Der Schrei der Engel: Thriller (German Edition)
zögerte McKee. Er wandte sich noch einmal um und musterte Parrish. »Das Baumann-Mädchen«, sagte er dann. »Wann genau wurde sie ermordet?«
»Warum fragen Sie?«
»Weil ich durch Lester von ihrem Tod erfahren habe, aber nicht glaube, dass er mir gesagt hat, wann sie starb.«
»Das war im Januar«, erwiderte Parrish. »Ihre Leiche wurde am fünfzehnten Januar 2007 entdeckt.«
McKee nickte langsam, dann zog er seine Geldbörse aus der Jackentasche. Er fischte eine Reihe Fotos mit Knicken und Eselsohren heraus und blätterte sie durch, bis er ein bestimmtes Bild fand. Er betrachtete es gründlich, lächelte und streckte es Parrish entgegen.
»Und das ist …«
»Das«, erklärte McKee, »ist ein Foto meiner Kinder in Disneyland. Ich habe es aufgenommen.«
Parrish nahm das Foto in die Hand. Die Kinder waren zu erkennen, jedenfalls gerade so. Sie standen weit von der Kamera entfernt und schienen ein paar Worte mit einer mehr als eins achtzig großen Micky Maus zu wechseln.
»Und Sie zeigen mir das, weil …?«
»Wegen des Datums. Meine Kamera setzt das Datum in die rechte untere Ecke der Fotos.«
Parrish betrachtete die Ziffern: 12-01-07.
»Wir haben die Woche in Disneyland verbracht. Genau genommen waren wir vom Zehnten bis zum Neunzehnten dort. Es war der letzte Urlaub, den ich mit den Kindern gemacht habe.«
Parrish schaute noch einmal auf die Ziffernfolge rechts in der Ecke. Dann gab er McKee das Bild zurück.
»Vielen Dank, Mr McKee«, sagte er.
McKee steckte das Foto wieder in sein Portemonnaie und lächelte Parrish zu. Schließlich trat Radick einen Schritt vor und öffnete ihm die Tür.
Radick begleitete McKee hinaus. Nach drei oder vier Minuten kehrte er zurück. Als er den Raum betrat, stand Parrish noch immer mit nachdenklicher Miene neben dem Tisch.
»Scheint nicht unser Mann zu sein«, sagte Radick.
Langsam schüttelte Parrish den Kopf. »Da bin ich mir nicht so sicher, Jimmy.«
»Aber …«
Wieder schüttelte Parrish den Kopf. »Manchmal verhüllt das Offensichtliche die Wahrheit. Und manchmal sind die Dinge genau so, wie sie erscheinen.«
54
»Lester Young«, sagte Parrish. »Wir müssen ihn jetzt unbedingt finden. Es dürfte eine ganze Menge ehemalige Beschäftigte geben, und damit wollte ich eigentlich gar nicht erst anfangen. In seinem Fall wissen wir aber immerhin, dass er Jennifers Sachbearbeiter war. Recherchieren Sie nach Bewährungshelfern der Stadt und des Bezirks, finden Sie heraus, wo genau er gearbeitet und wann er aufgehört hat. Leiten Sie einfach alle nötigen Schritte ein. Wir müssen ihn aufspüren. Und sehen Sie zu, ob Sie die Zulassungsnummer von McKees SUV herausfinden können. Ich werde ein bisschen Hintergrundarbeit zu McKees Exfrau und seinen Kindern übernehmen.«
»Wollen Sie mit Valderas sprechen, oder soll ich das tun?«
»Das mache ich«, erwiderte Parrish. »Und ich werde auch Erickson im Archiv Dampf machen.«
Parrish zog los, um Valderas zu suchen, und fand ihn in der Kantine.
»Ich tippe auf McKee«, sagte er knapp, »auf ihn und einen anderen Kerl namens Lester Young, der direkt mit Baumann zu tun hatte und dessen Name sowohl vom stellvertretenden Dienststellenleiter als auch von McKee erwähnt wurde.«
»McKee ist dieser Jugendamtstyp, stimmt’s?«, fragte Valderas.
»Ja, vom Büro an der Adams Street. Wir haben aber lediglich vage Hinweise und Vermutungen, um die beiden mit irgendeinem Fall in Verbindung zu bringen. Aber das ist mehr als bei allen anderen Kandidaten, mit denen wir bisher zu tun hatten.«
»Eine Eingebung. Das wollen Sie doch sagen, oder? Dass Sie einer Eingebung folgen?«
»Na ja, wir gehen davon aus, dass sehr wahrscheinlich ein South-Two-Angestellter dahintersteckt. Entweder als Täter oder als jemand, der den Täter mit Informationen über die Mädchen versorgt. Vielleicht arbeiten sie auch zusammen. McKee hat für den Baumann-Mord ein Alibi, aber wenn wir ihn als Informanten in Betracht ziehen, bedeutet das nicht viel. Wie auch immer, wir kommen um die einfache Tatsache nicht herum, dass in diesen Fällen zu viele Ähnlichkeiten auftauchen, als dass eine einzelne Person ohne South-Two-Verbindung dahinterstecken dürfte. Und zweitens muss die Kiste, in der Kelly entdeckt wurde, in einem sehr engen Zeitfenster in die Gasse gebracht worden sein, nämlich zwischen der morgendlichen Müllabfuhr und dem Zeitpunkt, als der Hausmeister sie entdeckt hat. Die Kiste war zu groß für einen Kompaktwagen, sodass nur ein Pick-up
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