Der schottische Verfuehrer
sich der Schnee, sodass sie nur ahnen konnte, dass sie wohl mit Reet gedeckt war. Sie atmete auf, als sie die unberührten Schneewehen rund um diesen Verschlag sah. Hier war seit einiger Zeit niemand mehr gewesen.
Duncan hielt das Pferd an und stieg ab. Er fasste sie um die Hüfte, und sie ließ sich in seine Arme gleiten, zu willenlos, um sich gegen all die gefährlichen Gefühle zu wehren, die seine Nähe in ihr auslöste.
Duncan übergab ihr die Zügel. „Warte hier. Auch wenn anscheinend kürzlich niemand hier gewesen ist, will ich mich erst vergewissern.“ Er überprüfte die Hütte, dann kam er zurück zu ihr. „Geh hinein und warte dort, während ich die Pferde für die Nacht unterstelle. Ich habe eine Kerze angezündet, damit du etwas siehst.“
Sie ließ ihren Blick über die Bäume gleiten.
Er spürte ihre Bedenken und beruhigte sie: „Wir sind hier sicher.“
„Wie lange bleiben wir?“
„Bis zum ersten Morgenlicht. Dann sollten wir noch vor Sonnenuntergang bei Lord Monceaux sein.“
Sie wirkte erleichtert, als sie den Unterstand betrat. Der kleine
Raum wurde vom flackernden Licht eines Kerzenstummels erleuchtet. Es roch muffig, vermutlich, weil die karg eingerichtete Hütte selten genutzt wurde.
Rechts war eine zerfallende Feuerstelle, in der man mit etwas Glück ein Feuer machen konnte, ohne dass gleich alles abbrannte. In der hinteren Ecke erblickte Isabel ein einfaches Bett aus rohem Holz, auf dem einige Strohsäcke und alte Decken lagen. Ein robuster Tisch stand an der Wand, darauf verstreut einige Schüsseln. Manch andere Dame wäre sicher vor diesem Durcheinander schreiend davongelaufen. Doch war diese derbe Einrichtung von einer Einfachheit, einer aufrichtigen Wärme, die Isabel anzog. Sie nahm eine spitzenbesetzte Decke vom Bett, das Werk einer Frau.
In ihr breitete sich plötzlich Müdigkeit aus, war der Tag doch furchtbar anstrengend gewesen. Die ständige Anspannung, die permanente Furcht - all das hatte Isabel fast überfordert. Aber jetzt, hier in der Hütte, umgeben von lauter Gegenständen, die von einem anderen Leben erzählten, fühlte sie so etwas wie Zufriedenheit in sich aufsteigen.
Hier hatte einmal eine Frau gelebt.
Eine Frau zusammen mit einem Mann. Ihrem Mann. Auch wenn ihr Leben in dieser Abgeschiedenheit sicher schwer gewesen war, sah man noch immer die Zeichen ihrer Anwesenheit in dem sonst so kargen Raum.
Sie berührte die Stickarbeit in ihrer Tasche, die sie für Symon gemacht hatte. Mochte die spitzenbedeckte Decke hier noch so einfach sein, nie würde sie Duncan auf diese Art ihre Liebe zeigen können. Nicht mehr lange, und sie waren in Rothfield Castle, wo sich ihre Wege trennten.
Dieses Mal für immer.
Aber es würde dauern, bis es wieder Tag wurde, und sie allein entschied, was in den nächsten Stunden geschah. Isabel hielt sich selbst umschlungen. Wagte sie es, ihm dieses höchste aller Geschenke zu machen? Das ihrer Unschuld?
Sie begehrte Duncan, ein Begehren, das sie bei jedem Atemzug spürte, seit unzähligen Jahren. Aber wenn sie sich ihm diese
Nacht hingab, dann würde er merken, dass sie noch Jungfrau war. Etwas, weswegen sie sich ihm vor wenigen Tagen im Turmzimmer entzogen hatte.
Was morgen geschah, wusste sie nicht, sie wusste nur, dass sie ihn unendlich liebte. Die Aussicht, ihn erneut zu verlieren, überwältigte sie.
Wie die Rose sich den goldenen Strahlen der Sonne öffnet, einfach weil es ihr so bestimmt ist, so stand ihre Entscheidung jetzt fest. Ein Gefühl des Friedens durchflutete sie, und ihr wurde warm. Sie zweifelte nicht daran, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Sie wollte Duncan. Sie mochte dabei nur an sich denken, und es mochte falsch sein - dennoch: Wenn er bereit war, heute Nacht mit ihr das Bett zu teilen, dann würde sie sich ihm ganz hingeben.
Wenn ihre Liebe zu ihm eine Sünde war, so konnte sie nichts daran ändern. Ihr Herz gehörte ihm bereits, also konnte sie ihm auch ihre Seele und ihren Körper geben.
Leise knarrte die Tür. Gefasst drehte sie sich um, genau in dem Moment, als er eintrat.
Ihre Blicke trafen sich.
Die Spannung zwischen ihnen war mit Händen zu greifen. Isabel zitterte, doch ganz gewiss nicht wegen der Kälte, die eben durch die offene Tür hereingeströmt war.
„Die Pferde sind versorgt“, sagte er, seine Stimme war dunkel und ruhig. Es war die Stimme eines Mannes, der in keiner Situation den Kopf verlor.
Sie nickte. Ein Schauer ließ ihren Körper erbeben. Die Wände
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