Der Schrei der Engel: Thriller (German Edition)

durchgeblättert habe.«
    Er schüttelte den Kopf. »Was hier auf den Anzeigenseiten angeboten wird, ist richtig krankes Zeug, das kann ich Ihnen sagen.«
    »Das brauchen Sie nicht«, entgegnete Parrish. Er warf einen aufmerksameren Blick auf Jennifers verängstigtes Gesicht. »Rufen Sie bei dem Magazin an«, sagte er zu Radick. »Erklären Sie ihnen, dass wir Einzelheiten über die Firma brauchen. Wer genau die Anzeige aufgegeben bat, das Übliche eben.« Parrish drehte die Zeitschrift um, damit Radick sich den Titel notieren konnte. Er entdeckte den in winzigen Buchstaben versteckten Namen des Verlags: Absolute Publications, irgendwo in East L. A.
    Es dauerte keine zehn Minuten, bis Radick wiederauftauchte. Kopfschüttelnd erklärte er: »Nicht mehr im Geschäft. Die Firma existiert nicht mehr.«
    »Ganz sicher existiert sie noch«, sagte Parrish. »Natürlich unter anderem Namen und mit einer neuen Adresse. Versuchen Sie es bei der Postverwaltung von East L. A.; folgen Sie der Spur der Postfachadresse.«
    Dann wandte er sich wieder an Landry. »Besorgen Sie mir sechs stark vergrößerte Farbkopien der Anzeige, damit wir mehr erkennen können. Bringen Sie die Kopien in mein Büro, dann machen Sie hier weiter. Vielleicht finden Sie noch mehr.« Er ging zur Tür. »Das haben Sie gut gemacht, Landry, wirklich gut.«
    Zurück in seinem Büro, ließ Parrish die jüngsten Entwicklungen Revue passieren. Er spürte, dass er sich in die richtige Richtung bewegte. Achthundertfünfzigtausend Teenager verschwanden jährlich in den Vereinigten Staaten. Wie viele davon mochten in der Sex-Industrie landen? Er wusste es nicht und würde es nie erfahren, aber sicher eine beträchtliche Anzahl. Er glaubte, dass die Mädchen, nach deren Mörder er suchte, diesen Weg eingeschlagen hatten. Nicht nur Jennifer, sondern auch Melissa, Nicole, Karen, Rebecca und Kelly. Und welche bessere Quelle für Nachschub konnte es geben als kurz vor der Adoption stehende Kinder und ungewollte Kinder, also die Kinder an den Rändern der Gesellschaft, gefangen in einem Niemandsland zwischen Junkie-Eltern, Pflegefamilien und dem Staat? Wo ließ sich eine Suche nach frischem Blut bequemer starten als in den umfassenden Akten der Jugendbehörde? Parrish hoffte, dass McKee der Täter war. Seit dem Moment im Verhörraum, dem Moment, in dem er das Aufblitzen in den Augen des Mannes gesehen hatte. Ich sagte, ich wollte, dass sie auf meinem Gesicht sitzt, damit ich meine Zunge in sie hineinstecken kann. Was würde er dafür geben, Zugang zur Wohnung, zum Auto, den Bankverbindungen und dem Arbeitsplatz des Kerls zu haben. Er betrachtete das Bild von Jennifer. Hurting Bad . Gott, wie tief konnten Menschen sinken. Oder genauer gesagt: Wie tief wurden Menschen von anderen hinabgezogen.
    Kurz nach drei Uhr erhielt Radick einen Anruf von Larry Temple. Sie sprachen nicht länger als eine oder zwei Minuten miteinander; dann machte sich Radick auf die Suche nach Parrish.
    »Er sagt, jemand hätte ihm denselben Filmtitel genannt, den Landry gefunden hat.«
    »Weiß er irgendwas darüber, wer den Film produziert hat und wo wir eine Kopie bekommen könnten?«, fragte Parrish.
    Radick setzte sich. »Temple lässt Ihnen ausrichten, dass es sich wahrscheinlich um einen Ghost handelt. Er sagte, Sie wüssten, was das bedeutet.«
    Parrish schloss die Augen und schüttelte den Kopf.
    »Was soll das sein? Was ist ein Ghost?«
    »So nennt man einen Film, bei dem es sich in Wirklichkeit um ein Snuff-Movie handelt. Die ganze Angelegenheit wird gefilmt – die Schläge, die Folter und was sie sonst noch tun, aber vor dem eigentlichen Mord wird der Film geschnitten. Diese geschnittene Version wird als regulärer S&M-Film vermarktet, aber die lange Version, in der auch der Mord an dem Mädchen zu sehen ist … nun ja, die wird auf ganz speziellen Wegen vertrieben.«
    »Mein Gott …«
    Parrish atmete langsam aus. Dann lehnte er sich zurück und schaute aus dem Fenster. »Das ergibt Sinn, nicht wahr? Auf dem Hintergrund dessen, was wir bisher wissen. Sie werden entführt, verschleppt, wie auch immer. Man setzt sie unter Drogen und zwingt sie zu sexuellen Aktivitäten, die gefilmt werden. Und dann werden sie vor laufender Kamera erwürgt. Die Leichen landen in Motelzimmern, Mülltonnen, Containern, in Treppenhäusern. Und in Rebeccas Fall wird das Mädchen erwürgt und in der Wohnung des Bruders liegen lassen. Danny wird später in einer Gasse erschossen.«
    »Was vielleicht bedeutet, dass