Der schottische Verfuehrer
Gleichzeitig frischte der Wind auf und wurde immer beißender.
Duncan drehte den Kopf, sodass der aufwirbelnde Schnee ihn nicht mehr im Gesicht traf. Isabel hatte den Wollumhang fester um sich gezogen und saß nach vorne gelehnt auf dem Pferd. Wo ihre Haare freilagen, hingen Eisklumpen an ihnen.
Er schaute zum sich verfinsternden Himmel hinauf. „Ein Sturm nähert sich.“ Wie zur Bestätigung fing es an, leicht zu schneien. Sorgenvoll verzog Isabel die Stirn, was er nachvollziehen konnte. Am liebsten wäre er ohne Verzögerung immer weiter geritten, aber bei dem Sturm, ihrer Erschöpfung und dem tückischen Gelände waren sie vermutlich dazu gezwungen, irgendwo Schutz zu suchen.
Es war dumm von ihm gewesen, bei diesem Wetter aufzubrechen. Die mächtigen Schneeflocken und das vollkommen schneebedeckte Land machten es unmöglich, noch irgendeinen Orientierungspunkt zu erkennen. Nein, er durfte nicht riskieren, dass sie im Schneegestöber verloren gingen.
Sie kämpften sich eine Anhöhe hinauf, auf der Duncan sein Pferd anhielt. Er versuchte, durch die Spitzen der alten Eichen hindurch etwas zu erkennen. Die kahlen Zweige ragten wie dürre Finger zum Himmel.
Isabel hielt neben ihm. „Siehst du etwas?“
„Nein. Und ich bin mir nicht sicher, ob das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen ist. So wütend wie Frasyer in seinem Zimmer wirkte, hätte ich erwartet, er lässt noch mehr Männer nach dir suchen. Oder lässt sie zumindest häufiger ihre Runde drehen.“
„Was glaubst du, wo sie sind?“
„Darüber zerbreche ich mir jetzt schon seit Stunden den Kopf. Vielleicht hat er einen Hinterhalt vorbereitet. Wenn dem so ist, dann vermutlich eher in der Nähe der Burg von Lord Monceaux. Vor allem in dem Fall, sollte er schon das Fehlen der Bibel entdeckt haben.“
„Aber er hat die Botschaft, dass mein Vater an Lord Monceaux ausgeliefert wurde, doch erst erhalten, als wir noch da waren.“ Während sie sprach, tanzten vor ihr weiße Atemwolken durch die Luft.
„Das ist wahr, und deswegen verstehe ich noch weniger, warum wir keinen seiner Männer sehen. Was auch immer seine Gründe oder seine Pläne sind: Wir werden erst erfahren, ob seine
Ritter gut verborgen nach uns Ausschau halten, wenn wir den Schutz des Waldes verlassen.“
„Wann überqueren wir die freie Ebene?“
„Nicht bevor die Nacht angebrochen ist. Wenn es Wachen geben sollte, können sie uns nicht so leicht entdecken, denn bei dem Sturm werden sich die Wolken vor den Mond schieben. Weiter vorne ist die Ebene etwas schmaler. Dort versuchen wir es.“ „Wird Frasyer nicht aus diesem Grund genau dort Wachen postieren?“
„Normalerweise würde ich dir recht geben, aber er hat zuletzt nur wenige Entscheidungen getroffen, die ich verstehe. Sobald wir einen Hinweis auf seine Leute finden, kehren wir um.“ Er wies zu einer Gruppe von Tannen. „Binde dort dein Pferd an. Wir werden jetzt etwas essen und danach weiterreiten. Der Neuschnee wird unsere Spuren verdecken.“
„Sodass am Morgen nichts darauf hindeutet, dass wir die Ebene überquert haben.“
Er nickte. Still betete er, Frasyer möge das Fehlen der Bibel bislang nicht bemerkt haben. Wenn er es erst entdeckte, würde seine Wut grenzenlos sein.
Und Duncan bezweifelte, ob Griffins Beistand Lord Caelin dann noch vor dieser Wut schützen konnte.
15. Kapitel
Müde von dem stundenlangen Ritt wickelte Duncan sich fester in seinen Umhang. Sein Blick glitt über die im Schneegestöber nur unscharf zu sehenden Baumreihen.
In den Tiefen des Walds erklang der Schrei einer Eule, den der nächste Windstoß mit sich forttrug. Duncan rutschte in seinem Sattel hin und her. Noch immer schmerzte seine Wunde, sobald er sich nur ein wenig bewegte. Er biss die Zähne zusammen. Auch wenn Isabel sich um ihn sorgte, er hatte in mancher Schlacht Schlimmeres ausgehalten. Durch eine Schneewehe lenkte er sein Pferd zu einem dichten Tannenhain. Zwischen den Bäumen hatte der Wind den Boden an einigen Stellen freigelegt.
„Duncan?“
Isabels Stimme klang, als stimmte etwas nicht. Er hielt sein Pferd an und wartete, bis sie an seiner Seite auftauchte. Sie zitterte und hielt ihre Hände trotz der Handschuhe unter ihrem Umhang, um sie zu schützen.
„Dir ist kalt.“ Das war weniger eine Frage, vielmehr eine besorgte Feststellung.
Sie schüttelte den Kopf. „Es ist mein Pf...Pferd. Es schont seinen linken Hin...Hinterlauf.“
Verdammt. Der Wald war vermutlich voll von Frasyers Männern, außerdem kamen
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