Der schottische Verfuehrer
mich aus Frasyers Verlies auf Moncreiffe Castle zu befreien.“
Seathans Blick wurde noch drohender. „Ihr lügt! Mich hat niemand von Symons Tod benachrichtigt, und Duncan hat mir nichts von einem Versprechen berichtet, Euch bei der Flucht zu helfen.“
Ihr Herz setzte aus. Natürlich nicht. Duncan hätte niemals zugegeben, sie befreien zu wollen. Nur wegen des Versprechens an ihren Bruder hatte er seinen Stolz überwunden.
„Duncan würde nicht wollen, dass Ihr erfahrt, wie er mir geholfen hat“, gestand sie ein.
Misstrauisch presste Seathan die Lippen aufeinander.
„Ich habe einen Beweis.“ Unterwegs hatte sie durch die Kälte jegliches Gefühl in den Fingern verloren, und so hob sie unbeholfen die Kette mit dem Anhänger über ihren Kopf. Der Saphir drehte sich zwischen den tanzenden Schneeflocken, dabei brachen sich einige verirrte Sonnenstrahlen blau in dem Edelstein.
„Bevor ich Duncan in der Höhle zurückließ, hat er mir das hier gegeben. Um Euch zu überzeugen.“ Sie hielt Seathan die Kette mit dem Saphir hin.
Er schnaubte verächtlich, als er den Stein betrachtete, und schaute sie argwöhnisch an.
Vor Panik zog sich Isabels Brust zusammen. Gott, er glaubte ihr nicht! „Ich lüge nicht. Wenn man Duncan nicht bald versorgt, stirbt er. Bitte, helft mir!“
Sie hörten, wie die Tür zum Wachhaus zuschlug. Der Schnee knarrte unter Schritten, die sich schnell näherten und Isabels Aufmerksamkeit auf sich zogen.
Alexander, der Mittlere der Brüder, tauchte auf, auch er im Kettenhemd. Sein schlanker Körper glich denen von Seathan und Duncan. Nachtschwarzes Haar rahmte sein kantiges Gesicht. Über seine linke Wange lief eine Narbe, die seine einschüchternde Erscheinung noch verstärkte.
Er schien Isabel mit seinem Blick aufspießen zu wollen, in seinen tiefblauen Augen brodelte das Misstrauen, und etwas zutiefst Bedrohliches ging von ihm aus. „Wie ich sehe, getraut sie sich, herzukommen.“ Finster sah er zu seinem Bruder. „Warum hast du sie nicht schon längst hinausgeworfen in die Kälte? Dort, wo sie hingehört?“
Wie Isabel wusste, wurde Alexander oftmals von seinen Leidenschaften beherrscht, dennoch wich sie nicht zurück, denn er wollte nur Duncan, seinen geliebten Bruder, gegen eine in seinen Augen hassenswerte Frau verteidigen.
„Duncan ist schwer verwundet und braucht Eure Hilfe“, sagte sie mit Nachdruck.
„Das behauptet Ihr.“ Seathan reichte seinem Bruder den halben Saphir.
Alexander legte ihn in seine behandschuhte Hand und zog die Brauen zusammen. „Duncans Anhänger?“ Er warf einen bösen Blick auf Isabel. „Warum hat sie ihn?“
„Sie behauptet, Duncan habe ihn ihr gegeben, damit wir ihr glauben.“
„Unser Bruder würde sich nur aus einem Grund von diesem Anhänger trennen.“ Alexander machte einen drohenden Schritt auf Isabel zu, dabei hielt er den Saphir fest umschlossen. Er beugte sich vor, bis er mit der Nasenspitze fast die ihre berührte. Sein Mund verzog sich, als er sie wütend anfuhr: „Was habt Ihr und Frasyer mit Duncan gemacht?“
„Ich schwöre Euch, es handelt sich um keine Falle“, erwiderte Isabel mit unsicherer Stimme. „Duncan wurde verwundet, als er mir geholfen hat, aus Frasyers Verlies zu fliehen. Wir schafften es bis zu einer Höhle, und bevor er ohnmächtig wurde, gab er mir den Saphir. Ihr müsst mir glauben!“
Alexander fuhr zornig auf: „Ich glaube Euch sogar ohne Weiteres, dass dieser elende Frasyer seine Geliebte ins Verlies sperrt. Ein durchaus angemessener Ort für Euresgleichen. Aber ich soll Euch glauben, Duncan habe Euch bei der Flucht geholfen? Niemals.“ Er schüttelte bekräftigend den Kopf. „Nachdem ihr ihn vor drei Jahren verraten habt, nur um Euch im Bett dieses Mistkerls zu suhlen, würde er Euch noch nicht einmal ein mit Maden versetztes Stück Wild anvertrauen.“
Seathan trat zu ihnen. „Außerdem behauptet sie, Symon sei tot, und Duncan habe ihm auf dem Totenbett versprochen, sie zu befreien.“
„Noch so eine verdammte Lüge“, wetterte Alexander. „Glaubt Ihr etwa, wir sind so dumm, Euch zu vertrauen?“
Die beiden Brüder bauten sich bedrohlich vor Isabel auf. Um Abstand zu ihnen zu schaffen, wich sie ein wenig zurück und stieß dabei gegen die raue Steinmauer. Sie war den Brüdern ausgeliefert, zudem ließen die stechenden Blicke der Wachen sie keinen Moment unbeobachtet. Am liebsten wäre sie zu Boden gesunken und hätte nur noch geweint, am liebsten hätte sie sich ganz den tröstenden
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