Der schottische Verfuehrer
versuchte er, sich wieder zu fangen. Zugleich lockte ihn die Ohnmacht unwiderstehlich. Wie einfach es wäre, sich fallen zu lassen. „Sag ...“Er schluckte schwer. Jedes Wort musste er seinem vom Fieber ausgedörrten Mund abringen. „Sag mir Bescheid, wenn jemand kommt.“
„Du kannst dich noch nicht einmal bewegen. Wie willst du mich da beschützen?“ Beruhigend strich Isabel über sein Gesicht, mit sanften Bewegungen. Es kam ihm wie eine zärtliche Bestrafung vor. „Ich breche zu deinem Bruder auf und hole Unterstützung.“
Duncan wollte ihr antworten, aber eine neue Schmerzwelle überflutete ihn und verdrängte ihre Worte. Er musste nur der verlockenden Ohnmacht nachgeben, um den Höllenqualen zu entkommen, die von seinem Arm ausgingen. Gott, diese Schmerzen.
Seine Lider wurden bleischwer. Im Dunkel seines Kopfes blitzte ein Gedanke auf. Den musst du festhalten! Noch einmal schlug er die Augen auf. Er griff nach dem halben Saphir und riss ihn sich vom Hals. Seine Hand zitterte vor Anstrengung, als er Isabel den Stein reichte.
„Gi...gib ihn Seathan.“
Seathan? Isabel konnte im Augenblick nicht an Duncans ältesten Bruder denken, für sie zählte nur, Duncan lebend nach Hause zu bringen. Dennoch nahm sie die Kette mit dem Saphir an sich. Auch sie war an dem Tag dabei gewesen, an dem er zum Ritter geschlagen worden war und seine Großmutter ihm die Hälfte des Steins gegeben hatte.
„Warum gibst du mir den Saphir?“, fragte sie und schaute auf den Edelstein, der vor ihr baumelte, überrascht, weil Duncan ihr etwas anvertraute, das für ihn so kostbar war.
„Weil nur so ...“, er schloss kurz die Augen, „... Seathan dir glauben wird.“
Isabel hatte nicht daran gedacht, ob Duncans Bruder ihr trauen würde, aber Duncan hatte wohl recht. Nachdem der alte Earl of Gray gestorben war, hatte Seathan ohne zu zögern die Verantwortung für seine jüngeren Brüder Alexander und Duncan sowie ihren Adoptivbruder Patrik übernommen. All die Jahre hatte er sie mit entschlossener Hingabe in die richtige Richtung geführt und alles Leid von ihnen ferngehalten. Doch auch er hatte Duncan nicht schützen können, als sie das Verlöbnis mit ihm aufgelöst und ihm damit das Herz gebrochen hatte. Seitdem waren Seathan und seine Brüder ihr aus dem Weg gegangen.
Die Reue drohte sie zu verzehren, dennoch würde sie alles tun, um Seathan davon zu überzeugen, dass sie ihm die Wahrheit erzählte, wenn sie damit nur Duncan helfen konnte.
Seine Augen rollten nach hinten.
„Duncan?“
Stille.
Die Furcht hielt sie fest gefangen, als sie sein schmerzerfülltes Gesicht betrachtete und sah, wie die Schweißperlen auf seiner Stirn glitzerten. Obwohl sie in sich die Panik aufsteigen fühlte, stupste sie ihn nur ganz sanft an der Schulter.
„Duncan?“
Er bewegte sich nicht.
Sie schloss ihre Hand fest um den Saphir, dieses mächtige Zeichen von Duncans Vertrauen, und merkte, wie es in ihrer
Faust auf unerklärliche Weise immer wärmer wurde. Sie öffnete sie, und es schien ihr, als glühte der blaue Edelstein auf ihrer Handfläche.
Lächerlich, auch wenn viele Leute an die Macht dieses Steins glaubten. Daran, dass er sie von bösen Gedanken befreite, ihren Geist reinigte und ihnen inneren Frieden brachte. Wie sie behaupteten, hatte Duncans Großmutter hellseherische Kräfte besessen und Duncans schwierige Zukunft vorausgesehen. Hatte sie ihm zum Ritterschlag die Hälfte des Saphirs geschenkt, damit er bei allen künftigen Problemen Zuflucht zu ihm nehmen konnte?
Als ob der Saphir und dessen Bedeutung jetzt eine Rolle spielten! Isabel zog die Kette über den Kopf und schob den Saphir unter ihr Hemd, wo er neben Wallaces Wappen seinen Platz fand. Noch immer fühlte sie die Wärme in ihrer Hand, wo der Stein gelegen hatte. Aber vermutlich spielten ihr nur ihre Müdigkeit und ihre Vorstellungskraft einen Streich. Besser, sie beachtete das nicht weiter, denn am wichtigsten war es jetzt, Duncan in Sicherheit zu bringen. Wenn sie sich nicht zusammenriss, würde es nur umso länger dauern, bis sie aufbrechen konnte.
Schnell richtete sie ein notdürftiges Bett her. Sie rollte ihn auf die Decken und entkleidete ihn weit genug, um seine Wunde zu versorgen. Mit zitternden Händen untersuchte sie die Tiefe des Schnitts und überlegte, wie viel Blut er verloren haben mochte. In ihr regte sich ihr schlechtes Gewissen, denn niemals hätte er sie bis zu Frasyers Gemächern begleiten dürfen, und noch viel weniger hätte er so viel
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