Der Schrei der Engel: Thriller (German Edition)
gekannt.«
»Ich kenne sich auch nicht, kannte sie nicht, wie auch immer. Nein, ich kannte sie nicht. Nur ihren Namen. Ich hatte gehört, dass sie ermordet worden war, aber das muss achtzehn Monate oder zwei Jahre her sein.«
»Sie wissen noch, wann sie es gehört haben?«
»Ja, allerdings. Man erfährt ja nicht jeden Tag, dass jemand ermordet wurde.«
»Wissen Sie auch noch, auf welche Weise sie getötet wurde? Die Umstände ihres Todes?«
»Nein, nicht genauer. Warum?«
»Es interessiert mich einfach, Mr McKee, weiter nichts.«
Wieder runzelte McKee die Stirn. Er wirkte ziemlich verstört angesichts des Verlaufs, den die Unterhaltung nahm, und auch wegen des Tonfalls.
»Es tut mir leid, Detective, aber anscheinend habe ich Ihre Absichten hier gründlich missverstanden«, sagte er. »Sie haben mich hierhergebracht, weil Sie glauben, ich wüsste irgendwas über diese Mädchen und die Umstände, wie sie ums Leben gekommen sind. Sie baten mich zu kommen, und ich kam freiwillig. Ich bin aus eigenem Antrieb erschienen, und zwar, um zu helfen, nicht um mich schikanieren zu lassen. Ich frage mich langsam, ob ich nicht einen Anwalt brauche.«
Parrish schwieg einen Moment, dann beugte er sich vor und legte die Hände um den Pappbecher mit Kaffee.
»Besitzen Sie ein Auto, Richard?«
»Ein Auto? Ja, ich habe ein Auto.«
»Was für eines?«
»Einen Toyota. Warum?«
»Was für eine Art Auto ist es? Ein Kleinwagen? Ein Coupé?«
»Nein, ein SUV.«
Parrish nickte langsam. Er warf Radick einen Seitenblick zu.
»Und Sie sind alleinstehend?«
»Ja, das sagte ich bereits.«
»Tut mir leid. Ich habe vorgestern mit so vielen Menschen gesprochen, dass mir nach einer Weile viele Details durcheinandergeraten sind.«
»Aber immerhin wussten Sie noch, dass ich Jennifers Sachbearbeiter kannte.«
»Da haben Sie recht, Richard, das habe ich nicht vergessen, richtig. Es tut mir leid. Also lassen Sie uns wieder über Ihr Auto sprechen, Ihren SUV.«
»Was ist mit meinem SUV?«
»Würden Sie mir nicht zustimmen, dass so etwas eher ein Auto für eine Familie ist? Man schmeißt die Kinder hinten rein, und auf geht’s ins Wochenende. Das kennen Sie doch sicher, stimmt’s?«
»Ich schmeiße die Kinder nicht hinten rein. Aber wir machen manchmal am Wochenende Ausflüge.«
»Wie bitte?«
»Wenn ich die Kinder habe. Wir machen Ausflüge. Wir fahren hierhin und dorthin.«
»Sie haben Kinder?«
»Sie wissen, dass ich Kinder habe, Detective. Sie haben mich schließlich danach gefragt, und ich antwortete, dass ich zwei Kinder habe. Ist das inzwischen ein Verbrechen?«
Parrish seufzte. »Manchen Leuten sollte man es verbieten, ja.«
»Aber Sie sind doch alleinstehend , nicht wahr?«, mischte Radick sich ein.
McKee seufzte leicht entnervt. »Mittlerweile bin ich alleinstehend. Aber ich war verheiratet. Ich habe zwei Kinder … ich sage Kinder , aber inzwischen sind sie schon Jugendliche.«
»Leben Sie in Trennung, oder sind Sie geschieden?«, fragte Parrish.
»Das sagte ich bereits. Ich bin geschieden.«
»Einvernehmlich?«
»Wann ist eine Scheidung schon einvernehmlich, Detective? Es lief ziemlich geräuschvoll ab, um es einmal so auszudrücken.«
»Wer hat die Scheidung eingereicht?«
»Ich.«
»Warum?«
»Warum ich die Scheidung eingereicht habe? Was, zum Teufel, hat das damit zu tun, dass diese Mädchen ermordet wurden?«
Parrish lächelte. »Es tut mir leid«, erklärte er. »Ich bin auch geschieden. Ich habe auch zwei Kinder, vielleicht ein bisschen älter als Ihre. Es ist wohl einfach so, dass viele von uns dieselben Fehler machen. Manchmal beruhigt es einen, wenn man weiß, dass andere Leute dieselben Probleme haben …«
»Ich habe mich scheiden lassen«, sagte McKee. »Sie schlief mit jemand anderem.«
»Tut mir leid, das zu hören.«
»Warum? Es war doch nicht Ihre Schuld.«
»Wir kommen vom Thema ab«, sagte Radick, der spürte, dass Parrish McKee alles entlockt hatte, was dieser über seine familiären Umstände herausrücken würde. Jedenfalls würden sie nicht mehr erfahren, ohne seine Paranoia und seinen Argwohn noch stärker zu wecken. Radick durchschaute Parrishs Taktik, und ihm war klar, dass Parrish den Mann noch früh genug auf dieses Thema zurückbringen würde.
»Ja, wir kommen vom Thema ab«, wiederholte Parrish. »Wir sprachen über die Umstände von Jenny Baumanns Tod.«
»Nein, wir sprachen darüber, warum ich einen SUV besitze.«
»Sie haben recht, da waren wir. Aber vorher sprachen
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