz des Landes. Die Öffentlichkeit war in diese Hochzeit mit eingebunden. Sie hatte die Jorik-Kinder aufwachsen sehen und sie trotz ihrer zahlreichen Jugendsünden geliebt. Nachrichtendienste aus der ganzen Welt waren vertreten, um über die Hochzeit zu berichten, und Lucy konnte unmöglich alles absagen, aus Gründen, die sie selbst nicht zu benennen wusste. Wäre Ted außerdem tatsächlich so unpassend für sie, dann hätte das doch auch jemand anderem auffallen müssen? Ihren Eltern? Tracy? Hätte das nicht auch Ted, der alles so klar sah, bemerken müssen?
Der Gedanke an Ted Beaudines unfehlbares Urteil spendete ihr genügend Trost, um in einen leichten, unruhigen Schlaf zu fallen. Am folgenden Nachmittag allerdings hatte sich dieser Trost verflüchtigt.
Kapitel 2
Die Vorhalle der Presbyterian Church von Wynette roch nach alten Gesangbüchern und längst vergessenen Abendessen, zu denen jeder was mitbringt. Draußen herrschte das organisierte Chaos. Im abgetrennten Bereich, der für die Presse reserviert war, wimmelte es von Reportern, und auf den Sitzplätzen drängten sich die Zuschauer, die bis in die Nebenstraßen standen. Als die Braut und ihr Gefolge sich aufstellten, um Einzug in den Altarraum zu halten, warf Meg einen Blick auf Lucy. Das perfekt sitzende Spitzenkleid schmeichelte ihrer zierlichen Figur, aber selbst das geschickt mit Airbrushtechnik aufgetragene Make-up vermochte ihre Anspannung nicht zu kaschieren. Sie war den ganzen Tag so nervös gewesen, dass Meg es nicht übers Herz gebracht hatte, noch ein Wort über diese unkluge Hochzeit zu verlieren. Was ihr allerdings ohnehin nicht gelungen wäre, da Nealy Case Jorik jeden ihrer Schritte überwachte.
Das Kammerorchester beendete das Präludium, und die Trompeten verkündeten schmetternd den Beginn der Prozession der Braut. Holly und Charlotte standen vorn, dann folgten Meg und dahinter die achtzehnjährige Tracy als Lucys Trauzeugin. Sie alle trugen schlichte Kleider aus champagnerfarbener Crêpe-de-Chine-Seide, welche die Ohrringe aus Rauchtopas, die Lucy ihren Brautjungfern geschenkt hatte, besonders gut zur Geltung brachte.
Die dreizehnjährige Holly begann, den Gang entlangzuschreiten. Als sie dessen Mitte erreicht hatte, ging ihre Schwester Charlotte los. Lucy hatte sich dafür entschieden, den Altarraum ganz allein zu betreten und auf halbem Weg zu ihren Eltern zu stoßen, als Symbol dafür, wie diese in ihr Leben getreten waren. Meg warf Lucy einen Blick über ihre Schulter zu und brachte sich für ihren eigenen Auftritt vor Tracy in Position, aber gerade als sie ihren ersten Schritt machen wollte, hörte sie ein Rascheln, und eine Hand schoss vor und packte sie am Arm. »Ich muss jetzt sofort mit Ted sprechen«, sagte Lucy in panischem Flüsterton.
Tracy, deren blondes Haar zu einem komplizierten Knoten aufgesteckt war, stöhnte halb erstickt: »Was hast du vor, Luce?«
Lucy achtete nicht auf ihre Schwester. »Hol ihn mir, Meg. Bitte.«
Meg scherte sich sonst nie um Konventionen, aber das kam selbst für sie überraschend. »Jetzt? Glaubst du nicht, du hättest das vor ein paar Stunden tun sollen?«
»Du hattest recht. In allem, was du gesagt hast. Du
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