Der schottische Verfuehrer
höhere Mächte sie dazu verleitet haben?“ Seathans Stimme war ernst geblieben, aber der Anflug eines Lächelns huschte über sein Gesicht. Und verschwand genauso schnell wieder. „Wie auch immer, sie bleibt dort.“
So einfach wies er seinem jüngeren Bruder den ihm gebührenden Platz zu. Jede Auseinandersetzung war zwecklos, das sah Duncan ein. Natürlich hatte Isabel sein Leben gerettet, aber wäre sie mit ihm von Moncreiffe Castle geflohen, gleich nachdem er sie aus ihrer Zelle befreit hatte, dann wäre er erst gar nicht verletzt worden. Und sie wäre jetzt vermutlich schon bei ihrem Vater. Allerdings brauchten sie noch immer die Bibel, um Lord Caelins Unschuld zu beweisen.
„Ehe ich es vergesse ...“ Seathan zog Duncans Amulett aus der Tasche und händigte es ihm aus.
„Vielen Dank!“ Duncan zog sich die Kette über den Kopf. Kühl berührte der Stein seine Brust.
„Du hattest die richtige Idee“, meinte Seathan. „Hättest du Isabel das Amulett nicht gegeben, hätte ich sie fortgeschickt und du wärest gestorben. Schlaf jetzt, Duncan. Du musst dich erholen. Wir können später weiterreden, wenn ich wieder nach dir schaue.“ Er nickte Nichola zu. „Ich danke dir, dass du dich so um Isabel bemüht hast.“
„Das habe ich ausgesprochen gerne gemacht“, sagte sie etwas unsicher.
Seathan drehte sich um und verließ das Zimmer ohne ein weiteres Wort.
Alexander hielt weiterhin die Hand seiner Frau. „Leg dich endlich hin, Duncan. Wenn du noch länger wach bleibst, beweist das nur, wie unvernünftig du bist.“
Duncans Kiefer mahlten, aber ehe er etwas erwidern konnte, sagte Nichola: „Dein Gesicht ist ganz erhitzt, und du wirkst sehr müde. Bitte, hör auf deinen Bruder und ruh dich aus.“
Alexander warf Duncan einen letzten warnenden Blick zu, dann ging er mit seiner Frau hinaus.
Die Tür schloss sich hinter ihnen. Duncan blieb allein in dem Dämmerlicht von Kerze und Feuer zurück. Die lodernden Flammen überzogen die Tür mit ihrem Widerschein, sie wirkten wie rotbraune Klauen auf dem Holz. Duncans Beine zitterten vor Anstrengung, als er sie auf der mit Federn gefüllten Matratze ausstreckte. Er dachte über Seathans Worte nach, noch mehr aber über Isabels Verhalten seit ihrer Befreiung.
Sofern es um seine Gefühle ging, war es vollkommen richtig, seine Zweifel an ihr nicht restlos zu begraben. Sie hatte sein Herz gebrochen, darum konnte er ihr nie wieder gänzlich vertrauen, vielmehr würde er es gar nicht erst versuchen. Drei Jahre mochten vergangen sein - dennoch schmerzte ihn die Wunde von damals noch zu sehr.
Was jedoch war mit Frasyer? Es war ein großes Geheimnis, was zwischen ihr und dem Earl vorgefallen war, und je mehr er davon erfuhr, umso seltsamer schien die Verbindung der beiden. Sie hatte nichts unternommen, um ihn darüber aufzuklären. Was aber, wenn sie es versuchen sollte? Wollte er überhaupt etwas erfahren über das, was sie mit jenem Mann verband, den er so sehr hasste?
Duncans Gedanken wanderten weiter, zu einer anderen Frage, die ihn quälte. Das Turmzimmer. In dem jetzt Isabel schlief. Schnell versicherte er sich, dass sein unbehagliches Gefühl deswegen allein mit dem Andenken an seine Großmutter und dem mangelnden Vertrauen zu Isabel zusammenhing. Und nicht etwa damit, welche Zauberkräfte dem Zimmer innewohnten.
9. Kapitel
Elfen schauten auf Isabel herab.
Sie blinzelte, um den Schlaf aus den Augen zu vertreiben und ihre Umgebung genauer in Augenschein zu nehmen. Durch ein einzelnes Bogenfenster schien der Mond in das Gemach und tauchte alles in sein schimmerndes Licht. Auch die Elfen.
Ein verträumtes Lächeln senkte sich auf Isabels Lippen. Nein, nicht echte Elfen. Es waren wunderschöne gemalte Darstellungen von fliegenden Elfen, die die Decke des Gemachs zierten. Am besten gefiel ihr eine schwarzhaarige Elfe in einem moosgrünen Gewand, die sich flügelschlagend hinter einer üppigen lilablühenden Distel versteckte, wobei die Spitzen ihrer Flügel silbern glänzten.
Isabel schien es, als flirre die Luft von perlendem Gelächter, ein wahrlich befremdliches Gefühl. Sie kniff die Augen zusammen. Vielleicht täuschte sie sich nicht, und die Elfen lachten über sie, amüsiert von ihrer Verwirrung.
Nun, da sie endgültig wach war, schaute sie sich im Zimmer um, in das sie Alexanders Frau geführt hatte, wie sie sich vage erinnerte. So erschöpft war sie gewesen, dass sie weder gefragt hatte, wohin Nichola sie brachte, noch die reiche Ausstattung
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